Mathilde Wieland

Autorin: Andrea Toll

Heimat:
Deutschland

Geboren:
23.01.1838

Gestorben:
1920 in Ulm

Wirkungsbereiche:
Wirtschaft
„Möget Ihr auch fernerhin treu zu meinem Hause stehen. Von meiner Seite dürft Ihr versichert sein, daß ich das Andenken meines lieben sel. Gatten nicht besser zu ehren weiß.“
Mathilde Wieland in einem Brief an ihre Angestellten

Warum halte ich die Frau für bedeutend?

Mathilde Wieland, nach der eine Straße in Ulm benannt ist, war eine Unternehmerin mit Herz, die fast zwanzig Jahre das Ulmer Unternehmen Wieland erfolgreich leitete. Sie verschaffte sich in einer Männerdomäne Respekt und Akzeptanz, und das in einer Zeit, als sich der Wirkungskreis der Frauen auf Kinder, Küche und Kirche beschränkte. Wie gelang ihr das ohne Ausbildung? Das planerische und unternehmerische Denken lag wohl in der Familie.

Biographie

Mathilde Wieland war eine typische Bürgertochter, die keine Ausbildung erhielt und auf eine standesgemäße Heirat wartete. Nachdem Jakob Philipp Wieland, der Gründer der Wieland-Werke, 1860 seine erste Frau verloren hatte, führte ihm seine Nichte Mathilde den Haushalt. Zwei Jahre später heirateten sie. Mathilde ist 24, Wieland 69 Jahre alt. Ob auch ein bisschen Zuneigung mit dabei war, lässt sich nicht mehr recherchieren, denn persönliche Briefe oder Dokumente von Mathilde wurden durch den Zweiten Weltkrieg vernichtet.

Als Mathilde nach dem Tod ihres Mannes 1873 die Führung des Unternehmens übernahm, schrieb sie in einem Brief an ihre Beschäftigten: „Möget Ihr auch fernerhin treu zu meinem Hause stehen. Von meiner Seite dürft Ihr versichert sein, daß ich das Andenken meines lieben sel. Gatten nicht besser zu ehren weiß, als indem ich mit Hilfe meines Schwagers und des Herren Stahl im Fortbetrieb des Geschäftes auch Eurer Wohl nach Vermögen zu fördern strebe.“

Diese Ankündigung setzte die junge Frau gleich in die Tat um: Am nächsten Zahltag ließ sie 500 Gulden unter der Belegschaft verteilen. Außerdem wies Mathilde 3000 Gulden an, um einen Pensionsfonds zu gründen. Sie schrieb: „Letzteres Kapital wird im Geschäfte angelegt und mit 5 % verzinst. Jährlich am Todestag meines Gatten soll der Zins unter die ältesten Arbeiter vertheilt werden.“

Das Wohl ihrer Arbeiter lag ihr am Herzen und die Unternehmerin nahm ihre Aufgabe ernst. Deswegen ging sie jeden Tag durch den Betrieb, um mit ihren Beschäftigten zu sprechen. Unterstützt von den beiden Prokuristen Gottlieb Matthäus Stahl und Robert Wiegandt leitete sie den größten Ulmer Industriebetrieb ganz im Sinne ihres Mannes: fortschrittsorientiert und risikobereit. Als sie sich 1892 entschloss, aus der Firmenleitung auszuscheiden, war die Zahl der Mitarbeiter von 276 auf 454 gestiegen.

Zur Ruhe setzte sie sich aber nicht. Sie nahm weiterhin Anteil am Geschehen des Betriebs, den jetzt ihre Söhne leiteten, und engagierte sich sozial. So spendete sie 40.000 Reichsmark für ein öffentliches Bad in Ulm, unter der Bedingung, dass arme Leute unentgeltlich baden durften

Bibliographie

  • Baumhauer, Hermann, Wieland, Geschichte einer Arbeitsheimat, Ulm 1991.
  • Schriftstücke aus dem Wielandarchiv:
  • Brief an die Arbeiter und Dank der Arbeiter, Archivnummer 1482
  • Geschäftsanzeige, Archivnummer 1484

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