Artemisia ist eine geniale, rebellische und faszinierende Frau. Sie hatte Mut und sie beherrschte die Kunst der Malerei. Sie sagte “Nein” zu dem, der sie vergewaltigt hat und sie lehnte es ab, sich den Bedingungen einer männlichen Gresellschaft zu unterwerfen. Sie fand ihre “Freiheit” mit Hilfe der Kunst. Sie ist in ihrer Zeit die erste Frau, die sich in der Akademie für bildende Kunst einschrieb. (1616) Ihre Persönlichkeit wurde erst in der feministischen Bewegung bekannt. Die Motive ihrer Bilder laden uns ein, in ihre grausame und faszinierede Welt einzutauchen und sie zu erforschen.
Jugend und Ausbildung
Artemisia war die älteste Tochter von Orazio Gentileschi und Prudenzia Montore.
Ihre Mutter starb, als das Mädchen erst zwölf Jahre alt war. Der Vater, ein
Maler aus der Toskana, war ein hervorragender Vertreter des römischen
Caravagismus. Er kultivierte die Liebe für die Malerei, einer Kunst, die zu
jener Zeit ausschließlich Männern vorbehalten war.
Vater Orazio erkannte die außergewöhnliche Begabung seiner Tochter, die er
ermutigte und unterrichtete. Sie durfte sein Atelier besuchen, wo sie sich mit
Farben und Pinseln vertraut machen konnte. Außerdem vermittelte er ihr ein
ausgeprägtes Interesse für die Malerei Caravaggios, insbesondere dadurch
entwickelte sich in Artemisia der unruhige und rebellische Charakter.
Es war auch der Vater, dem Artemisia die gründliche künstlerische Ausbildung
verdankt. Als sie kaum zwölf Jahre alt war, schrieb er: ... „heute ist ihre
Kunst ohne gleichen“. Ein Urteil, das Roberto Longhi ein Kunstkritiker
bestätigt. Er behauptet 1916, dass Artemisia die „einzige Frau in Italien“
(gewesen ist), „die soviel von Malerei, Farbe, Farbmischung und ähnlich
Wichtigem verstanden hat.“
Die Ausbildung in der Werkstatt des Vaters bedeutete für Artemisia, eine Frau,
die malte, die einzige Möglichkeit ihre Kunst auszuüben. Frauen hatten keinen
Zugang zu den Malerschulen, und es gab keine Möglichkeit, sich eine eigene
gesellschaftliche Position zu schaffen.
Frauen
und männliche Gewalt
In der lebhaften, heterogenen
Umgebung des väterlichen Ateliers fühlte sich die junge Frau in ihrem
Element. Aber die Tatsache, dass Artemisia dort die einzige und recht hübsche
Frau war, verursachte nicht wenige Probleme. Mit siebzehn Jahren wurde sie das
Opfer einer Vergewaltigung, die ihr Leben zeichnen sollte.
Es war der Freund des Vaters, Agostino Tassi, der häufig in die Werkstatt kam
und dort das schrecklich Verbrechen beging. Artemisia widersetzte sich nur
heimlich, weil sie mit dem Heiratsversprechen zum Schweigen gezwungen wurde.
Sie berichtete aber darüber ihrem Vater und stimmte zu, dass er Tassi vor
Gericht brachte. Aber während des Prozesses musste sie sich grausamer
körperlicher und psychischer Verfahren unterziehen.
Die Anhörungsprotokolle sind erhalten und bezeugen, wie schwer es für eine Frau
war, dass ihre Argumentation gehört wurde. Unter Zwangsandrohung sollte die
Angeklagte geringste Details des Vorfalls wiederholen. Schließlich musste sie
sich einer speziellen ‚Wahrheitsmachine‘, Sibilli
genannt, unterziehen. Ihre Daumen waren zusammengebunden und wurden unter einer
Schraube mit zunehmendem Druck ausgesetzt, was grausame Schmerzen verursachte.
Nur weil sich herausstellte, dass die junge Frau trotz dieser wahrhaft
schrecklichen Tortur keinen Millimeter von ihrer Darstellung des Falls abwich,
entschlossen sich die Richter, Tassi wegen Vergewaltigung zu verurteilen.
Geschichtliche Aufarbeitung
Anna Banti, die Frau Roberto Longhis, war die erste Autorin, die sich
entschloss, einen Roman über die Gestalt Artemisia zu schreiben. Die
Niederschrift erschien 1944, aber das Manuskript ging in den Kriegswirren
verloren. Drei Jahre später nahm Banti, die Arbeit an dem Buch wieder auf. Sie
veröffentlichte es in veränderter Form unter dem Titel Artemisia.