Ausgabe Nr. 37                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Mennoniten in Norddeutschland
 
                                                                        von Ellen Salverius-Krökel

Seit meiner frühesten Jugend ist mir das Wort Mennoniten ein Begriff. Warum und wieso ist mir bis heute nicht so richtig klar. Vielleicht einfach deswegen, weil in meiner Heimat sich doch immer wieder Menschen dieser Glaubensgemeinschaft fanden, was für Ostfriesland ansonsten aber keine Besonderheit war. Vielleicht war es aber einfach auch das Erinnern innerhalb der Familie an meine ostfriesischen Vorfahren väterlicherseits.
Das nächste Mal stieß ich auf die Mennoniten im Rahmen meines Studiums, und da ging das Wissen schon deutlich in die Tiefe. Losgelassen hat mich dieses Thema dann nie mehr – die Wirren der Reformationszeit und der damit verbundenen Glaubensspaltung innerhalb der reformwilligen Kirche. Was aber hat mich angesprochen, die Radikalen des 16. Jahrhunderts? Das 16. Jahrhundert ist eine faszinierende Zeit und die Täufer, also etwa der Ursprung der Mennoniten, ein Teil von ihr.

Ursprung der Mennoniten
Wenn man von den Mennoniten in Norddeutschland spricht, muss man sich ein wenig diese Geschichte des 16. Jahrhunderts vergegenwärtigen. Die Täufer sind die dritte Kraft innerhalb der Reformation, neben den lutherischen und den zwinglianischen Reformern. Entstanden sind sie im Kreise der Zwinglianer etwa 1520 in oder um Zürich. Sie breiteten sich schnell aus und kamen entlang der Rheinschiene bis in die Niederlande und nach Norddeutschland. Ein fruchtbarer Boden für ihren Glauben. Und bevor ich voller Eifer hier nun die weitere Geschichte beschreibe, verweise ich auf die hier beschriebene Webseite, die die mennonitische Geschichte und ihre Theologie beschreibt. Jeder lese selbst, wiewohl es noch sehr viel mehr dazu in Erfahrung zu bringen gibt, als es diese Seite hergibt. Eine gute Literaturliste gibt darüber Auskunft.

Mennoniten in Norddeutschland
Die Webseite der Mennoniten bietet unter dem Navigationspunkt Geschichte die Unterteilung in Norden und Süden. Leider findet man in den anderen Bereichen der Seite diese Unterscheidung nicht mehr. Grund dafür ist auch hier der Zweite Weltkrieg, der den Großteil der mennonitischen Gemeinden in Deutschland zerschlug. Vor allem der Osten mit seinen Gemeinden war betroffen. Vor Kriegsende gab es nördlich der Mainlinie nur in einigen größeren Städten wie Hamburg und Krefeld und in Ostfriesland (Emden, Leer, Norden) Gemeinden. Späterhin haben die amerikanischen Mennoniten nicht unerheblich Einfluss genommen, indem sie mennonitischen Gemeinden Hilfe und Regierungskredite zum Wiederaufbau oder gar zur Neugründung verhalfen.

Mennoniten oder Täufer?

Diese Frage kann man am besten mit der Geschichte der Entstehung der ältesten ostfriesischen Freikirchen beantworten.  Der Schwäbisch Haller Kürschner Melchior Hoffmann, ehemaliger lutherischer "Sendbote" im Baltikum, gründete in Emden um 1530 wohl die erste Täufergemeinde. Ein Teil dieser Gemeinde distanzierte sich aber alsbald von den apokalyptisch-chiliastischen Lehren Hoffmanns, die für die Katastrophe des Wiedertäuferreichs von Münster (Westfalen) 1534/35 mit verantwortlich waren. Die Brüder Dirk und Obbe Philips sammelten ab 1534 die "gewaltfreien" Täufer um sich und gründeten Gemeinden, die sich vom Neuen Testament her legitimierten. Um 1536 stieß zu dieser - nach Obbe Philips so benannten - Obbenitenbewegung der ehemalige römisch-katholische Priester Menno Simons. Er stammte aus dem westfriesischen Witmarsum. Alsbald wurden die Obbeniten als Mennoniten bezeichnet. Das missionarische Engagement Simons führte zu vielen Gemeindegründungen in dem gesamten norddeutschen Raum und vor allem auch in den Niederlanden. Die Mennonitengemeinde Leer entstand 1540, die Gemeinde in Norden gut 15 Jahre später.

Wer kennt Gödens?
Für die Geschichte dieses kleinen, aber nicht unbedeutenden Fleckens (heute Neustadtgödens) am westlichen Rande Ostfrieslands gelegen, waren die Glaubensflüchtlinge der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht unbedeutend. Und von diesen waren besonders die niederländischen Mennoniten für die Herrlichkeit Gödens wichtig, konnten sie doch eine große Eindeichungsmaßnahme mit ihrem Fachwissen unterstützen. Das den Religionen gegenüber tolerante Gödens selber war übrigens reformiert, aber von Lutheranern umgeben. Hier zählte nicht der Glaube des Grafen, sondern der des Territorialherren!

Das Thema ganz anders
Unerwähnt lassen möchte ich nicht eine weitere Begegnung mit dieser Glaubensgemeinschaft und ihrer Geschichte in Norddeutschland. Vor wenigen Jahren fiel mir das Buch Q von Luther Blissett in die Hände. Interessanterweise stecken hinter dem Autorennamen vier junge Autoren aus Bologna. Ein Roman über die Reformation, über Ketzer und päpstliche Spione. Im Klappentext heißt es dazu: Raffiniert umspannt dieses Kultbuch 40 Jahre des 16. Jahrhunderts, die die Welt veränderten. Deutschland ist im Umbruch, Luther und die Wiedertäufer, päpstliche Spione und aufständische Bauern kämpfen um die Macht. Es geht um die Auslöschung des Geistes der Revolte, doch die Rebellen kämpfen mit unschlagbarer Waffe: der Macht des Wortes. Ein Thriller zwischen Reformation und Inquisition, der mich wieder nach Norddeutschland führte, mich wieder Täufertum und Mennoniten begegnen ließ.

Links
www.mennoniten.de
http://freikirchen_in_ostfriesland.know-library.net/

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