Mennoniten in Norddeutschland
von
Ellen Salverius-Krökel
Seit meiner frühesten Jugend ist mir das Wort Mennoniten ein Begriff.
Warum und wieso ist mir bis heute nicht so richtig klar. Vielleicht
einfach deswegen, weil in meiner Heimat sich doch immer wieder Menschen
dieser Glaubensgemeinschaft fanden, was für Ostfriesland ansonsten aber
keine Besonderheit war. Vielleicht war es aber einfach auch das Erinnern
innerhalb der Familie an meine ostfriesischen Vorfahren
väterlicherseits.
Das nächste Mal stieß ich auf die Mennoniten im Rahmen meines Studiums,
und da ging das Wissen schon deutlich in die Tiefe. Losgelassen hat mich
dieses Thema dann nie mehr – die Wirren der Reformationszeit und der
damit verbundenen Glaubensspaltung innerhalb der reformwilligen Kirche.
Was aber hat mich angesprochen, die Radikalen des 16. Jahrhunderts? Das
16. Jahrhundert ist eine faszinierende Zeit und die Täufer, also etwa
der Ursprung der Mennoniten, ein Teil von ihr.
Ursprung der Mennoniten
Wenn man von den Mennoniten in Norddeutschland spricht, muss man sich
ein wenig diese Geschichte des 16. Jahrhunderts vergegenwärtigen. Die
Täufer sind die dritte Kraft innerhalb der Reformation, neben den
lutherischen und den zwinglianischen Reformern. Entstanden sind sie im
Kreise der Zwinglianer etwa 1520 in oder um Zürich. Sie breiteten sich
schnell aus und kamen entlang der Rheinschiene bis in die Niederlande
und nach Norddeutschland. Ein fruchtbarer Boden für ihren Glauben. Und
bevor ich voller Eifer hier nun die weitere Geschichte beschreibe,
verweise ich auf die hier beschriebene Webseite, die die mennonitische
Geschichte und ihre Theologie beschreibt. Jeder lese selbst, wiewohl es
noch sehr viel mehr dazu in Erfahrung zu bringen gibt, als es diese
Seite hergibt. Eine gute Literaturliste gibt darüber Auskunft.
Mennoniten in Norddeutschland
Die Webseite der Mennoniten bietet unter dem Navigationspunkt
Geschichte die Unterteilung in Norden und Süden. Leider findet man
in den anderen Bereichen der Seite diese Unterscheidung nicht mehr.
Grund dafür ist auch hier der Zweite Weltkrieg, der den Großteil der
mennonitischen Gemeinden in Deutschland zerschlug. Vor allem der Osten
mit seinen Gemeinden war betroffen. Vor Kriegsende gab es nördlich der
Mainlinie nur in einigen größeren Städten wie Hamburg und Krefeld und in
Ostfriesland (Emden, Leer, Norden) Gemeinden. Späterhin haben die
amerikanischen Mennoniten nicht unerheblich Einfluss genommen, indem sie
mennonitischen Gemeinden Hilfe und Regierungskredite zum Wiederaufbau
oder gar zur Neugründung verhalfen.
Mennoniten oder Täufer?
Diese Frage kann man am besten mit der Geschichte der Entstehung der
ältesten ostfriesischen Freikirchen beantworten. Der Schwäbisch Haller
Kürschner Melchior Hoffmann, ehemaliger lutherischer "Sendbote" im
Baltikum, gründete in Emden um 1530 wohl die erste Täufergemeinde. Ein
Teil dieser Gemeinde distanzierte sich aber alsbald von den
apokalyptisch-chiliastischen Lehren Hoffmanns, die für die Katastrophe
des Wiedertäuferreichs von Münster (Westfalen) 1534/35 mit
verantwortlich waren. Die Brüder Dirk und Obbe Philips sammelten ab 1534
die "gewaltfreien" Täufer um sich und gründeten Gemeinden, die sich vom
Neuen Testament her legitimierten. Um 1536 stieß zu dieser - nach Obbe
Philips so benannten - Obbenitenbewegung der ehemalige
römisch-katholische Priester Menno Simons. Er stammte aus dem
westfriesischen Witmarsum. Alsbald wurden die Obbeniten als Mennoniten
bezeichnet. Das missionarische Engagement Simons führte zu vielen
Gemeindegründungen in dem gesamten norddeutschen Raum und vor allem auch
in den Niederlanden. Die Mennonitengemeinde Leer entstand 1540, die
Gemeinde in Norden gut 15 Jahre später.
Wer kennt Gödens?
Für die Geschichte dieses kleinen, aber nicht unbedeutenden Fleckens
(heute Neustadtgödens) am westlichen Rande Ostfrieslands gelegen, waren
die Glaubensflüchtlinge der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht
unbedeutend. Und von diesen waren besonders die niederländischen
Mennoniten für die Herrlichkeit Gödens wichtig, konnten sie doch eine
große Eindeichungsmaßnahme mit ihrem Fachwissen unterstützen. Das den
Religionen gegenüber tolerante Gödens selber war übrigens reformiert,
aber von Lutheranern umgeben. Hier zählte nicht der Glaube des Grafen,
sondern der des Territorialherren!
Das Thema ganz anders
Unerwähnt lassen möchte ich nicht eine weitere Begegnung mit dieser
Glaubensgemeinschaft und ihrer Geschichte in Norddeutschland. Vor
wenigen Jahren fiel mir das Buch Q von Luther Blissett in die Hände.
Interessanterweise stecken hinter dem Autorennamen vier junge Autoren
aus Bologna. Ein Roman über die Reformation, über Ketzer und päpstliche
Spione. Im Klappentext heißt es dazu: Raffiniert umspannt dieses
Kultbuch 40 Jahre des 16. Jahrhunderts, die die Welt veränderten.
Deutschland ist im Umbruch, Luther und die Wiedertäufer, päpstliche
Spione und aufständische Bauern kämpfen um die Macht. Es geht um die
Auslöschung des Geistes der Revolte, doch die Rebellen kämpfen mit
unschlagbarer Waffe: der Macht des Wortes. Ein Thriller zwischen
Reformation und Inquisition, der mich wieder nach Norddeutschland
führte, mich wieder Täufertum und Mennoniten begegnen ließ.
Links
www.mennoniten.de
http://freikirchen_in_ostfriesland.know-library.net/
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