Ausgabe Nr. 37                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Das Deutsche Schutzengelmuseum
Engel in unserem Sprachgebrauch
 
                                                                        von Roswitha Ludwig

Sie sind unter uns, die Engel, und wir befremden nicht, wenn wir in unserer multireligiösen Gesellschaft über sie sprechen. Ob wir uns von ihnen ansprechen lassen, ob sie uns begleiten, bewegen oder berühren, das ist eine andere Frage.
Sie sind sogar ganz „in“, die Engel. Wie passen sie in unsere Zeit, in der die Rationalität gefragt ist? Vielleicht spüren wir gerade deshalb eher ihren Flügelschlag, weil wir merken, dass die Kräfte des Verstandes eben nur einen Teil der Lebenswirklichkeit ausmachen. Fern der Erdenschwere leben sie in der Vorstellungswelt.
Wie sprechen wir ganz profan von Engeln? „Mein Engel“ als Liebeserklärung drückt größte Innigkeit aus. „Engelchen flieg“, ist ein Spiel, das Kinder beim Spaziergang lieben. Wenn sie zwischen Vater und Mutter gehen, werden sie an den Händen gefasst, teils springen sie hoch, teils werden sie gehoben und belohnen die Leichtigkeit mit begeistertem Juchzen. Mit dem Gefühl der Geborgenheit und schwebend kann man sich Engeln nahe fühlen.




Die Schutzengel der Kindergebete haben heutzutage für viele Erwachsene Gestalt gewonnen in Schutzengelfiguren, im offenen Bekenntnis zu ihrem Schutzengel. In Buchhandlungen finden sich gerade um die Weihnachtszeit oder zum Jahreswechsel zahlreiche Titel im Bereich Esoterik und Religion: Engelsbücher, Engelskarten mit ermutigenden Texten für jeden Tag des Jahres, Engelsstempel, Engelsbilder.

Wenn die Engel nach der theologischen Entmythologisierung wieder in unseren Horizont gerückt sind, so liegt es vielleicht auch daran, dass die modernen Kommunikationsmöglichkeiten etwas „Entstofflichtes“ haben, das den Engeln entspricht. Eine Nachricht ist in kürzester Zeit rund um den Globus präsent, die Sender und Empfänger treten hinter ihr zurück. Spricht man von einer Botschaft statt von einer Nachricht, so nähern wir uns mancher biblischen Engelsrede, z.B.: „Fürchtet euch nicht“... bei der Geburt Christi oder der Auferstehungsbotschaft am leeren Grab. Was Engel verkünden, soll die Menschen erreichen, doch die Engel als Überbringer sind entschwunden. Man versucht sie aber immer wieder darzustellen.


Bericht vom Besuch im deutschen Schutzengelmuseum
Die Stauferstadt Bad Wimpfen lohnt einen Ausflug als historische Stadt. Doch sie bietet auch ein kleines Museum der besonderen Art: Das Deutsche Schutzengelmuseum. Über 600 Exponate von Schutzengeln, gefertigt in verschiedenen Techniken, kann man hier besichtigen. Öffnet man die Haustüre des kleinen Hauses, steht man bereits im ersten Raum und wird empfangen vom Museumsleiter und Sammler, Herr Friedrich. Er verbringt nicht nur die Öffnungszeiten zwischen seinen Engelsexponaten. Er sammelt solche Motive schon seit fünf Jahrzehnten und gibt gerne Auskunft darüber. Die familiäre Prägung, beschützt und bewahrt zu sein, habe ihn zu den Schutzengeln gebracht. Doch Kirchenfrömmigkeit wolle er nicht vermitteln. Fündig wurde er anfangs auf Flohmärkten, bekam Hinweise von Immobilienmaklern und kennt sich einfach aus in diesem Bereich. Nun hält er Ausschau nach einem Nachfolger für sein Werk.


Die Präsentation
Dicht an dicht hängen die Bilder in eher aufwendigen Rahmen. In allen Größen und Techniken sind sie gefertigt: Bunte Drucke, Gobelins, kolorierte Fotos mit und ohne Texte. Um 1900 habe ein wahrer Engelsboom geherrscht, erfahren wir. Dieser Zeit kann man auch die Kleidung der Kinder zuordnen, die von den Schutzengeln auf Wegen, über Stege oder durch wilde Landschaften geleitet werden. Sogar Matrosenanzüge tragen sie. Die großen Engelsgestalten mit wallenden Gewändern und Flügeln wirken eher weiblich oder geschlechtslos. Heiligenscheine wie in der mittelalterlichen Kunst fehlen. Vergegenwärtigt man sich die hohe Kindersterblichkeit jener Zeit, so versteht man die Beliebtheit dieser Darstellungen. Der biblische Bezug für die Schutzengel der Kinder findet sich in Matth. 18,10. Jesus verweist darauf, dass die Kleinen ihren Engel haben. Die trostvollste Schutzengelverheißung des Alten Testaments in Psalm 91,11 lautet:
„Denn seinen Engeln befiehlt er deinetwegen,
dich zu bewahren auf allen deinen Wegen.
Auf den Händen werden sie dich tragen,
dass an keinen Stein stoße dein Fuß.“
Eine Vitrine enthält Engelskärtchen mit Sprüchen, die z.B. zur Kommunion von Verwandten geschenkt wurden und begehrte Tauschobjekte waren. Auch Engelsmotive aus Poesiealben sind vertreten.


Motivkreis Engel und Soldat
Der Motivkreis Engel und Soldat zeigt, wie die Politik Glaubenshaltungen auch bei uns für ihre Ziele eingespannt hat. „Für Gott und Vaterland“ stand auf dem Koppelschloss der Soldaten im Ersten Weltkrieg. Gesegnete Waffen wurden auf die Feinde gerichtet, die mit ebensolchen ausgestattet waren. Ein Engel hält einem Soldaten einen Siegeskranz entgegen. Engel und Soldat als beliebtes Motiv zeigt aber auch, dass man in der Ohnmacht und Todesgefahr bei den Schutzengeln Zuflucht suchte. Der Engel, der neben dem aufgebahrten Soldaten steht, soll ihn in die andere Welt geleiten. Während die Engel meist schützend hinter den Kindern stehen, ihre Schritte quasi lenken können, stehen die deutlich weiblicher wirkenden Engelsgestalten vor den Soldaten oder schweben über ihnen, als würden sie den entgegen kommenden Feind abwehren.


Engelsdarstellungen allgemein
Die Exponate dieses Museums zeigen beliebte und verbreitete Engelsdarstellungen seit 1870 und aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Die Wohnungen wurden aus einer Glaubenshaltung heraus damit geschmückt. Die künstlerische Gestaltung wurde als sekundär angesehen. Man kann den Hintergrund des Jugendstils und vielleicht der Nazarener ahnen. So vermittelt die Sammlung den Zeitgeschmack und eine Glaubenshaltung, die sehr gegenständliche Engelsdarstellungen liebte. Einen Eindruck über dieses Motiv in anderen Kunstepochen vermittelt die Ansichtskartenwand am Eingang. Hier finden sich Motive vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Die Vielgestaltigkeit belegt auch, dass Engel nicht festlegbar sind. Jede Zeit sucht ihren eigenen Ausdruck, und jeder Mensch sollte sich davon anregen lassen für sein eigenes Nachdenken.


Links
http://www.schutzengelmuseum.de/
http://www.planet-wissen.de/pw/Artikel
,,,,,,,B72CC0F72B802A15E034080009B14B8F,,,,,,,,,,,,,,,.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Nazarener_(Kunst)

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