Ausgabe Nr. 37                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Tätige Nächstenliebe
Kaiserswerther Diakonissen
 
                                                                        von Anne Pöttgen


Das heutige Mutterhaus Kaiserswerth; privates Foto

Die Idee, Frauen und Mädchen für die Krankenpflege auszubilden, entstand in den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts. Einerseits war es um die Krankenpflege in Krankenhäusern und Privatwohnungen schlecht bestellt, andererseits gab es viele unversorgte und unausgebildete Frauen, denen geholfen werden musste.


Mutterhaus

So entstand 1836 in Kaiserswerth, einem kleinen Städtchen nördlich von Düsseldorf, das weltweit erste Diakonissen-Mutterhaus, in dem Frauen und Mädchen ausgebildet wurden. Gegründet wurde es von Theodor und Friederike Fliedner. Hier fanden Frauen aus allen sozialen Schichten eine sinnvolle Arbeit und eine spirituelle Gemeinschaft.
Die Diakonissen erhielten im Mutterhaus nicht nur eine Ausbildung in der Krankenpflege, sondern wurden auch auf die Arbeit im häuslichen Bereich und in der Pfarrgemeinde vorbereitet. Nach der Ausbildung erfolgte ihr Eintritt in den Dienst mit einem feierlichen Einsegnungsgottesdienst. Neben der religiösen Motivation spielte in den frühen Zeiten des neunzehnten Jahrhunderts aber auch die Absicherung des Lebensunterhalts und die Versorgung im Alter eine Rolle.
Die Tracht der Diakonisse war ein schlichtes, dunkel- oder hellblaues Kleid mit einer Schürze und eine weiße Haube, in manchen Gegenden auch ein Schleier. Die Haube, die von Anfang an zur Tracht der Diakonissen gehörte, war damals noch das Kennzeichen einer – angesehenen – verheirateten Frau. Dieses Ansehen sollten auch die Diakonissen genießen.


Die ersten Jahre: Theodor und Friederike Fliedner
Theodor Fliedner war der Sohn eines Pfarrers und studierte selbst Theologie in Gießen und Göttingen. Im Jahre 1822 wurde er Gemeindepfarrer in Kaiserswerth. Die evangelische Gemeinde war klein und arm und Fliedner unternahm Kollektenreisen nach Holland und England. Dort begegnete er Erweckungsbewegungen wie dem Evangelikalismus und wandte sich vom theologischen Rationalismus ab.
In Holland lernte er bei den Mennoniten das altkirchliche Diakonissenamt kennen. Das war das Vorbild für ihn und seine erste Frau Friederike. Die Idee, einerseits die Versorgung von Kranken zu verbessern und andererseits unversorgten Frauen zu einem Beruf zu verhelfen, wurde durch die Gründung des Rheinisch-Westfälischen Diakonissenvereins Wirklichkeit. Die erste Diakonisse war die bereits 48 Jahre alte Gertrud Reichardt.


Die späteren Jahre: Theodor und Karolina Fliedner
Im Jahre 1842 starb Friederike Fliedner, die die erste Vorsteherin des Mutterhauses Kaiserswerth war. Auch die zweite Ehefrau, Karolina Bertheau, war eine wichtige Mitarbeiterin. Sie führte Fliedners Ideen in Kaiserswerth weiter und galt bis zu ihrem Tod im Jahre 1892 als strenge „Mutter“ der Diakonissen.
Fliedner selbst war seit 1849 nicht mehr Gemeindepfarrer sondern widmete sich der Gründung neuer Diakonissenhäuser. Seine Reisen führten ihn nach Nordamerika, nach Jerusalem und Konstantinopel.
Bei Fliedners Tod im Jahre 1864 gab es bereits dreißig Diakonissenhäuser im In- und Ausland mit 1600 Diakonissen, davon 415 Diakonissen beim Mutterhaus Kaiserswerth. Sie arbeiteten nicht nur in der Krankenpflege sondern auch in der Erziehungs- und der Gemeindearbeit. Den höchsten Stand erreichte die Zahl der Kaiserswerther Diakonissen im Jahre 1936, damals waren es fast zweitausend.


Das Diakonissenamt
Theodor Fliedner hat seine Ideen zum Amt der Diakonissen in einem ausführlichen Schriftstück niedergelegt. Er bezieht sich darauf, dass die Kirche viele Jahrhunderte lang Diakone als Diener der Gemeinde neben die Geistlichen gestellt hat.
Das „Gutachten“, wie er es genannt hat, kann auf der Website der Fliedner-Stiftung als pdf-Datei heruntergeladen werden. Der Link dazu ist im letzten Absatz zu finden.


Diakonissen heute
Die heutigen Diakonissen leben getreu einem Wahlspruch aus dem Jahre 1837:“ Freuet Euch in dem Herrn alle Wege und abermals sage ich: Freuet Euch. Eure Güte und Lindigkeit lasset kund sein allen Menschen. Der Herr ist nahe!“ Ihre Aufgabe sehen die Kaiserswerther Schwestern in Bildungs- und Begegnungsarbeit, in diakonischen und ökumenischen Projekten, aber auch darin, die innere Ruhe zu finden und gemeinsam das Leben zu feiern.
Auf der Website der Kaiserswerther Diakonie heißt es: „Die Kaiserswerther Schwesternschaft versteht sich als Glaubens-, Lebens- und Dienstgemeinschaft von Frauen, die in kirchlich-sozialen Berufen arbeiten bzw. gearbeitet haben. Sie verbindet das Wissen um ihren diakonischen Auftrag in der Welt und das Bedürfnis, sich in ihrem Denken und Handeln zu unterstützen, geistlich zu stärken und sich gemeinsam weiter zu entwickeln.“


Links
http://www.kaiserswerther-diakonie.de/
http://www.fliedner-kulturstiftung.de/index.php
Die Diakonie und den Diakonat betreffend:
http://www.fliedner-kulturstiftung.de/downloads/DiakonatGutachtenFliedner.pdf
 

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