Ursache unbekannt
                                                 von Christa Grawert-Wagner
Dem Schlaganfall auf genetischer Spur
Von dem Marathon hat wohl fast jeder gehört. Jahrelang schleppt sich der Patient von einem Arzt zum nächsten, wird überwiesen zum Facharzt und der wiederum verweist auf den nächsten Kollegen oder Kollegin. Eine Odyssee ohne Ende: bis zu zehn Jahren bei zehn Ärzten – durchschnittlich gerechnet.

Es plagen kleine Blutschwämmchen in der Haut, Schmerzen in Gelenken, Händen und Füßen, Linse und Hornhaut trüben sich, Herzmuskel und Herzkranzgefäße erkranken. Das Fatale ist, dass diese oder andere Symptome zusammen auftreten können. Am Ende trifft es viele hart: Schlaganfall. Die zutreffende Diagnose heißt Morbus Fabry, eine genetisch vererbte Krankheit, bei der ein bestimmtes Enzym, das für den Abbau verschiedener Fette verantwortlich ist, fehlt.

Männer betroffen
Die Folge sind Fettablagerungen in den Wänden von Blutgefäßen und anderen Geweben und Organen, wie Herz, Nieren oder Auge mit schweren Schäden an Organen und Gewebe. Es ist ein recht langsamer Prozess, der sich allerdings auch kaum rückgängig machen lässt. Außer den auftretenden Beschwerden und Schäden erleiden viele Betroffene im Laufe ihres Lebens sogar mehrere Schlaganfälle. Die bisher unvermeidliche Folge: DieLebenserwartung von Betroffenen ist deutlich verkürzt.
Von dieser Speicherkrankheit sind Männer häufiger betroffen als Frauen.Man schätzt, dass einer von 40 000 Männern unter Morbus Fabry leidet. Jüngere Forschungsergebnisse lassen jedoch den Schluss zu, dass sogar einer von 3100 Männern betroffen sein könnte. Seit 2001 ist die Krankheit mit einer Enzymersatztherapie behandelbar. Sie muss nur erkannt werden - frühzeitig.

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Weltweite Studie
Die Krankheit ist dem deutschen Arzt Johannes Fabry (1860 in Jülich bis 1930 in Dortmund) benannt. In einer weltweit groß angelegten Studie wollen Wissenschaftler der Universität Rostock jetzt mögliche genetische Ursachen ermitteln. Denn allein die Zahlen für Deutschland signalisieren eine große Unkenntnis über Ursachen eines Schlaganfalles. Das Zahlenbild: Mehr als 200 000 Menschen erleiden hierzulande jährlich einen Schlaganfall. Etwa 34 000 Erkrankte sind jünger als 55 Jahre. Und bei 6500 dieser Altersgruppe bleibt die Ursache ungeklärt.
Europaweit nehmen derzeit 29 Zentren an der sifap-Studie teil. (sifap = Stroke in Young Fabry Patients, wobei „Jung“ (Juveniles) von der Weltgesundheitsorganisation WHO von 18 bis 55 Jahren festgelegt ist). Geplant ist die Ausweitung der Studien in Europa auf rund 50 Zentren. Aber auch Institute in den USA und Israel sind beteiligt.

Blutprobe genügt
Zur jetzt weitweit größten Aktion zur Genanalyse hat die Universität Rostock in neue leistungsfähige Roboter und ein neuartiges Genanalysesystem investiert. Insgesamt 5000 Betroffene, die jünger als 55 Jahre alt sind, sollen mit dem neuen System auf Gendefekte als Ursache von Schlaganfällen untersucht werden. Insgesamt konnten  derzeit bereits etwa 600 Menschen für die Studie gewonnen werden.
Die Proben von 96 Patienten können gleichzeitig in 36 Stunden genetisch analysiert werden. Voraussetzung für die Untersuchung sind einfach Blutproben und nicht aufwendig extrahierte DNA (Erbinformation). Der Analyseprozess verläuft automatisch, also praktisch fehlerfrei. Die Erhebungsphase der Studie ist auf 18 bis 24 Monate angelegt. Der Studien-Zeitrahmen ist auf fünf Jahre angelegt.

Quantensprung
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Professor Arndt Rolfs ist mit Recht stolz: „Die Technologie ist ein Quantensprung für die Erforschung von Gendefekten als Ursache von Krankheiten.“ Rolfs istStellvertretender Direktor der Klink für Neurologie und Poliklinik der Universität Rostock und Leiter des Neurobiologischen Labors der Klink. „Damit schreiben wir das Kapitel des Schlaganfalls bei Patienten, die jünger als 55 Jahre alt sind, neu.“ Es gehört zu seinen Aufgaben, die internationale Studie zu koordinieren. Die Erwartungen, die der Klinkchef an die Studie stellt, sind hoch. „Wir haben den Verdacht, dass Morbus Fabry unterschätzt wird.“ Er denkt, dass die genetisch bedingte Stoffwechselkrankheit wesentlich häufiger für Schlaganfälle verantwortlich ist, als bislang angenommen.

Bildnachweis: Beide (Professor Rolfs und Überwachung der Genanalyse) Steinbeis-Transferzentrum
Links:
www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/144912/
www.sifap.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Morbus_Fabry

 
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