von Horst Glameyer „Wenn die Soldaten
Durch die Stadt marschieren,
Öffnen die Mädchen
Die Fenster und die Türen.
Ei warum? Ei darum! Ei warum? Ei darum!
Ei bloß wegen dem Schingderassa, Bumderassa, Schingdara!..."
Aus der Posse „Die Seeräuber" von A. Colmar, 1839.
Militär und Politik
Das Faszinierende am Militär war vor mehr als 200 Jahren und noch früher nicht
nur die Uniform der Soldaten, damals auch der „Bunte Rock" genannt, sondern vor
allem die mitreißend schneidige Marschmusik mit dem voranschreitenden
Tambourmajor. Auch deswegen haben sich die Regierungen schon immer gern des
Militärs und seiner Rituale bedient, um staatlichen Anlässen ein besonderes
Ansehen zu verleihen.
Hohe Staatsgäste empfängt man wohl überall mit militärischen Ehren und lässt
sie in Begleitung des Staatsoberhauptes oder des höchsten Regierungsvertreters
auf rotem Teppich zu den Klängen einer Militärkapelle die Ehrenkompanie
abschreiten.
Auch bei Kranzniederlegungen am Grabmal des „Unbekannten Soldaten", dem der
Staatsgast die Ehre erweist, tragen zwei Soldaten den Kranz zur Gedenkstätte.
Großer Zapfenstreich
Scheiden hohe Regierungspolitiker und Offiziere aus dem Amt, so können sie mit
dem feierlichen militärischen Ritual des „Großen Zapfenstreiches" verabschiedet
werden.
Militärparaden
Die imposanten Militärparaden an nationalen Feiertagen und bei anderen
wichtigen Anlässen demonstrieren Verbündeten und möglichen Gegnern die
militärische Stärke sowie den entschiedenen Verteidigungswillen des jeweiligen
Staates und seiner Regierung. Dabei defilieren Soldaten aller Waffengattungen
oft im Stechschritt zum Takt der Militärkapellen an hochrangigen
Regierungspolitikern vorbei, während über ihre Köpfe hinweg Bombengeschwader
dröhnen und den Marschierenden motorisierte Kolonnen mit Geschützen und Raketen
folgen. Aber verbirgt sich hinter diesen eindrucksvollen Inszenierungen
abschreckender Macht und Wehrkraft nicht manchmal insgeheim auch die Furcht vor
feindlichen Überfällen, denen man im Ernstfall vielleicht nicht gewachsen ist
und deshalb zuvorkommen muss?
Fahnen und Hymnen
Schon immer hatten Fahnen und Nationalhymnen eine große Symbolkraft, weil sie
für viele Menschen Zeichen und Ausdruck ihrer Identität oder ihrer Zugehörigkeit
zu einer Gemeinschaft sind, der sie sich eng verbunden fühlen. So haben
Flaggenparaden und Fahnenweihen sowie das gemeinsame Singen der Nationalhymne
bei großen politischen und sportlichen Ereignissen rituellen Charakter.
Orden, Bruderschaften, Geheimbünde
Um ihre Mitglieder fest an sich zu binden, pflegen Orden, Bruderschaften, aber
auch Geheimbünde vielerlei Rituale. Gleichzeitig können Rituale auch dazu
dienen, furchteinflößend auf die von den Geheimbündlern Verfolgten zu wirken,
wie zum Beispiel auf den nächtlichen Versammlungen des US-amerikanischen Ku-Klux-Klan
das Tragen von Gesicht und Körper verhüllenden Kapuzenmänteln und das
Hochhalten brennender Kreuze, die zugleich etwas Religiöses anzudeuten scheinen.