Auswandern – 1850
                                                 von Marlis Föhr
Die Eifel, im 19. Jahrhundert als „rheinisches Sibirien“ bekannt, war eine der ärmsten Gegenden Deutschlands.

Klimaveränderungen, Missernten
Die ehemals ausgedehnten Eichen- und Buchenwälder fielen den Eisenhütten mit ihrem großen Bedarf an Holzkohle zum Opfer.1816 lag der Schnee bis Juni auf den Äckern, Ende September gab es das erste Heu, das Korn reifte im Oktober, als der Frost bereits wieder einsetzte, und die winzigen Kartoffeln mussten aus schneebedeckten Feldern ausgegraben werden. Die Folge war eine große Hungersnot bei Menschen und Tieren.

Gottesfurcht und Armenvereine
Bevor die Menschen ihr mühseliges Tagewerk begannen, besuchten sie den Gottesdienst. Beim Mittagsläuten wurde der „Angelus" gebetet, und an allen Feld-, Bitt- und Hagelprozessionen nahm die gesamte Familie teil. Damit wollte man den Schöpfer gnädig stimmen und schloss auch die Schutzheiligen des Dorfes nicht aus. Mit den Missernten ging auch eine große Teuerung einher. Die Menschen waren oft nicht in der Lage, das nötige Mehl zum Brotbacken zu kaufen. Hilfsvereine und Privatpersonen spendeten Geld und Lebensmittel, doch es war nur ein Tropfen auf einen heißen Stein.

Krise in der Eisenindustrie
Billiges Eisen aus Belgien und England kam in großen Mengen auf den Markt, und der Umsatz des Eifeler Eisens ging rapide zurück. Tausende Hüttenarbeiter, Köhler und Fuhrleute verloren ihren Arbeitsplatz. Viele von ihnen versuchten oft weit vom Heimatort entfernt, eine neue Arbeit zu finden. Ihre Frauen und Kinder spannten sich selbst vor die Pflüge, um die steinigen Äcker zu bearbeiten. Oft wurde das Saatgut verzehrt, um am Leben zu bleiben.

Abwanderung als Rettung
Tausende verließen ihre Eifeler Heimat, um über Antwerpen mit dem Schiff nach Amerika auszuwandern. Ganze Dörfer wurden entvölkert, und nur noch die Bezeichnung „Wüstung" auf der Landkarte erinnert an ein ehemaliges Eifeldorf.
Ein großes Problem blieb die Beschaffung von Geldmitteln für die Schiffspassage und die vorgeschriebene Geldsumme, die in Amerika hinterlegt werden musste. Schwierig für Menschen, die ihr Hab und Gut zu einem Drittel des tatsächlichen Wertes verkaufen mussten, um sich eine neue Zukunft aufzubauen.

Die Auswandererschiffe
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Auswandererschiff; Wikimedia Commons


Es waren keine „Traumschiffe". Maschinen, Kessel und Kohlevorräte brauchten viel Platz, der den Passagieren fehlte. Erst als Verordnungen und Gesetze erlassen wurden, die den Raumbedarf für die Passagiere festlegte, sanitäre Einrichtungen, medizinische Betreuung und die Rettungsausrüstung vorgeschrieben wurden, besserte sich die Situation.
Bei günstigem Wind wurde von Antwerpen abgesegelt. Wenn das Schiff das offene Meer erreichte, schwankte es nach allen Seiten. Die Menschen hatten große Angst, vor allem um ihre Kinder. Für die Kleinsten gab es nur wenig geeignete Nahrung an Bord.

Ankunft in der neuen Heimat
Bei der Ankunft nach etwa sechs Wochen in New York mussten zunächst die Einreiseformalitäten erledigt und das Gepäck kontrolliert werden. Erst dann ging es zum eigentlichen Ziel der Reise.
In noch vorhandenen Briefen kann man lesen, was die Menschen dort erwartet hat. Die Auswanderer konnten ausreichend Land und Vieh günstig kaufen. Die Jagd war frei für jedermann, und das Vieh versorgte sich im Busch selbst. Die Menschen wunderten sich über die vielen verschiedenen Früchte, die ohne Düngung reiche Ernten brachten.
Die Löhne waren so hoch, wie es in der alten Heimat nicht möglich war.
Die meisten Auswanderer waren glücklich und zufrieden, dass sie das Abenteuer gewagt hatten. Nur das Heimweh nach der Eifel machte ihnen hin und wieder zu schaffen.

Links

Wüstung in der Eifel im 19. Jahrhundert

Josef Mergen: Von der Eifel nach Nord-Amerika

Briefe Eifeler Amerika-Auswanderer
 
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