Auswandern – 1950
                                     von Marlis Föhr
Der Weg aus der Trümmerlandschaft Deutschland nach 1945: Auswandern in eine bessere Zukunft

Voraussetzungen
Zunächst erhielten nur anerkannte Verfolgte des Naziregimes und Angehörige der alliierten Besatzer die Möglichkeit der Auswanderung nach USA, Australien und Kanada. Diese Einschränkungen wurden aufgehoben mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Zahlreiche Anwerbekommissionen aus Australien, Kanada und anderen Ländern halfen den Ausreisewilligen bei der Einreise in die neue Heimat. Bevorzugt wurden Facharbeiter und Ingenieure, die dem Arbeitskräftemangel in den Einreiseländern abhelfen sollten.
Es wurde die stärkste Auswandererbewegung des 20.Jahrhunderts.

Hintergründe
Nach dem verlorenen Krieg 1945 war die deutsche Wirtschaft vollständig zusammengebrochen. Besonders junge Menschen sahen sich als Opfer des NS Regime und wollten sich dem Diktat der Besatzer nicht fügen. Vielen hatte auch der Krieg ihre Lebensgrundlage durch Vertreibung und Umsiedlung genommen - sie alle setzten auf einen Neuanfang.
Zwischen 1946 und 1961 emigrierten 780 000 Deutsche nach Übersee, davon
235 000 nach Kanada.

Der deutsche Lebensstandard
Auch 1950 litt die deutsche Bevölkerung immer noch unter der Lebensmittelknappheit durch verminderte Agrarflächen, Wohnraum wurde bewirtschaftet und die Verdienstmöglichkeiten waren gering. Die deutschen Arbeitskräfte wurden dringend beim Wiederaufbau benötigt. Daher versuchte man zwar dem Verlust an Arbeitskräften durch Auswanderung entgegen zu wirken, aber die günstigen Aussichten auf Beschäftigung bei gutem Verdienst und bester Lebensqualität machte den Ausreisewilligen ihre Entscheidung leicht. Vielfach wurde ihnen die Überfahrt von den Vereinigten Staaten finanziert, was oft eine Auswanderung erst ermöglichte.

Die Auswanderer
Die Zahl der weiblichen Auswanderinnen war hoch, denn viele waren mit amerikanischen Staatsbürgern verheiratet, ihr Alter lag zwischen 20 und 30 Jahren. Die einwandernden Männer waren bis zu 40 Jahre alt und brachten meist ihre Frauen und Kinder mit. Berufslose Frauen übernahmen in der neuen Heimat oft Tätigkeiten im Haushaltsbereich, während die Männer entsprechend ihrer Ausbildung schneller einen Arbeitsplatz in ihrem erlernten Beruf fanden. Die Eingewöhnung im neuen Lebensraum fiel selten schwer. Alles war einfacher und vor allen umkomplizierter als in Deutschland.

Sprache und Heimatgefühle
In vielen Arbeitsbereichen waren ausreichende Sprachkenntnisse eine Voraussetzung für die Einwanderung. Die meisten hatten sich bereits in Deutschland darauf vorbereitet. Für die Auswanderer war und blieb es wichtig, ihre Kontakte zur alten Heimat zu pflegen. Oft lernten sie erst im Ausland ihre alte Heimat richtig schätzen. Heute trennen sie nur wenige Stunden von Deutschland, wenn sie sich in ein Flugzeug setzen, um Freunde und Verwandte zu besuchen.
Das Gleiche gilt für uns, wenn wir uns in ihrer neuen Heimat umsehen möchten.
Auch das Internet bietet viele Möglichkeiten eine Direktverbindung aufrecht zu erhalten.

Das Leben im Ruhestand
Die Menschen, die gleich nach dem Kriege ausgewandert sind, können heute die Früchte ihrer Arbeit genießen. Eine Rückkehr nach Deutschland wird von den meisten ausgeschlossen. Sie haben häufig Kinder und Enkel, Freunde und nette Nachbarn, die sie nicht verlassen möchten. Fünfzig Jahre in einem anderen Land gelebt und gearbeitet zu haben, kann man nicht einfach auslöschen. Deutschland ist ihnen zu hektisch geworden, viele Verwandte und Freunde leben nicht mehr, und wenn sie durch ihren alten Heimatort gehen, werden sie oft nicht mehr erkannt. Also bleiben sie dort, wo sie die längste Zeit ihres Lebens verbracht haben.

Schlusswort
Es ist ein persönlicher Bericht geworden. Beim Schreiben sah ich immer noch unsere Freunde vor mir, als sie sich im Frühjahr 1950 von uns verabschiedeten. Ich gebe zu, dass es uns damals nicht leicht gefallen ist, sich von ihnen zu trennen. Mein Mann und ich wollten es ihnen gleich tun, doch wichtige familiäre Gründe waren die Ursache, dass wir davon Abstand nehmen mussten, viele Briefe und Besuche ließen die Verbindung nicht abbrechen.

Links

Landwirtschaft in Kanada

Religion in Kanada

Handwerk in Kanada
 
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