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Beiträge zum Themenkomplex
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E01 Angenita Stock-de Jong schrieb am 07.10.2000:
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Zum DiskussionsforumEuropäische Identität Wenn man über eine europäische Identität nachdenkt, kommt man an einer Diskussion über die nationale Identität m.E. nicht vorbei. Nationale Identität kann für den einen etwas Primäres, für den anderen etwas Belangloses sein. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg stand in Deutschland Nationales niedrig im Kurs, Europäisches dagegen hoch. Nach 1989 scheint das Nationale wieder einige Längen im Wettrennen der Identitäten vorgelegt zu haben. Nationale Identität scheint für jede Generation etwas anderes zu bedeuten. Zitat P.M. Lützeler:
Die faktische Multikultur des Alltags in den europäischen Ländern haben Daniel Cohn-Bendit und Thomas Schmid in ihrem Buch "Heimat Babylon" dokumentiert, wo sie das "Wagnis der multikulturellen Demokratie" (Hamburg 1992) einfordern.Zuvor hatte Claus Leggewie die "Spielregeln" (Berlin 1990) multikulturell verfaßter Gesellschaften im Umgang miteinander diskutiert. Das multikulturelle Denken ist auf gesamteuropäischer Ebene unterentwickelt. Modellen multikultereller Idendität findet man eher in Australien, Kanada und den USA als in Europa. Überlebenswichtig dort ist Toleranz und Kooperation. Mit Hilfe von Kultur-Modellen, die mit Metaphern wie "Mosaik" oder "Regenbogen" umschrieben werden, sucht man dort ein multikulturelles Miteinander anzustreben. Australien könnte ein Vorbild für das integrierte oder vereinigte Europa werden. Dort ist in den letzten Jahrzehnten Multikulturalität bewußt zum Signum einer neuen nationalen bzw. kontinentalen Identität gemacht worden. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war der Staat homogen-weiß-britisch orientiert. Die Einwanderungswellen der Nachkriegszeit haben die Einwohnerzahl um etwa ein Drittel vermehrt, und inzwischen ist der Kontinent von mehr als achtzig verschiedenen ethnischen Bevölkerungsgruppen besiedelt. Die australischen Politiker und Intellektuellen begriffen die neue Situation, in der das Land sich seit den sechziger Jahren befindet. Statt auf dem überlieferten radikalen Akkulturations- und Integrationsmodell zu bestehen, statt darauf zu insistieren, dass sich die Einwanderer an die bis dahin dominante anglo-australische Kultur assimilierten, entwickelten sie eine multikulturelle Identität und sicherten sie rechtlich ab. Die neue offizielle australische Identität ist nicht mehr exklusiv und ethnozentrisch. Die ehemalige rassistische White Australia Policy bei der Immigration ist abgeschafft. Zwar wird als offizielle erste Sprache überall in Australien das Englische beibehalten, aber anders als früher werden die von den Einwanderern mitgebrachten fremden Sprachen, Traditionen und Gebräuche als Bereicherung des Landes und nicht als Irritation, Störfaktor und ausgegliederndes Fremdes betrachtet, eine Einstellung, die besonders auch im Hinblick auf die größer werdende Zahl von Australiern asiatischer Herkunft wichtig ist. Auch in Australien gehen, je nach Generation, sozialer und ethnische Herkunft, die Auffassungen über den Sinn einer multikulturellen Politik auseinander. Es gibt immer noch soziale Reibungen und ethnische Konflikte. Aber immerhin wird in Australien das praktiziert, was Habermas für die europäischen Länder fordert: dass man auf der Verfassungs-Loyalität der Zuwanderer besteht und gleichzeitig die unterschiedlichen kulturellen Lebensformen der Staatsbürger bejaht. Die Konstruktion einer multikulturellen europäischen Identität kann eine Bewußtseinslage stärken, die europäische Solidarität zur Selbstverständlichkeit werden läßt und es verbietet, vor europäischen Katastrophen, wie in den frühen neunziger Jahren vor dem Balkankrieg, die Augen zu verschließen. Die aktuelle europäische Identität ist erst in der Entstehung begriffen, ist also einer Baustelle vergleichbar. Es gibt zwar viele Wohnungsuchende, die das europäische Identitäts-Haus beziehen wollen, aber die meisten Mieter interessieren sich lediglich für eine Zweitwohnung im europäischen Haus, für ein Appartement zur Erholung vom nationalen Ich. Das Bild eines anderen Turms zu Babel drängt sich auf: die Vision eines Gebäudes, das zwar nie fertig wird, bei dessen Auf- und Umbau die Handwerker sich aber trotz verschiedener Sprachen verständigen können. (P.M.Lützeler, Europäische Identität und Multikultur, Tübingen 1997, S. 12-25) Ich möchte noch auf einige Bücher hinweisen, die sich auf direktere Weise das Thema der europäischen Identität und der abendländischen kulturellen Einheit bzw. deren Auseinanderbrechen behandeln:
Heinrich Mann: Kaiserreich-Trilogie Hermann Broch: Schlafwandler-Trilogie Robert Musils: Mann ohne Eigenschaften Hermann Hesse: Steppenwolf Romain Rolland: Jean-Christophe (er versucht, der Idee eines europäischen Vaterlandes in diesem umfangreichen Werk Gestalt zu geben. Es ist ein Europa-Roman schlechthin) E02 Dieter Böckmann schrieb am 02.11.2000 (Auszug): Heimat Europa - eine Vision? Die Bestimmungen im Vertrag von Maastricht 1992 (Artikel 126, 127 und 128), verbieten geradezu die Bildung jeglicher kultureller Identität Europas. Bis 1997 wurde da nichts geändert Ob sie etwa seitdem, z.B. in "Amsterdam" und neueren EU-Verträgen, relativiert worden sind, muss ich noch erkunden. Mal sehen, die entspr. Texte sollten im Internet zu lesen sein. Es gibt auch keine europäische Sprache. Und es ist auch nicht zu sehen, dass es jemals eine geben wird. Deshalb passen die in mehreren Beiträgen dargestellten Vergleiche mit USA oder Australien nicht. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E03 Angenita Stock-de Jong schrieb am 04.05.2001: Zur nationalen Identität In den Jahren 1987 und 1988 wurde im Auftrag der Europäischen Gemeinschaft in allen Mitgliedsländern eine Umfrage über "Vereinigung Europas und nationale Identität" durchgeführt. Die Frage lautete, ob "der einzige Weg, unsere nationalen, geschichtlichen und kulturellen Identitäten sowie unsere nationalen und wirtschaftlichen Interessen gegen die Herausforderung der großen Weltmächte zu verteidigen", darin bestehe, "die Länder Europas wirklich zu vereinigen", oder ob nicht eher zu befürchten stehe, "wenn eines Tages die europäischen Länder wirklich vereinigt wären, würde dies das Ende unserer nationalen, historischen und kulturellen Identität bedeuten, und unsere eigenen nationalen wirtschaftlichen Interessen würden geopfert werden". Während die Mehrheit der befragten Deutschen diese Besorgnis hegten, überwog z.B. in Frankreich und Italien deutlich die Zuversicht, das Streben nach Wahrung der nationalen Identität und die Vereinigung Europas ergänzten einander. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E04 Angenita Stock-de Jong schrieb am 04.05.2001: Erasmus von Rotterdam Ein "Europäer" des 16. Jahrhundert war Erasmus von Rotterdam (1469-1536). Erasmus hat wesentlichen Anteil am Humanismus, der die Identität "Europas" maßgeblich mitgeprägt hat. Erasmus lebte und arbeitete in den Niederlanden, Frankreich, England, Italien, Freiburg im Breisgau und in Basel. Der Humanismus hatte über die Aufwertung der Muttersprache zur Entwicklung des nationalen Bewusstseins beigetragen. Gegen diese neue Gefahr des Nationalismus setzt Erasmus auf das einigende Band des Christentums und fordert einen internationalen Gerichtshof, um die Konflikte gewaltfrei zu lösen. Die Humanisten verstanden sich als Gemeinschaft, die intensiv miteinander kommunizierte und, wenn möglich, sich besuchte und gemeinsam lebte. Diese Traditionslinien prägen noch heute das europäische Bewusstsein, auch wenn sich seither die Schwerpunkte verschoben haben. Um die Erinnerung hieran wachzuhalten, hat man eines der bekanntesten Austauschprogramme für Studenten in der EU nach Erasmus benannt. Es ermöglicht die finanzielle Unterstützung von Studenten, die nach dem Vordiplom oder nach der Zwischenprüfung für ein oder zwei Semester an einer ausländischen Universität studieren wollen. (Sehe Zeitschrift: Vlaanderen eine europäische Region, S. 25) Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E05 Angenita Stock-de Jong schrieb am 04.05.2001: Zur europäischen Idee Das Bundsverfassungsgericht erinnert in seinem Maastricht-Urteil auch an die fehlende europäische Öffentlichkeit. Ein "europäisches Staatsvolk" setzt mehr voraus als die Gleichheit eines staatsbürgerlichen Status. Es bedingt eine geschichtlich gewachsene innere Verbundenheit der Staatsbürger, eine wechselseitige Solidarität, die für Minderheiten eine Akzeptanz von Mehrheitsentscheidungen erst erträglich macht. Die europäische Nation darf daher nicht durch Änderung der Institutionen herbei gezwungen werden und lässt sich nicht durch Dekrete schaffen. (Beitrag Grundvertrag 2002, S.70) Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E06 Renate Bowen schrieb am 04.07.2001: Gedanken über Europa als Heimat Wie das Wort "Heimat" für uns alle eine Vielfalt von unterschiedlichsten Gedanken und Empfindungen enthält, so kann Heimat auch einen kleineren oder einen größeren Raum umfassen. Der Raum wächst mit der Entfernung von unserem Heimatdorf, unserer Heimatstadt, mit dem Eintauchen in eine uns fremde Kultur. (Je fremder die Kultur ist, desto intensiver ist sicher das Gefühl, Europa als Heimat zu betrachten.) Ich habe die Erfahrung, daß selbst in den USA bei Begegnungen mit Franzosen, Schweden oder Dänen, Europa als gemeinsame Heimat sehr real für mich war. Ich denke, es gibt schon etwas wie eine europäische Identität. Man baut beim Gespräch auf einer Gemeinsamkeit auf, die nicht nur auf der europäischen Kultur (ich denke an die Kunst und Philosophie), basiert. Es gibt auch eine Verbindung zwischen den Europäern durch die gemeinsame Wertorientierung, den Sinn für eine Solidargemeinschaft und eine reflexive Einstellung. Die Amerikaner denken wirklich anders. Ich habe bei Diskussionen mit Kollegen in New Jersey festgestellt, dass wir ihnen fremd sind mit unserem Stolz auf das Krankensystem, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall usw. Wenn es möglich sein wird in Europa den Frieden zu sichern und den Wohlstand zu erhalten, bin ich, wie Angenita Stock-de Jong der Meinung, werden sich die Bürger mehr und mehr als europäische Staatsbürger fühlen, sich mit der Gemeinschaft identifizieren. Das Gefühl für die gemeinsame europäische Heimat wird in der Zukunft wachsen. Jürgen Habermas mahnte im Rahmen der "Hamburg Lecture" am 26. Juni die Politiker, beim weiteren Ausbau der europäischen Union auch an die Gemüter zu appellieren. Er forderte außerdem eine transnationale Überlappung des europäischen Parteiensystems. Es müßte eine europäische Öffentlichkeit entstehen, eine grenzüberschreitende Kommunikation. Um das Gefühl einer gemeinsamen europäischen Heimat noch zu verstärken, müssen wir aktiv werden, Kontakte pflegen, andere Standpunkte kennenlernen. Das Internet sollte uns dabei eine hilfreiche Unterstützung sein. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E07 Angenita Stock-de Jong schrieb am 09.07.2001: Europäische kulturelle Identität? In dem Buch "Reflexionen über Europa" von B.Beutler (Hg.), das anlässlich zur Vortragsserie "Nachdenken über Europa", die das Goethe-Institut Lyon in 1991/1992 durchführte und 1992 erschien, schreibt der Soziologe und Anthropologe Edgar Morin einen interessanten Beitrag. Er geht darin der Frage "Gibt es eine europäische kulturelle Identität?" nach. Anfänglich geht er auf den Begriff "Kultur" ein. Es ist ein besonders undeutlicher Begriff. Wir verwenden drei untereinander heterogene Bedeutungen des Wortes Kultur: im Gegensatz Kultur/Natur bezeichnet sie alles, was die Menschheit gelernt hat und was nicht in ihr genetisches Gedächtnis, sondern in ihr Gehirn eingeprägt ist. Man spricht auch von Kultur im ethnographischen Sinn, das heißt im Gegensatz zum Begriff Zivilisation: Es bezeichnet dann alles, was die Besonderheit eines Volkes ausmacht, seine Mythen, seine Riten, seinen Glauben, seine Werte oder seine Identität. Das Wort Kultur kann auch die Kultiviertheit des Einzelnen bezeichnen, seine Kenntnis humanistischer Bildung, von Literatur, Dichtung, Musik.., im Gegensatz zu all jenen, die eben nicht kultiviert sind. Hinsichtlich der zweiten Bedeutung, der Besonderheiten eines bestimmten Volksstammes, muss er feststellen, dass es keinerlei kulturelle Einheit Europas gibt. Im Vergleich zu anderen Kontinenten bildet dies geradezu eine Besonderheit Europas: es ist nicht nur geographisch in hohem Maße zersplittert, sondern auch ethnisch. Und selbst die großen Nationen umfassen höchst unterschiedliche Stammeszugehörigkeiten: So gibt es in Frankreich Basken, Occitanier, Flamen, Leute aus Nizza und aus Savoyen. Frankreich hat sich durch die Tatsache gebildet, dass das Fanzösische, ursprünglich nur die Sprache der Gegend um Paris und des Loiretales, im Verlauf der immer weiter um sich greifenden Gebietsannexionen durch die Könige von Frankreich zur Nationalsprache geworden ist. Aber auch heute noch gibt es in den Provinzen eine Vielfalt lebendiger Kulturen. ( Ich möchte hierzu auf den Beitrag von Madeleine, A22, hinweisen.) So gilt für einen Amerikaner gerade dies als europäisch, die Vielfalt der Kulturen, welche alle eine sehr genaue geographische Verwurzelung und eine lange Vergangenheit gemeinsam haben, was man in den Vereinigten Staaten so nicht antrifft. Heute befinden wir uns in einer Welt, über die eine technische, bürokratische, industielle Zivilisation mit ihren Vorstädten und ihren Medien hereinbricht. Hiermit sind Entwicklungen verbunden, die zur Angleichung weiter Gebiete und damit zum Zerfall sehr alter Kulturen führen können, welche bisher allen Versuchen nationaler Einheit widerstanden hatten. Tritt dies ein, muss man feststellen, dass die Kulturen bedroht sind. Lévi-Strauss sagte sehr zutreffend, dass heute nicht nur fremde Kulturen, sondern die europäischen Kulturen selbst bedroht sind. Zwar gibt es keine gemeinsame Identität, es gibt aber eine Schicksalsgemeinschaft, die heute alle unsere Kulturen in erheblichem Maße betrifft. Morin geht anschließend auf das Wort Kultur in seiner dritten Bedeutung ein, beschränkt sich aber keineswegs auf die Welt der sogenannten kultivierten Menschen. Die Besonderheiten der europäischen Kultur liegen gerade darin, dass sie Erscheinungen hervorgebracht hat, die im Alltagsleben von jedermann und in der Geschichte unserer Nationen eine Schlüsselrolle spielen. Die europäische Kultur hat die moderne Wissenschaft hervorgebracht, die in ihrem Bündnis mit der Technik alle Gesellschaften in immer tiefgreifender Form verändert. Diese rasende Entwicklung der Technik ist ebenfalls von Europa ausgegangen. Europa hat den Rationalismus und den Humanismus hervorgebracht, die auf dem Weg über Wissenschaft und Technik in das Alltagsleben des Einzelnen, die Geschichte der Nationen und in die Ideologien eingedrungen sind, an denen sich unser politisches Leben orientiert. Das Interesse an dieser Kultur bezieht sich also keineswegs nur auf ihre elitären Aspekte. Am Schluss seines Beitrages kommt Edgar Morin zu dem Fazit: Es wird uns bewusst, dass das europäische Denken und die europäische Kultur ihre volle Entfaltung in einer Auffassung vom Planeten Erde finden, auf dem Europa in Zukunft nur noch eine Provinz darstellt. Wir müssen unser Vaterland Europa schaffen, hier liegt unsere Schicksalsgemeinschaft; dies ist Teil der ganzen Menschheit, und nur in diesem Sinne kann das europäische Abenteuer auch künftig das Abenteuer der Menschheit befruchten. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E08 Angenita Stock-de Jong schrieb am 09.07.2001: Kulturelle Angleichung? In dem von mir schon in einem anderen Beitrag erwähnten Buch " Reflexionen über Europa" von B. Beutler (Hg.), 1992, fand ich einen Beitrag von Prof.Dr. Robert Picht, Leiter des Deutsch-Französischen Instituts Ludwigsburg, Professor für Soziologie der Internationalen Beziehungen an der Universität Hagen und am College d'Europe in Brügge. Der Artikel heißt: Auf dem Weg zur kulturellen Angleichung?, Plädoyer für eine vergleichende Soziologie Europas. Er stellt sich die Frage in welchem Zustand sich der "homo europaeus" befindet. Was bedeutet es heute, ein Deutscher, Franzose, Engländer oder Italiener zu sein? Wie weit sind wir durch unsere soziale, nationale oder unsere geistige Herkunft geprägt? Was ist unser Handlungsspielraum im Geflecht gesellschaftlicher Bindungen und Traditionen? Sind wir Europäer fähig, uns trotz unserer Dissonanzen und Kommunikationsstörungen so weit zu verständigen, dass wir zu der notwendigen schöpferischen Synergie bei der Gestaltung der neuen Verhältnisse fähig sind? All dies sind Fragen an eine vergleichende europäische Soziologie, die es nur in Ansätzen gibt. Er fragt sich weiter, ob der homo europaeus seine traditionellen Wurzeln, seine soziale und kulturelle Identität einbüßt, verliert er sich in jener "einsamen Masse", die David Riesman als Ergebnis der standardisierten amerikanischen Industriegesellschaft diagnostiziert hatte? Handelt es sich bei den nationalen Prägungen um langsam zur Folklore absinkende Residualbestände früherer Zeiten, deren Bedeutung sich schließlich auf die Differenzen zwischen Bayern und Niedersachsen reduzieren, oder um eine tiefere Schicht europäischer Identität, die Bestand haben wird? Dies sind alles Fragen, die für uns zu diesem Themenkomplex"E" interessant sind. Ich hoffe, dass sie zu einer Diskussion führen werden. Robert Picht führt uns in seinem Beitrag die Geschäftsleute vor Augen, die sich auf dem abendlichen Rückflug von Paris nach Stuttgart befinden. Äußerlich sind sie so ähnlich, dass es schwer ist, mit Sicherheit ihre Nationalität zu bestimmen. Sie tragen die gleichen, mit großer individueller Sorgfalt ausgewählten Kleidungsstücke, bringen die gleichen ausländischen Spezialitäten aus den Duty-free-Läden mit, tippen ihre Ergebnisprotokolle und Berechnungen in die gleichen Laptops. So ähnlich sie aussehen, so international verflochten ihre Geschäfte auch sein mögen, beklagen sie doch, wie groß die Hindernisse internationaler Kommunikation und Kooperation noch immer sind. Nicht nur Sprachbarrieren, auch die sogenannten "nationalen Mentalitäten" behindern selbst Absolventen internationaler Business-schools die Zusammenheit dort, wo es um mehr geht als um den Austausch bloßer Informationen und Produkte. Wo internationale Synergien oder gar Unternehmensfusionen versucht werden, erheben sich auch in der europäischen Geschäftswelt jählings "Kulturmauern". Nationale Prägungen scheinen also weiterhin eine Denk- und Verhaltensweisen steuernde Kraft zu besitzen. Außerdem haben die hier versammelten Geschäftsleute ein komplexes Privat- und Gefühlsleben, das keineswegs dem Stereotyp des "homo oeconomicus" entspricht. Ihre heimischen Bindungen erweisen sich als ein ernsthaftes Hindernis für internationale Mobilität. Verwurzelung und Internationalisierung stehen in einem komplexen Wechselverhältnis. Am Ende sollte es uns zu denken geben, wenn ein portugiesischer Student des Europakollegs in Brügge nach Monaten intensiven Zusammenarbeitens und Zusammenlebens mit Kommilitonen aus allen Ländern Europas erklärt: "Ich fühle mich heute mehr als Portugiese denn je zuvor." Eine solche Aussage ist nicht Ausdruck von Nationalismus, vielmehr wird die Besonderheit des persönlichen Erfahrungshorizonts bewußt, der immer in irgendeiner Form ein familiärer, und damit sozialer, also regionaler, nationaler und europäischer ist. Eingebunden in vielfältige Zusammenhänge oft höchst widersprüchlicher Art, deren spezifische Konstellation auch weiterhin seine Besonderheit ausmacht, ist der homo europaeus durch eine Rollenvielfalt gekennzeichnet, die mehr und mehr auch internationale Dimensionen annimmt. In der großen Mutation, in der so vieles Selbstverständliche fraglich und so viele Werte umgewertet werden, ist er mehr denn je auf die eigene Gestaltungskraft angewiesen, die nur aus seiner jeweiligen Besonderheit erwachsen kann. Keine Tradition, keine Ideologie und keine Politik kann ihm die Lebensgestaltung abnehmen. Auch in Europa muß die Gesellschaft aus sich selbst heraus jene Kräfte der Neugestaltung entwickeln, ohne die sie den Herausforderungen des Umbruchs nicht gewachsen sein kann. Gerade heute ist die Fortentwicklung Europas kulturelle Kreation. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E09 Dieter Böckmann schrieb am 10.07.2001: Europa als Heimat - eine Vision ? In meinem Beitrag E02 vom 02.11.2000 hatte ich den Vertrag von Maastricht von 1992 angeführt. Jetzt weiß ich, dass in den späteren europäischen Verträgen diese Bestimmung nicht geändert wurde. Der RGRE (Rat der Gemeinden und Regionen Europas) hat mir freundlicherweise geholfen, im Internet die "Brücke" von Maastricht zu Amsterdam zu finden. In den Artikeln 149 (Bildungspolitik), 150 (Berufsbildungspolitik) und 151 (Kulturpolitik) des Vertrages von Amsterdam 1998 (in "Maastricht" Artikel 126, 127, 128), heißt es nach wie vor im jeweils letzten Absatz " ... unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Politik der Mitgliedsstaaten". In den Einleitungen heißt es " ... die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern, unter voller Berücksichtigung der ... kulturellen und sprachlichen Unterschiede". In einem Vortrag, den ich Mitte der 90er Jahre auf Deutsch und Französisch gehalten habe, habe ich gesagt, und wiederhole es heute : "Es gibt keine europäische Kulturpolitik. Es gibt auch, trotz verschiedener Bemühungen, noch immer kein europäisches Geschichtsbuch. Und weil Millionen von Schülern in den Schulen Europas immer noch zu Deutschen, Franzosen, Dänen oder Griechen erzogen werden, werden wir noch viele Jahre warten müssen, bis es einmal so etwas wie eine europäische kulturelle Identität geben wird." Natürlich kennen wir alle die gemeinsamen Wurzeln der europäischen Kultur : griechische Philosophie, römisches Recht, Christentum, Renaissance, Aufklärung, Ideale der französischen Revolution, Prinzipien der Demokratie . . . (die Aufzählung ist nicht vollständig) - aber führen sie auch zu einem europäischen Bewusstsein? Freilich gibt es "unterhalb" der Vertragsbestimmungen viele Programme der E.U. mit dem Ziel, das Entstehen einer europäischen kulturellen Identität zu fördern. Ich nenne hier nur SOKRATES (an dem auch das ZAWiW aktiv beteiligt ist). Aber sie sind und bleiben punktuell. Nochmals zum Thema Sprache : Angenita (E01) führt als multikulturelle Länder Australien, Kanada und die USA an. Aber diese Beispiele gelten nicht (etwa als Vorbilder) für Europa. Denn diese Länder haben (Kanada ist da ein Sonderfall) eine (!) Sprache, das Englische, mit dem die Kinder in der Schule lesen und schreiben lernen. In Europa ist zwar in allen Schulen Englisch die erste Fremdsprache, und es ist die Weltsprache Nummer eins für Wirtschaft, Politik und Technik, aber es bleibt eben eine Fremdsprache. Lesen und Schreiben (und die Kultur ihres Landes) lernen die Kinder in Europa in ihrer nationalen Sprache. Deshalb wiederhole ich meine Aussage, dass es nie "eine europäische Sprache" geben wird. Und weil es keine europäische Sprache gibt (das ist nicht zu ändern), aber auch keine europäische Bildungs- und Kulturpolitik (das will man nicht ändern), kann Europa für mich nicht HEIMAT sein. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E10 Volkmar Gimpel schrieb am 14.07.2001: Zur Vision der Heimat Europa Was bewegt uns, von Europa als Heimat zu träumen? Oder ist es nur eine Utopie, ein Hirngespinst? Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es nicht um heute oder morgen, sondern um die nächsten Jahrzehnte, vielleicht sogar um das ganze Jahrhundert geht. Diese Fragen regen zum Nachdenken darüber an, was Europa eigentlich ist. Das kann mit verschiedenen Sichtweisen erfolgen. Zunächst geografisch. Europa ist im Westen durch den Atlantik, im Norden durch das Polarmeer und im Süden durch das Mittelmeer begrenzt. Die Küsten dieser Meere sind relativ eindeutige Grenzen. Im Osten und Südosten ist die Grenze zu Asien durch den Ural, das Kaspische Meer, den Kaukasus, das Schwarze Meer, den Bosporus, die Dardanellen und die Ägäis definiert. Und hier kollidiert unser nationalstaatlich geprägtes Denken mit der geografischen Realität. Gehört Russland, dessen europäischer Teil mehr als 40 % der Fläche Gesamteuropas ausmacht, zu Europa oder nicht? Zugespitzt: ist Wladiwostok eine europäische Stadt oder Kaliningrad, das frühere Königsberg, keine? Für die Türkei hat die Europäische Union mit der Anerkennung des Kandidatenstatus im Prinzip entschieden, dass sie zu Europa gehört. Aber trotzdem bleibt die Tatsache, dass der größere Teil der Fläche der Türkei (fast 97 %) zu Asien gehört und auch der größere Teil seiner Bevölkerung (ca. 88 %) dort lebt. Selbst die Hauptstadt Ankara liegt geografisch nicht in Europa. Mit Zypern, der weit im Osten des Mittelmeers gelegenen derzeit geteilten (asiatischen) Insel, führt die EU bereits Beitrittsverhandlungen. (Unter dieser Adresse gibt es eine Karte Europas: http://www.mapquest.com/cgi-bin/ia_find? link=school/worldatlas_index&uid=u3j0ydx6nev6e6dd:zw0w70168&atlas=europe) Die geografischen Grenzen Europas werden also mit politischen Entscheidungen korrigiert - in beiden Richtungen. Ich habe den Verdacht, dass wir, wenn wir Europa sagen, eigentlich die EU meinen. Da kann ich von Glück reden, dass 1989/90 die Spaltung Deutschlands überwunden wurde und der Eiserne Vorhang verschwand, denn sonst läge Leipzig auch außerhalb Europas. Wir sollten uns deshalb öfter an die von Gorbatschow gebrauchte Metapher vom gemeinsamen Haus Europa erinnern. Die Bevölkerung Europas ist multiethnisch. Im Ergebnis der 4 Jahrtausende währenden Wanderungsbewegungen verschwanden Ethnien und neue entstanden. Siedlungsgebiete verschoben, Stämme und Völker mischten sich. Erst um das Jahr 1000 n.Chr. hatten sich die heutigen Volksgruppen herausgebildet und ihr Ausbreitungsgebiet gefunden. Diese ethnische Vielfalt ist, glaube ich, ein großer Reichtum, trotz aller damit zusammenhängenden Probleme durch Konflikte mit oft uralten Quellen. Solche zum Teil blutigen Auseinandersetzungen gibt es nicht nur auf dem Balkan, sondern auch in sogenannten europäischen Kernländern (Baskenland, Korsika, Nordirland). Und die an den geografischen Rändern gelegenen Staaten haben ethnische Probleme, die eine große Belastung für das "gemeinsame Haus" sind. Im Osten der Türkei lebt knapp die Hälfte des kurdischen Volkes, dem das Recht auf eigene Kultur und Sprache verweigert wird. Die andere Hälfte lebt im Irak, im Iran und in Syrien. Russland führt seit Jahren Krieg gegen die tschetschenischen Rebellen im Kaukasus. Hinzu kommt, dass ca. 25 Millionen Russen in Folge von 70 Jahren Sowjetunion außerhalb der Russischen Föderation leben. Und auf Zypern hat die alte türkisch-griechische Feindschaft zur Spaltung des Staates geführt. Es gibt kein einheitliches europäisches Volk und wird es auch in absehbarer Zeit nicht geben. Geschichte und Gegenwart zeigen, dass die ethnischen Probleme mit Gewalt und Unterdrückung nicht zu lösen sind. Wir werden viel Kraft und Geduld aufwenden müssen, dass die Völker Europas überall in zivilisierter Weise miteinander auskommen. Zur Geschichte. Im Laufe der Jahrhunderte hat es mehrfach Versuche gegeben, in Europa ein einheitliches Reich zu errichten. Das antike Rom beherrschte in der Zeit seiner größten Ausdehnung unter Cäsar, Augustus und im 1. Jahrhundert n.Chr. neben Italien die iberische Halbinsel, Gallien, zeitweilig Germanien, zeitweilig Britannien, die Donauprovinzen und außerhalb Europas die afrikanische Nordküste und die Levante. (Eine Karte des Imperium Romanum im 1. Jahrhundert n.Chr. gibt es unter der Adresse http://www.lib.utexas.edu/maps/historical/roman_empire_1stcen_1884.jpg .) Die römische Herrschaft hat die Entwicklung in weiten Teilen Europas nachhaltig geprägt und die Zeugnisse dieser Periode sind vielerorts zu finden. Das römische Weltreich zerfiel nach dem 3. Jahrhundert. Im Mittelalter entstand mit der Herrschaftszeit der Karolinger ein Reich, das sich unter Karl dem Großen vom Atlantik bis zur Oder, von Barcelona bis zur Donau, von der Ostseeküste bis Mittelitalien erstreckte. Es umfasste ca. 1 Million km². Karl der Große wird bis heute in Deutschland und Frankreich und vielen anderen Ländern als Pater Europae verehrt. Grundlage dafür sind seine außen- und innenpolitischen Erfolge, seine Rolle als Gesetzgeber und Feldherr, der die Idee des Reiches und die Rolle des Kaisertums in Rom nachhaltig förderte. Er wurde deshalb auch 1165 heilig gesprochen. (Karte Europas beim Tod Karls des Großen 814 unter der Adresse http://www.lib.utexas.edu/maps/historical/ europe_814_colbeck.jpg.) Auch dieses Reich hatte keinen Bestand, wenn seine Geschichte auch bis heute nachwirkt. In der Nachfolge Karls entstanden durch Teilung aus Westfranken Frankreich und aus Ostfranken das Heilige Römische Reich. Das aus Deutschland, Italien und Burgund bestehende Sacrum Romanum Imperium, später auch mit dem Zusatz "deutscher Nation", war jedoch eher ein Bund von Territorialstaaten, auch wenn es vom römischen König, der zugleich Kaiser war, regiert wurde. Es löste sich, ohne den Europagedanken befördert zu haben, 1806 in Nationalstaaten auf. Spätere Bemühungen, sowohl die Napoleons am Anfang des 19. Jahrhunderts als auch des wilhelminischen Deutschlands und besonders Hitlerdeutschlands im 20.Jahrhundert hatten nicht Einigung, sondern Eroberung und Unterwerfung zum Ziel und endeten deshalb in verheerenden Niederlagen. Ist also die gemeinsame Geschichte Grundlage für den Traum von der gemeinsamen Heimat? Ich glaube, eine solche Grundlage könnte aus den vielfältigen Erfahrungen der Völker Europas entstehen, aus ihrem Jahrhunderte langen Zusammenleben mit historisch Versäumtem und - teilweise katastrophalen - Fehlern. Zur europäischen Kultur haben Angenita und Dieter Wesentliches gesagt. Ich möchte nur noch die Christianisierung der europäischen Völker erwähnen, die um das Jahr 1000 abgeschlossen war. Seither ist das Christentum die dominierende Religion und hat entscheidend zur Herausbildung der abendländischen Kultur beigetragen, gleich ob es sich um die römisch-katholische, orthodoxe, protestantische oder anglikanische Kirche in ihren verschiedenen Spielarten handelt. Es ist auch unter Nichtchristen unbestritten, was die christliche Religion für die Entwicklung von Bildung, Literatur, bildender Kunst, Architektur, Musik und eines allgemeinen Wertekanons geleistet hat. Daran ändern auch die Erscheinungen von Intoleranz, Dogmatismus und Grausamkeiten nichts, mit denen teilweise die Ziele durchgesetzt wurden. Ein paar Worte noch zur Sprache. Auch ich glaube nicht, dass es in einem überschaubaren Zeitraum eine einheitliche europäische Sprache geben wird. Wozu auch. Verstehen wir wie bei den Ethnien auch bei den Sprachen die Vielfalt als Reichtum. 95 % der im geografischen Europa gesprochenen Sprachen gehören zur indogermanischen Sprachfamilie und hier vor allem zu den germanischen, romanischen und slawischen Sprachen. Die Verwandtschaft dieser Sprachen ist größer als es auf den ersten Blick scheint. Und was die Beispiele betrifft möchte ich die Schweiz erwähnen - niemand dort wird auf den Gedanken kommen, eine schweizerische Sprache als Voraussetzung für die Schweiz als Heimat zu sehen. Was also ist Europa? Eine einheitliche Definition ist in der Gegenwart kaum möglich, man kann sie nur in der Zukunft suchen und wird auch dann jedem überlassen müssen, mit welchem Blickwinkel er darauf sieht, ebenso wie jeder seine Heimat selbst definieren muss. Vision oder Utopie? Ich bin für Vision und halte mich dabei an die Idee des gemeinsamen Hauses. Das Haus Europa ist ein wunderbarer alter Bau, der aber nicht unseren modernen Wünschen entspricht, aber erhalten werden muss. Es ist Baustelle und wird es noch lange sein. Mancher wird sich darin schon jetzt heimisch fühlen, andere werden damit warten, bis der letzte Pinselstrich getan ist. Angesichts der großen Anziehungskraft der Europa-Idee - auch Staaten, die heute noch in der Ecke stehen, wollen in die Gemeinschaft der europäischen Völker aufgenommen werden - bin ich optimistisch, trotz Rückschlägen und sich hartnäckig haltenden nationalen Egoismen. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E11 Peter Joksch schrieb am 29.07.2001: Europa als Heimat Angenita vergleicht das Haus Europa mit den Ländern USA und Australien. Kann man diese Konstrukte vergleichen? Ist es nicht vielmehr so, dass die USA und Australien, abgesehen von der Urbevölkerung sich nach und nach aus Einwanderern entwickelt haben? Die ersten Europäer kamen 1565 in die USA, damals noch Amerika, (Saint Augustine im heutigen Florida) später gefolgt von anderen Einwanderern bzw. Kolonisatoren anderer europäischer Länder. Als erste schriftliche Verfassung der USA sieht man den Mayflower–Vertrag vom 21.11.1620 an. Australien war viel länger ein bis auf die Ureinwohner kaum besiedeltes Land, dann englische bzw. britische Kolonie und erhielt erst am 1.1.1901 eine eigene Verfassung. Europa hat jedoch eine völlig andere Entwicklung. Schon in frühesten Zeiten haben sich hier Reiche und Staaten mit unterschiedlichen Sprachen entwickelt, und erst in den letzten 1 bis 2 Jahrhunderten haben sich einigermaßen konstante Grenzen gebildet. Die Sprachen und Religionen innerhalb dieser Grenzen sind jedoch seit jeher unterschiedlich. Wen sich nun einige dieser Staaten zu einer Union zusammenschließen, so haben wir es nicht nur mit verschiedenen Sprachen sondern auch mit völlig unterschiedlich verlaufenen geschichtlichen Vergangenheiten zu tun. Und das wird seine Zeit in Anspruch nehmen, hier ein Gemeinschaftsgefühl, ein gemeinsames Interesse oder gar ein Gefühl einer gemeinsamen Heimat zu erzeugen. Haben wir nicht unser eigenes Land als Beispiel, wie schwierig es ist, sich zusammenzufinden, obwohl unser Land mit einer Sprache und mit einer Kultur nur 40 Jahre getrennt war. Und dann fehlt natürlich, wie auch Dieter und Volkmar schon erwähnt haben, eine gemeinsame Sprache, die wahrscheinlich nie entstehen wird. Die verschiedenen Kulturen möchte ich, wie auch Volkmar schon geschrieben hat, als einen Reichtum ansehen. Warum sollen wir daraus einen Einheitsbrei zusammenrühren? Daher glaube ich, dass die Menschen dieses Raums durch wegfallende Grenzen, durch gemeinsames Geld und weitere zukünftige Gemeinsamkeiten eher zu einem Gemeinschaftsgefühl und damit vielleicht auch einem Europa-Heimatgefühl kommen werden, als so manche Regierungen. Doch sollten wir den Zeitraum, in dem dieses passiert nicht in Jahren sondern eher in Generationen messen. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E12 Angenita Srock-de Jong schrieb am 04.01.2002: Euro-Enführung am 01.01.2002 Hier ein Bericht aus einer niederländischen Tageszeitung vom 03.01.2002. Das "Algemeen Dagblad" (Den Haag) meint zur Euro-Einführung: "Die Währungsunion ist ein wichtiger Schritt in einem Prozess, der letztlich zu den Vereinigten Staaten von Europa führen könnte. (...) Es gibt nun eine gemeinsame Währung, aber noch keine einheitliche Außen- und Sicherheitspolitik. Es gibt freien Kapitalverkehr, aber noch keinen wirklich freien Personenverkehr. Es gibt schnelles Wachstum zu einer einheitlichen Polizei- und Justizpolitik, aber noch keine einheitliche Asyl- und Einwanderungspolitik. (...) Der Euro legt den Bedarf an Zusammenarbeit auf anderen Gebieten bloß." Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E13 Dieter Böckmann schrieb am 05.01.2002: Zur Euro-Enführung Jetzt, wo wir den Euro haben und nur noch manchmal ein bisschen rechnen müssen (und wer reist schon andauernd in allen möglichen Nachbar-Ländern herum?), frage ich mich, ob der Euro nun Europa mehr zusammen führen wird - wo doch soviel anderes noch fehlt. Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum E14 Madeleine Dauteuille schrieb am 07.01.2002: Antwort zu Dieter und Angenita Dass man skeptisch sein kann, verstehe ich wohl, denn man vermisst bei der heutigen Organisation von Europa manches, was einem wichtiger ist als die Währung. Doch bedeutet der Euro etwas ganz Konkretes, ganz Alltägliches, das jeden betrifft. So sind wir gezwungen, uns von einem Stückchen des eigenen Vaterlands zugunsten Europas zu verabschieden. Vielleicht hilft es doch mehr als lange Reden, uns als Europäer zu betrachten? Seitenanfang Zurück (Seite wird geschlossen) Zum Diskussionsforum |