Anstatt eines Nachrufs: Dr. Erna Subklew wurde 95 Jahre alt

Am 1. August 2018 verstarb Dr. Erna Subklew. Wegen der herausragenden Bedeutung, die Erna für unseren Verein hatte, möchten wir ihrer gedenken mit dem Portrait, das im Projekt EWA (european women in older age) von der ViLE- Gruppe AK-Frauengeschichte am ZAWIW über sie veröffentlicht wurde. Im Ruhestand arbeitete sie gerne am PC, bekam so Kontakt zum ZAWIW und wurde Mitgründerin des Verein ViLE e. V. und des Online-Journals Lerncafé. Mehr zu ihrem überaus interessanten Leben im folgenden Bericht: 

Portrait von Erna Subklew, geboren 1923

Familie und Ausbildung
Erna wurde in Oberschlesien geboren. Ihr Vater war Ingenieur und arbeitete viel im Ausland. Zehn Jahre lang allein in Istanbul, wo Erna bis Mitte des Zweiten Weltkriegs ihre Schulzeit verbrachte. Dieser Türkeiaufenthalt wirkte sich prägend in ihrem ganzen Leben aus. Zurück in Schlesien machte sie das Abitur, studierte anschließend Pädagogik auf Lehramt und heiratete. Anfang 1945 flüchtete sie vor den Russen. Der erste Aufenthalt war Oberösterreich, wo sich die Familie wieder zusammen fand. Nach dem Krieg, als dort alle Deutschen ausgewiesen wurden, wurde die Familie nach Bayern evakuiert. Auch dort konnte man nicht sesshaft werden, da der Wohnort wieder für den Truppenübungsplatz Wildflecken abgesiedelt wurde. Auf der Suche nach einer Existenz fand Ernas Mann Anfang der 50er Jahre eine Anstellung in Frankfurt. Inzwischen waren vier Kinder auf die Welt gekommen. Als 1969 das Land Hessen Lehrer brauchte, meldete sie sich und wurde aufgrund ihrer Türkischkenntnisse eingestellt. Da sie nur die erste Lehramtsprüfung hatte, machte sie erneut das Referendariat. Die letzten Prüfungen legte sie zur gleichen Zeit wie ihre Tochter ihre ersten ab.

Ruhestand
Nach einer dreijährigen Weiterarbeit mit einem Lehrauftrag begann ihr Ruhestand. Jetzt konnte sie eine Fortbildung machen nach eigener Entscheidung. An der Universität immatrikulierte sie sich in Erwachsenenpädagogik, Europäische Ethnologie und im Fach Turkologie. Nach sechs Semestern legte sie in diesen Fächern die Magisterprüfung ab. Nach weiteren drei Jahren wurde sie erfolgreich promoviert.
Die jungen Studenten hatten sie gut akzeptiert. Zu dieser Zeit begann der Zustrom älterer Menschen an die Universitäten. In den 90er Jahren war das keine Seltenheit mehr, denn der Nachholbedarf der Kriegsgeneration war groß, versicherte mir Erna. Ihre Berufskompetenzen setzte sie fortan hauptsächlich ehrenamtlich ein, um Kinder aus Migrantenfamilien zu fördern. Das lag ihr besonders am Herzen. In Kindergärten führte sie nicht nur Spracherweiterung für die Vorschulkinder ein, sie schulte auch die Erzieherinnen.
Über ihre PC-Tätigkeiten fand sie den Anschluss ans ZAWiW, die Seniorenuniversität in Ulm. Hier öffnete sich ihr ein neues Feld der virtuellen Aktivitäten für Ältere. Sie wurde Gründungsmitglied von VILE, wo sie die Online-Zeitung für Ältere „Lerncafé“ mit initiierte, ein Projekt, das schon mehrfach ausgezeichnet wurde.
In ihrem Frankfurter Wohnort gründete sie im Rahmen des Vereins ViLE einen Literaturkreis, in dem bis heute einmal monatlich real über aktuelle Literatur diskutiert wird. Daneben stehen die Teilnehmer, deren Wohnort über ganz Hessen verteilt ist, durch die Einträge und Beiträge im Forum miteinander in Verbindung.

Rückblickend denkt Erna, dass sie aus ihrem Leben durch Weiterbildung immer das Beste machen konnte. Mit ihrer Einstellung zu lernen und zu forschen so lange es geht, fand sie immer einen zufriedenstellenden Weg. Und unter diesem Motto sieht sie auch in die Zukunft. Ideen hat sie genug.   (Brigitte Nguyen-Duong im Juni 2011)

Technischer Teil des Interviews
Das Interview wurde am 8. Juli 2011 am Nachmittag in der Wohnung von Frau Subklew in Frankfurt Praunheim durchgeführt. Interviewerin war Brigitte Nguyen-Duong. Zur technischen Unterstützung lief eine Videokamera während der zweieinhalbstündigen Unterhaltung. Es wurden auch umfangreiche Notizen gemacht. Der vorbereitete Fragenbogen wurde nur für die Eingangsfragen benutzt. Ein abschließender Teil des Interviews wurde im Garten der Interviewten mit der Videokamera aufgenommen.
Das Portrait von Frau Subklew wurde anhand der Notizen zusammengestellt. Mit der Veröffentlichung von Foto und Video auf der Webseite ist Frau Subklew einverstanden. Entstanden ist dies im Rahmen des europäischen ViLE-Projekts "European Women in Older Age" gefördert im Grundtvig Programm der Europäischen Kommission.