Der Schrecken Gottes

Navid Kermani
deutsch-iranischer Schriftsteller und Orientalist ; Dr. phil.

Geburtstag:

27. November 1967 Siegen

Nation:

Deutschland - Bundesrepublik, Iran

Internationales Biographisches Archiv 05/2013 vom 29. Januar 2013 (mf)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 34/2015

Herkunft

Navid Kermani wurde am 27. Nov. 1967 als vierter Sohn einer strenggläubigen iranischen Arztfamilie in Siegen geboren. Sein Vater arbeitete in einem christlichen Krankenhaus. K., für den es selbstverständlich war, dass er zu Hause Persisch sprach und in der Schule Deutsch, hat die iranische und die deutsche Staatsbürgerschaft. Seine drei älteren Brüder arbeiten als Ärzte.

Ausbildung

Schon als Schüler entdeckte K. seine Ader fürs Schreiben und veröffentlichte 1983 als 15-Jähriger erste Artikel im Siegener Lokalteil der "Westfälischen Rundschau". Nach dem Abitur arbeitete er 1987 für den Westdeutschen Rundfunk (WDR) und hospitierte zusätzlich an einem Theater, entschied sich 1988 aber für ein Studium der Orientalistik, Philosophie und Theaterwissenschaft, das er in Köln, Kairo und Bonn als Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung absolvierte. 1998 promovierte er, gefördert von der Studienstiftung des Deutschen Volkes, über die ästhetische Rezeptionsweise des Koran. Die Doktorarbeit erschien 1999 unter dem Titel "Gott ist schön" und erreichte mehrere Auflagen. 2006 habilitierte sich ...

Quellenangabe: Eintrag "Kermani, Navid" in Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000025743 (abgerufen von nicht angemeldet am 28.9.2015)
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Narved Kermani

Der Schrecken Gottes

In seinem Buch macht uns der Schriftsteller und Orientalist Navid Kermani mit einer Frömmigkeit bekannt, die verstört und provoziert: Es ist die Frömmigkeit der Heiligen und Narren, die Gott so nahe sind, daß sie allen Respekt vor ihm verloren haben. Sie begehren auf gegen den grausamen Schöpfer einer Welt voller Leiden. Ihr Aufstand gegen Gott bringt

Gläubige ins Wanken, läßt aber auch den Ungläubigen nicht unberührt. Wer dieses glänzend geschriebene Buch gelesen hat, wird anders denken als zuvor - über Gott und über die Welt.

Das Buch der Leiden des klassischen persischen Dichters Attar ist die vielleicht schwärzeste Dichtung, die je von einem Menschen geschrieben worden ist. Radikal, alle Beschwichtigungen und Tröstungen vernichtend ist Attars Blick auf die Welt, aberwitzig sein Sarkasmus, grandios der Kosmos des Leidens, den er entwickelt. Kermani nimmt das Buch der Leiden zum Ausgangspunkt, um die Geschichte jener Religiosität zu erzählen, die Gott kennt und liebt, aber ihm zürnt: eine Gegen-Theologie, die lange vor Hiob einsetzt und mit Georg Büchner noch längst nicht zu Ende ist. Sie zieht sich durch viele Religionen, vor allem aber verbindet sie auf hintergründige, bislang nie aufgedeckte Weise das Judentum, den Islam und die europäische Moderne - das Alte Testament, den Sufismus und die deutsche Literatur, wo sie am dunkelsten ist. Navid Kermani zieht den Leser mit fast magischer Kraft in den Bann eines Glaubens jenseits der Rechtgläubigkeit. Die offene Ratlosigkeit, zu der sich diese häretische Frömmigkeit bekennt, dürfte der Welt, wie sie sich auch in unserer Zeit durch Krieg und Hunger, Erdbeben und Sturmflut zeigt, eher gemäß sein als die Antworten der Freitags- und Sonntagspredigten.

Erna-28.09.2015

  • Belletristik

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