Das Buch:
Dieser Roman handelt von der innigen und dauerhaften Liebe und Treue der begabten Geschwister Fanny und Felix Mendelssohn. Fanny wurde 1805 als ältester der vier Kinder der reichen jüdischen Familie von Lea und Abraham Mendelssohn in Hamburg geboren. Später zog die Familie nach Berlin, wo sie den christlichen Glauben annahm und sich danach Mendelssohn-Bartholdy nannte. Fanny‘s musikalische Begabung fiel schon sehr früh auf und wurde im musischen Elternhaus sehr gefördert. Vier Jahre später erblickte ihr Bruder Felix das Licht der Welt. Auch er komponierte und musizierte sehr früh und erfuhr jede nur erdenkliche Förderung, so dass ihm nach und nach eine große Karriere als Komponist in ganz Europa möglich war. Das war zur damaligen Zeit leider für ein begabtes Kind weiblichen Geschlechts nicht vorgesehen. Fanny‘s Vater äußerte sich dahingehend sehr deutlich:
„Die Musik wird für Felix vielleicht Beruf, während sie für dich stets nur Zierde sein darf und soll“.
Die Geschwister erhielten im Elternhaus, in dem die Geistesgrößen der damaligen Zeit häufig Gast waren, eine gleichwertige Ausbildung und förderten sich gegenseitig ihr Leben lang durch brieflichen Gedanken-Austausch über musikalische Belange. Fanny akzeptierte ihr Schicksal als Frau in ihrer Zeit, gab Hauskonzerte und komponierte im Geheimen. Manche ihrer Stücke wurden unter dem Namen des Bruders veröffentlicht.
Felix Mendelssohn-Bartholdy wurde später sehr berühmt und war auch in England ein gern gesehener musikalischer Gast. Aus dieser Zeit sind viele schriftliche Zeugnisse vorhanden, die das gute Einvernehmen zwischen den beiden Künstlern bezeugen.
Fanny heiratete 1829 Wilhelm Hensel. Auch nach der Heirat blieb der Kontakt zwischen den Geschwistern erhalten. Felix Mendelssohn-Bartholdy blieb zeitlebens der größte Bewunderer von Fanny‘s musikalischer Begabung, aber er konnte ihr Schicksal, das als Frau um 1800 von Konventionen und Traditionen bestimmt war, nicht ändern.
Peter Härtling gelingt es in dem Buch, dem Leser einen lebhaften Eindruck des Geisteslebens und der musikalischen Atmosphäre im Elternhause Mendelssohn-Bartholdy zu vermitteln. Auch die innige Verbundenheit zwischen Fanny und Felix findet reichlichen Ausdruck anhand ihrer Kompositionen und ihres Briefwechsels.
Der Autor:
Peter Härtling ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Sein schon früh von leidvollen Erfahrungen geprägtes Leben gab ihm für autobiografische Romane reichlich Stoff. Später schrieb er sehr einfühlsam geschilderte Kinderbücher. Die heutige Lebenswelt von Heranwachsenden ist der Stoff vieler seiner Bücher, die auch sehr gerne von Erwachsenen gelesen werden. Alle Themen unserer Zeit wie z.B. Alter und Tod, Erste Liebe über Grenzen hinweg, Behinderung, Patchworkfamilien finden darin ihren Widerhall. Die Bücher wurden fast alle zu Bestsellern und einige sind erfolgreich verfilmt worden. Einige Titel seien genannt: „Oma“, „Ben liebt Anna“, „Das war der Hirbel“, „Krücke“.
Seine Bücher für Erwachsene fanden ebenfalls viele begeisterte Leser. „Nachgetragene Liebe“ handelt vom Vater, der früh in einem russ. Gefangenlager starb. „Zwettl“ vom Dorf in Niederösterreich, in dem er nach der Flucht aus Mähren lebte. Der Selbstmord der Mutter (als er dreizehn war), das Dasein als Waise und Flüchtlingskind, die Erinnerungen an Ereignisse im Krieg und in der Nachkriegszeit, all diese Schrecknisse seiner Kindheit und Jugend verarbeitete er schreibend in eindrucksvoller Weise. Später galt seine Liebe den Biografien von Musikern wie Schubert, Schumann, Mozart sowie Fanny, der Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy.
Peter Härtling taucht ganz ein in die Epoche sowie das künstlerische und private Umfeld seiner Figuren. Auf diese Weise bringt er uns in unnachahmlicher Weise ihre Begabungen, ihre Freuden und Leiden sowohl als Künstler und als Menschen nahe. Peter Härtling ist zu Recht mit unzähligen Preisen ausgezeichnet worden. Er ist verheiratet mit seiner Jugendliebe, ist Vater mehrerer Kinder und hingebungsvoller Opa zahlreicher Enkel.
Eleonore Zorn