Ausgabe Nr. 36                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Erinnern oder Vergessen?
eine Stadt und ihr großer Sohn

                                                                        von Anne Pöttgen

Hundert Jahre


Hundert Jahre hat es gedauert, bis die Stadt Düsseldorf begann, sich an Heinrich Heine angemessen zu erinnern.
Harry Heine war 1797 in Düsseldorf geboren und hat bis 1815 dort gelebt. Danach gab es nur noch zwei kurze Besuche während seiner Studentenzeit in Bonn.
Aber seine ersten Gedichte schrieb Heine unter dem Pseudonym „Sy Freudhold Riesenharf“ – ein Anagramm von „Harry Heine Dusseldorf“, in Erinnerung an seine Geburtsstadt. Gedankt hat sie ihm diese Verbundenheit erst spät.


Der Trommler

 

Düsseldorf hat sich allerdings immer gern mit einem Satz Heines in seinem Buch Le Grand aus dem Jahre 1827 geschmückt: „Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zumute. Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehen.“ Ob er willkommen gewesen wäre, ist höchst fraglich, denn Heine hat zeitlebens den Ideen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit angehangen. Der Tambour Le Grand hat sie ihm im Takt seiner Trommel nahe gebracht. Für das Wort Liberté trommelte er den Marseiller Marsch, für die Egalité gab’s „ca ira, ca ira“.
“ Rühre die Trommel und fürchte dich nicht …..“ war zeitlebens Heinrich Heines Wahlspruch.


Erste Versuche des Erinnerns
Ein erster Versuch, in Düsseldorf mit einem Denkmal an Heine zu erinnern, ging vom Dichter Paul Heyse aus. 1887 bildete sich ein Komitee, das einen Spendenaufruf publizierte. Prominenteste Unterstützerin dieser Idee war die österreichische Kaiserin Sissy, die eine glühende Verehrerin des Dichters war. Aber die Zeiten waren schlecht für die Errichtung eines Denkmals für einen jüdischen Dichter. Der Düsseldorfer Stadtrat hatte am Ende keinen Platz für ein Denkmal.
Heine hatte das Seinige schon gesagt:
Ich bin ein deutscher Dichter;
 bekannt im deutschen Land;
Nennt man die besten Namen,
 so wird auch der mein’ge genannt.


Erste Taten

 Aufstrebender Jüngling

1926 wurde die Idee, ein Denkmal zum Erinnern an Heinrich Heine zu errichten wieder aufgegriffen. Fünf Jahre später – 1931 – schrieb man einen Wettbewerb aus: Die Persönlichkeit Heines sollte in würdiger, gut verständlicher Form geehrt werden. Den ersten Preis erhielt Georg Kolbe für seinen „Aufstrebenden Jüngling“. Wie weit der Jüngling Heine in verständlicher Form ehrt, bleibt Ihrem Urteil überlassen. Aufgestellt wurde die Figur natürlich nicht, das Jahr 1933 war gekommen.
Heute steht die Figur im so genannten Ehrenhof am Rande des Hofgartens von Düsseldorf mit der Aufschrift „Heinrich Heine gewidmet“. Eigentlich sollte das Denkmal diese Widmung nicht tragen, weil Georg Kolbe Nähe zur nationalsozialistischen Ideologie nachgesagt wurde. Nun steht sie doch darauf. Heine wären sicher ein paar passende Zeilen zum Denkmal und seiner Geschichte eingefallen.


Denkwürdige Denkmale

Im Hofgarten zu Düsseldorf, den Heine sehr geliebt hatte, steht eine schöne weibliche Statue von Maillol mit dem Namen „Harmonie“. Auch sie diente zunächst dazu, an Heinrich Heine zu erinnern. Die „Zeit“ schrieb in einem Artikel über Heinedenkmale zu einem Foto der schönen Harmonie: “Heine wie ihn keiner kennt“. Wieder so ein vertracktes Erinnern, denn Harmonie war ja nicht gerade das vorrangigste Streben des Dichters.
Ein anderer Zank um ein Denkmal hätte Heine übrigens auch gut gefallen. Die Einwohner von Norderney lehnten sich gegen die Aufstellung des von Düsseldorf geschenkten Denkmals auf, weil der Entwurf von Arno Breker stammt, der bekanntlich ein Liebling des „Führers“ war. Breker hatte den zweiten Preis in der Ausschreibung von 1931 in Düsseldorf erhalten. Weniger hat sie gestört, dass Heine in seinem Reisebericht „Die Nordsee“ kein gutes Haar an den Bewohnern Norderneys gelassen hatte.


Jetzt gings los
Endlich, 1956, hundert Jahre nach dem Tode Heinrich Heines, regte sich in Düsseldorf wieder der Wunsch, angemessen an ihren „großen Sohn“ zu erinnern. Das Attribut „größte“ wird ihm hierorts nicht zuerkannt. Vielleicht warten wir noch auf einen größeren.
Heine-Gesellschaft, gegründet 1956
Heinrich-Heine-Institut, gegründet 1970
Heine-Gesamtausgabe, 1973 erschien der erste von 16 Bänden
Heine-Monument, errichtet 1981 auf dem Schwanenmarkt
Heinrich-Heine-Universität, erhielt ihren Namen 1988 zum Stadtjubiläum
Heine-Preis, wird im Zwei-Jahres-Rhythmus verliehen
Dass die Düsseldorfer Universität sich lange gegen die Namensgebung sträubte, wunderte in Düsseldorf niemanden. Dass der Heine-Preis 2006 an Handke gehen sollte, dann doch so viele, dass Handke ihn nicht annahm. Was hätte Heine dazu gesagt?


Das Heine-Monument

 Buch und Schere

Der Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim hat dieses Monument, das er Fragemal und nicht Denkmal nennt, geschaffen. Grundlage ist die Totenmaske Heines. Sie wird von Attributen umgeben, die Heines Lebensweg kennzeichnen: Trommeln, Frauenschuhe, Decken und Kissen, Narrenschelle und ein Hinweis auf die Zensur: Buch und Schere.
Ein Link im letzten Abschnitt führt zu einer Seite der Heinrich-Heine-Universität, die sich mit der Entstehungsgeschichte beschäftigt.


Erinnern heute
Auf der Bilker Straße in der Altstadt von Düsseldorf kann man sich ernsthaft mit Heinrich Heine auseinander setzen. Das Heinrich-Heine-Institut ist Museum, Gedenk- und Forschungsstätte zugleich, übrigens das einzige Heinemuseum der Welt.
Nicht nur dort sondern in ganz Düsseldorf werden Lesungen veranstaltet, gibt es literarische Rundgänge durch die Altstadt, quellen gerade im Heinejahr – er ist jetzt 150 Jahre tot – die Schaufenster der Buchhandlungen über von Heineliteratur, also von und über Heine.
Das Geburtshaus Heines an der Bolkerstraße wird zum Literaturhaus, nur unter dem Strich wird erwähnt, dass Heine nicht dort sondern im Hinterhaus geboren wurde und gelebt hat. Aber dieser Schritt nach vorn hätte Heine gefreut, wenn nicht für sich, dann für seine Eltern, die er sehr geliebt hat und denen es wirtschaftlich nicht gut ging.


Links
http://www.duesseldorf.de/heineinstitut/index.shtml
Ausführlicher Text zum Heine-Monument:
http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/geschichte/summerschool/heine-monument/titelseite.html
Hier geht es nicht nur um Denkmale – aber auch:
http://www.heinrich-heine-denkmal.de/
Multimediale Seiten mit Hörproben:
http://www.heinejahr-2006.de/
Heinedenkmale unter Google / Bilder
http://www.google.de

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