Ausgabe Nr. 37                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Wer schrieb die Bibel?

                                                                    von Anne Pöttgen

Wer schrieb die Bibel? Das ist der anspruchsvolle Titel einer Arbeit von Nils Röttger, die als Internet-Seite bei juedisches-recht.org vorliegt.
Was ist damit gemeint? Sicher nicht die gesamte Bibel, nicht einmal das gesamte Alte Testament. Es geht um die Fünf Bücher Mose, griechisch Pentateuch, im Hebräischen Torah (auch Tora, Thora)

Torah-Rollen; Foto: wikipedia

Der Autor hat sich nach eigenen Angaben recht eng an den Text des Buches von Richard Elliott Friedman „Wer schrieb die Bibel - So entstand das Alte Testament““ aus dem Jahre 1987/1989 angelehnt.


Die ersten Kritiker
In sechshundert Jahren Forschung und gegen viele Widerstände setzte sich im vorigen Jahrhundert die Auffassung durch, dass der Pentateuch nicht von einem einzigen Autor geschrieben worden sein kann. Es gab zu viele Dubletten im Text. Ausführlich dargestellt wird von Röttger die Geschichte von der Sintflut in zwei Varianten. Nebenher: Interessant ist auch die unterschiedliche Darstellung der Erschaffung von Adam und Eva. Nachlesbar unter Gen. 1, 27, Gen. 2, 18 -24. .
Auch die Verwendung unterschiedlicher Namen für „Gott“ machte die kritischen Leser stutzig. Zum einen wurde der Name Jahwe benutzt zum anderen einfach die Bezeichnung Gott – das ist im hebräischen El oder Elohim.


Die Texte J und E
Die Bibelwissenschaftler sind der Auffassung, dass der J-Text, in dem von Jahwe die Rede ist, von einer Priesterschaft oder einem Priester geschrieben wurde, der Nachfolger von Aaron war. Ihre oder seine Heimat war Juda, der südliche Teil von Kanaan mit der Hauptstadt Jerusalem. Im J-Text spielt die Bundeslade eine Rolle, die im E-Text überhaupt nicht erwähnt wird.
Die priesterlichen Erzähler des E-Textes – El oder Elohim - dagegen waren Nachfolger des Moses und Einwohner von Israel, dem nördlichen Königreich. Im E-Text ist von der Stiftshütte die Rede, die Bundeslade kommt nicht vor.
Dass es zwei Versionen der gleichen geschichtlichen Ereignisse gab, erklärt sich mit den politischen Gegebenheiten der Jahre zwischen 922 und 722. Seit dem Jahre 922 – so die konventionelle Zeitangabe – gab es zwei jüdische/hebräische Königreiche: Israel im Norden und Juda im Süden.
Beide Texte wurden zur gleichen Zeit geschrieben, was mit den Methoden sprachwissenschaftlicher Analyse herausgearbeitet wurde. Zusammengeführt wurden sie später, s. „Zusammenführung“.


Der D-Text
Ein von den J- und E-Texten unabhängiger Text ist der D-Text, das Deuteronomium. Es wurde, zur rechten Zeit „entdeckt“ und diente dem König und den Priestern als Anlass für eine tief greifende Änderung in der Verehrung Gottes. Das erste Gesetz ist das Gesetz zur Zentralisierung der Gottesverehrung. Jerusalem wird als der Ort bezeichnet „daß Jahwe seinen Namen daselbst lässet wohnen.“ Das Opfern an anderen Stellen, den „Höhen“, wird verboten.
Das Deuteronomium wird als „Buch der Tora“, Buch der Gesetze, bezeichnet. Der Autor widmet ihm viel Raum, da es tatsächlich einen Neuanfang für das Reich Juda (Süden) bedeutete.
Geschichtlich war es der Zeitpunkt, in dem Assyrien nicht mehr die herrschende Macht in Palästina war, es wurde von Babylon abgelöst. Grundlage für die neuen Gesetze war „die bäuerliche Realität“ der damaligen Eisenzeit. Gott hatte die Seinen in ein reiches Land geführt, und an diesem Reichtum sollten alle Teile des Volkes teilhaben. Die Gesetze dieses neuen Bundes spannen ein für die damalige Zeit einmaliges soziales Netz.


Der P-Text
Der P-Text – das P ist abgeleitet von Priester – fügt Regeln und Gesetze der Priester ein. Deutlich wird, dass die aaronitischen Priester (Juda – Süden) aufgewertet und die mosaischen (Israel - Norden) abgewertet werden. Dies ist auch ein Hinweis auf die Zeit, in der diese Texte geschrieben worden sind, nämlich nach der Vernichtung des Königreichs Israel.
Der Schreiber des P-Textes kannte die J- und E-Texte, er verursachte viele Dubletten, denn er erzählte noch einmal dieselben oder ähnliche Geschichten in derselben Reihenfolge. Und warum? In den vorliegenden Texten war Moses sozusagen der „Held“, so heißt es dort „Und Jahwe sprach zu Mose..“ P ergänzt einen solchen Text: „Und Jahwe sprach zu Mose und Aaron.“


Die Zusammenführung
Es scheint so zu sein, dass J, E und P zu einem einzigen Text verbunden wurden und dass das Deuteronomium angefügt wurde. Es handelt sich um die Geschichte eines einzigen Volkes mit zwölf Stämmen und doch wird einmal – im gleichen Buch – Moses herabgesetzt (P), zum anderen Aaron völlig verschwiegen (E).
Man muss sich klar machen, dass die E-, J-, P-Texte sich durch alle fünf Bücher hin durchziehen und nicht einzelne Bücher beherrschen. Zusammengefügt wurde alles höchstwahrscheinlich durch Esra, einem Priester und Gesetzgeber. Er fügte die vorhandenen Texte zusammen, ergänzte sie auch, was wiederum einen eigenen Text ergibt, den R-Text (R für Redaktor). Diese Texte sind sozusagen ein Rahmen oder eine Überleitung, um eine einheitlich Struktur zu erzeugen.
Der Redaktor hat alles getan, Aaron aufzuwerten und es müsste ihn bis heute kränken, dass wir sein Werk seit zweitausend Jahren „Die fünf Bücher Mose“ nennen. Ich hoffe, dieser kleine Scherz wird mir verziehen.


Diese Seite
ist eine Hausarbeit im Rahmen des Seminars über die Geschichte des jüdischen Rechts – Bibel und Talmud - der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität zu Frankfurt am Main. Meine Kapitelüberschriften stimmen mit der Gliederung der Hausarbeit überein. Die einzelnen Absätze sind durch Scrollen zu erreichen.


Links
http://www.juedisches-recht.org/miller/Wer-schrieb.htm
Eine konventionelle Meinung zum Thema:
http://www.wort-und-wissen.de/disk/d97/3/d97-3.pdf
Die Startseite Jüdisches Recht:
http.//www.juedisches-recht.org
Sehr zu empfehlen ist die Lektüre des Buches „Wer schrieb die Bibel – So entstand das Alte Testament“ von Richard Elliott Friedman. Das Buch ist antiquarisch oder über Fernleihe der Bibliotheken zu erhalten. Friedman ist Professor der Theologie
Ebenso interessant das Buch „Keine Posaunen vor Jericho“ von Israel Finkelstein und Neil Asher Silberman, es schildert das archäologische Fundament der Zeit, in der die Bibel geschrieben wurde.


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