Das Evangelische Exerzitium
von Angelika Oberländer
“Into the light“ von Robert Aichinger über
www.photcase.com
Exerzitien – was ist das?
„Exerzitien“ – für nicht wenige ein Fremdwort. Für manche ein
altbekanntes geistliches Angebot der Kirche. Für Argwöhnische
katholische Esoterik. Für Ängstliche ein Crashkurs für Superfromme. Für
Halbkundige ein spirituelles Qualitätsangebot für Elitechristen. Und für
manche weckt das Wort vielleicht nur Erinnerungen an das Exerzieren auf
dem Kasernenhof.
Auch ein langjähriges Mitglied des Kirchenvorstandes einer evangelischen
Gemeinde wusste auf meine diesbezügliche (Test-)Frage keine Antwort.
Meinen Wissensvorsprung auf diesem Gebiet habe ich dem streng
auferlegten sonntäglichen Kirchgang meiner Kindheitstage zu verdanken.
Der katholische Pfarrer bot sie von der Kanzel herunter seinen Gläubigen
an. Es klang mir wie Buße tun!
Exerzitien definiert
Exerzitien ist die Abkürzung für „exercitia spiritualia“, geistliche
Übungen. Geistliches Üben gibt es in allen Religionen und überall wo
versucht wird, Glaube, Hoffnung und Liebe zu leben.
Exerzitien sind Zeiten der Stille, des Gebetes und der Besinnung auf das
eigene Leben mit Ausrichtung auf die geheimnisvolle Gegenwart Gottes in
einem einfachen Dasein. Der Heilige Ignatius von Loyola, Gründer der
Gesellschaft Jesu und ein großer Meister der Exerzitien befand: „Sie
sind das Allerbeste, was ich in diesem Leben denken, verspüren und
verstehen kann“
Exerzitien –für wen?
Viele Menschen sind auf der Suche nach authentischem Leben. Die
Erlebnisgesellschaft lässt wenig Möglichkeiten, zu sich selbst zu kommen
und Wege nach innen zu gehen. Der Druck der Mediengesellschaft
vermittelt das belastende Gefühl, von außen gelebt zu werden.
Wenn jemand sein Leben neu orientieren möchte, eine intensive Sehnsucht
nach einem erfüllenden Glaubensleben verspürt und seine Entscheidungen
mehr auf Gott hin ausrichten möchte – der findet spirituelle Hilfe in
geistlichen Übungen, den Exerzitien.
Neue Frömmigkeitsrichtungen
Bischof Wolfgang Huber formulierte: „Wir haben im ökumenischen
Dialog gelernt, den Gottesdienst neu als Feier zu entdecken und seinen
liturgischen Elementen ein stärkeres Gewicht zuzuerkennen.“ Es hat
in der evangelischen Kirche während des letzten halben Jahrhunderts
spirituelle Neuaufbrüche gegeben. Und es ist ein neues Angebot
entstanden, verschiedene Formen christlicher Spiritualität zu erproben.
Auch die katholische Tradition der geistlichen Exerzitien ist im
evangelischen Bereich aufgenommen worden.
Mittlerweile gibt es Orte, an denen Einzelne oder Gruppen einkehren
können. Hier werden u. a. Exerzitien angeboten. Und bei allem
Alltagsstreben könnte auch ein Ziel sein:
Offen werden für Gott und die Menschen
Leben neu entdecken
Mensch werden mit Leib und Seele
Spüren was mich trägt
Kloster Volkenroda
Eine gute Möglichkeit zur Spiritualität bietet das
Kloster Volkenroda (Thüringen). Im Rahmen des Evangelischen Exerzitiums
wird hier dem Element des religiösen Übens als Anfang und Fortsetzung
besondere Beachtung beigemessen.
Nach Gott fragen, sich
gegenseitig helfen, auf Gott hören, das Gehörte denkend verantworten und
unter den Bedingungen der Gegenwart praktisch leben,
sind die wesentlichen Seminarinhalte.
Und man hofft: Möglicherweise kommt es auf diesem Weg zur Bildung
oder Vertiefung einer christlichen, unangepassten Persönlichkeit.
Das Evangelische Exerzitium e.V. bietet
zwischen den Seminaren auch Treffen in Regionalgruppen an, z. B. in
Mainz.
Ohne Kommentar
Auf der Homepage heißt es:
“…
dass
sich wissenschaftliches
Bedenken des Glaubens in ökumenischer Aufgeschlossenheit mit
seiner lebensmäßigen Ausübung in Gottesdienst und Alltag verbindet.“
Hier die Antwort auf meine
Anfrage:
Sehr geehrte Frau
Oberländer,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Natürlich sind Sie auch als Katholikin
jederzeit zu allen Veranstaltungen unseres Evangelischen Exerzitiums
eingeladen! Wenn Sie zu bestimmten Veranstaltungen nähere Information
wünschen, lassen Sie mich es wissen…
Link
http://www.evangelisches-exerzitium.de/page2.html
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