Gesellschaft in Bewegung
Digitale
Demenz
von Horst Glameyer
Digitale Demenz
Am
1.06.2007 erschien ein Artikel von Florian Rötzer unter der Überschrift
‚Droht uns die „digitale Demenz“?‘, der in den Medien große
Aufmerksamkeit erregte. Darin geht es um die Frage, ob infolge der
verbreiteten elektronisch-digitalen Datenspeicherung vor allem bei
jüngeren Menschen allmählich ein Gedächtnisschwund eintritt. Vieles, was
man sich früher im Kopf einprägen musste, weil man es nicht vergessen
durfte oder wollte, kann heute in technischen Geräten gespeichert und
jederzeit beliebig oft abgerufen werden, sobald man es braucht.
Zunehmende Vergesslichkeit
Florian Rötzer bezieht sich in seinem Artikel auf die Aussagen
koreanischer Medizinprofessoren, die vornehmlich bei ihren
südkoreanischen Landsleuten zwischen 20 und 30 Jahren eine wachsende
Vergesslichkeit feststellten. In Umfragen gaben etliche von ihnen an,
das sei auf den ständigen Gebrauch von „Handys, PCs und anderen
digitalen Geräten“ zurückzuführen. Die von Wissenschaftlern verwendeten
Begriffe „digitaler Alzheimer“ oder „digitale Demenz“ bezeichnen aber
keine Krankheit.
Gesellschaftlicher Wandel
Wie der Deutschlandfunk in seiner Sendung „Tag für Tag, aus Religion
und Gesellschaft“ am 14.06.2007 meldete, übersteigt die
Selbsttötungsrate in Südkorea von jährlich ca. 14000 neuerdings die
japanische, die bisher in der Welt als höchste galt. Betroffen sind in
Südkorea vor allem jüngere Menschen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren.
Vor dem Krieg war Korea ein bäuerlich geprägtes Land. Der rasche Wandel
Südkoreas nach dem Krieg in ein Industrieland soll dazu geführt haben,
dass viele Menschen sich den steigenden Erwartungen und Anforderungen
nicht mehr gewachsen fühlen.
Flucht in virtuelle Welten
Die im konfuzianischen Sinne (hohe Verehrung der Eltern und Ahnen) sehr
traditionsbewusste koreanische Gesellschaft ist in Bewegung geraten.
Hergebrachte Standpunkte, die dem Einzelnen im großen Familienverband
einen Halt gaben, geraten mehr und mehr in Vergessenheit und drohen
verloren zu gehen. Dessen ungeachtet reisen am koreanischen
Erntedankfest noch immer unzählige Koreaner/innen über weite Strecken
quer durchs Land, um den Eltern und Ahnen ihre Ehrerbietung zu erweisen.
Gleichzeitig aber üben die elektronischen Medien besonders auf die
Jüngeren eine wachsende Anziehung aus und dienen ihnen dazu, der
Alltagswelt mit ihren Problemen in bessere, virtuelle Scheinwelten zu
entfliehen.
Link
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25483/1.html
www.swr.de/swr1/rp/tipps/gesund/-/i...
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