Religionen im Jahr 2050
                                   von Roland Huber
Juli 2050, Rom. Mit einer feierlichen Messe geht das dritte vatikanische Konzil zu Ende. Papst Johannes XXV hebt alle Dogmen der katholischen Kirche auf. Dogmen seien für den lebendigen christlichen Glauben nicht mehr geeignet.

Szenario

Nach den mutigen Beschlüssen des Vaticanum III ist bald mit der geplanten Vereinigung der katholischen, der orthodoxen, der altkatholischen und der reformierten protestantischen Kirchen zu rechnen. Fundamentalistische Gruppen aus allen Kirchen haben sich nach den heftigen Diskussionen in den vergangen Jahren bereits abgespaltet.
Vertreter aller Religionen dieser Erde treffen sich regelmäßig im Weltrat der Religionen. Sie wollen in gegenseitiger Wertschätzung die universale Wahrnehmungsgeschichte Gottes kennen lernen, bewahren und gemeinsam fortschreiben.

Begegnungen
Dieses Szenario halte ich für möglich, nachdem ich den Ideen der Theologen Klaus-Peter Jörns, Eugen Biser und Michael von Brück begegnet bin. Alles übrigens Senioren mit ihren langen beruflichen Erfahrungen. Aber auch der noch jüngere Schriftsteller Iija Trojanow hat mich in diese Richtung bestärkt.

Notwendige Abschiede
Die Religionswissenschaften sagen uns, dass eine neue Religion sich aus vorhandenen religiösen Vorstellungen heraus bildet. Die ägyptische Religion hat die jüdischen und christlichen Vorstellungen weitgehend geprägt.
Glaubensäußerungen sind mit dem Kulturraum unzertrennlich verwoben, in dem sie erfolgen. Die Übersetzung der christlichen Überlieferung von der aramäischen Sprache in die griechische hat die christlichen Vorstellungen grundlegend verändert.
So ist heute erwiesen, dass wesentliche Glaubensinhalte gar nicht von Jesus Christus stammen, sondern aus dem kulturellen nicht christlichen Umfeld übernommen worden sind.  Zum Beispiel die These, dass Jesus für die Sünden der Menschen gestorben sei. Damit sind die theologischen Gebäude aller christlichen Kirchen neu zu beurteilen.

Folgerungen
Die biblischen Texte sind menschliche Wahrnehmungen von Gott. Die Vorstellung einer direkten göttlichen Offenbarung und die Vorrangstellung einer Religion ist wissenschaftlich nicht mehr haltbar. Analoges gilt für jede Religion auf dieser Erde.

Meinung
Image
Klaus-Peter Jörns bei einem Vortrag, 2.von re; Förderkreis für Kultur und Heimatgeschichte e.V. Gottmadingen

Wenn man den Thesen von Klaus-Peter Jörns zustimmt, dann fallen die Probleme zwischen den christlichen Konfessionen wie Kartenhäuser zusammen.
Glaube und Wissenschaft werden wieder miteinander vereinbar. Führt der Abschied von unhaltbaren Glaubenssätzen zu einer neuen Lebendigkeit des Glaubens?
Mit der Anerkennung der Gleichwertigkeit von Religionen wird eine Begegnung der Kulturen gefördert. Der geistige Reichtum jeder Religion wird rund um die Erde verfügbar. Religion kann auch nicht mehr für Gewaltanwendung missbraucht werden, eine wichtige Stärkung des Weltfriedens
Wann werden die Religionen ihre notwendigen Abschiede vornehmen und eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte einleiten?

Links:

Homepage
von Klaus-Peter Jörns
Buchbesprechung „Notwendige Abschiede von Klaus-Peter Jörns"  im  Lerncafe Ausgabe 33 „Globalisierung erfahren - Zukunft gestalten , unter Rubrik CD-Roms und Bücher - Jörns
Gespräch mit Michael von Brück evangelischer Theologe, Religionswissenschaftler und Zen-Meister
Zwei Kurzbesprechungen des Buches „Kampfabsage. Kulturen bekämpfen sich nicht - sie fließen zusammen" von Ilija Trojanow und Ranjit Hoskoté, zu finden beim Humanistischen Pressedienst und beim Blessing Verlag .

 
< zurück   weiter >