Bürgerforum 3 – Thema 1

Arbeitsthema 1: Gesellschaftliche Teilhabe – Welches sind die Rahmenbedingungen für gesellschaftliche Teilhabe (von Migrant/-innen) und was fördert sie?

Dazu wurden folgende Standpunkte (Thesen) vertreten:

  1. Es gibt einige Voraussetzungen, die gesellschaftliche Teilhabe erst ermöglichen. Eine Gesellschaft muss dafür „offen sein“. Gleichzeitig müssen diejenigen (Migrant/-innen), die sich einbringen wollen (sollen), ein hohes Maß an Eigeninitiative besitzen.
  2. Damit Integration gelingen kann, müssen Migrant/-innen die Sprache des Gastlandes lernen.
  3. Es besteht eine erhebliche Erwartungshaltung von Seiten der Politik an Migrant/-innen, sich in den gesellschaftlichen Entwicklungsprozess des Gastlandes einzubringen – mehr als von der „eigenen“ Bevölkerung erwartet wird.

 

2 Antworten zu “Bürgerforum 3 – Thema 1”

  1. Heinz Pfeiffer 26. Mai 2011 um 23:15 #

    Der These, daß Ausländer oder auch Migranten in ihrem Gastland ein hohes Maß an Eigeninitiative entwickeln müssen und sich zummindest ernsthaft bemühen sollten, Sprache und Sitten des Landes zu erlernen, kann ich aus eigener Erfahrung nur zustimmen!!!

    Ich lebte mit meiner Familie von 1981 bis 86 mit meiner Familie in den Niederlanden, wo ich an der Internationalen Schule des dortigen NATO Hauptquartiers unterrichtete. Die Vorbehalte gegenüber Deutschen waren damals, ganz besonders im Süden des Landes, noch sehr lebendig.

    Meine Frau und ich verzichteten auf große AFCENT Parties, lernten Niederländisch in Abendkursen und bemühten uns um gute Kontakte zu umseren Nachbarn. Nach etwa einem Jahr war der Bann gebrochen. Meine Frau ging mit ihren Nachbarinnen morgens zum Tennis spielen – einem Volkssport in den Niederlanden – und lebte den Tagesrhythmus einer Holländerin. Entsprechend der Landessitte feierten wir kein Familienfest ohne unsere Nachbarn und waren zu deren Festen eingeladen.

    Daß es dabei zu intensiven Gesprächen auch über das deutsch-niederländische Verhältnis kam versteht sich von selbst. Das größte Kompliment bekam ich zum Abschied von einer Nachbarin, als sie mir erzählte, daß ihr Mann im holländischen Widersatnd gekämpft habe und seitdem mit Deutschen nichts zu haben
    wollte. Mit mir hätte er sich immer gerne unterhalten und hätte mir deshalb auch nichts über diese Vergangenheit erzählt.

    Wenn Migranten zeitlich begrenzt oder für immer ihre Heimat verlassen um in einem fremdem Land eine Existenz zu gründen, dann erfordert dies viel Mut und verdient von unserer Seite Respekt. Die Voraussetzungen für eine Integration sind gegeben. Integration bedeutet nach unseren Vorstellungen aber, daß diese Menschen auf Dauer nicht nur Rechte in Anspruch nehmen können, sondern auch Pflichten übernehmen müssen.
    Die bisherige Praxis im Umgang mit Migranten hat zu Parallelgesellschaften geführt und das kann in einem sich vereinenden Europa nur von Schaden sein – für beide Seiten!

  2. Heinz Pfeiffer 26. Juli 2011 um 21:39 #

    Ist Europa noch zu retten?

    Liebe danet-Teilnehmer,

    der Artikel Nie mehr allein von Marc Brost in DieZeit vom 21. Juli 2011 hat mich inspiriert, im Rahmen unseres danet-Projektes über unsere gemeinsame Zukunft nachzudenken. Die Euro-Krise und die dabei ans Tageslicht getretenen strukturellen Mängel in der Euro-Zone, will heißen das dadurch sichtbar gewordene Fehlen einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik, haben nicht nur mich verunsichert. Eine Lösung des Problems ist im Augenblick nicht zu erkennen. Der Artikel von Herrn Brost macht aber deutlich, worauf es wirklich ankommt.

    Projekte wie danet-at-work sind unbedingt notwendig, um die Integration Europas voranzutreiben. Mit finanziellen Anreizen und Investitionen der Wirtschaft alleine ist das nicht zu schaffen, weil es die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen nicht berücksichtigt. Ich möchte an dieser Stelle meine schon mehrfach gemachte Feststellung wiederholen, dass wir Alten den Generationen unser Kinder und Enkel gegenüber eine Verantwortung tragen und u.a. helfen sollten, neue Lebensformen zu finden. Es kann auf Dauer nicht angehen, dass der Lebensrhythmus ganzer Familien von den Bedürfnissen der Wirtschaft bestimmt wird.

    Dem Artikel selbst habe ich nichts hinzuzufügen. Er entspricht meiner Denkweise. Mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Brost werde ich ihn auszugsweise vorstellen und ich bitte euch, das ganze unter http://www.zeit.de/audio nachzulesen.

    Nie mehr allein

    Wir brauchen die Vereinigten Staaten von Europa. Nur eine neue Politikergeneration kann dieses Ziel erreichen

    Natürlich wird es den Euro am Ende des Monats noch geben. Und wahrscheinlich gibt es ihn auch noch am Ende des Jahres. Eine Währungsunion zerfällt nicht binnen Tagen, es ist ein schleichender Prozess, (…)

    Denn tatsächlich steckt der Euro weniger in einer ökonomischen als vielmehr in einer tiefen politischen Krise. Von einer „systemischen Krise“ spricht EU-Währungskommissar Olli Rehm, und das bedeutet im Umkehrschluss, dass man mit den bisherigen Lösungen nicht weiterkommt. Das alte Denken, das waren die Lebenslügen der EU: Eine Währungsunion werde auch ohne politische Union funktionieren; (…)

    (…), dass da gerade ein ganzer Kontinent seine Zukunft verspielt. (…)

    Und was wäre eigentlich geschehen, hätte Helmut Kohl die deutsche Vereinigung so zögerlich angepackt, wie Angela Merkel bei der Euro-Rettung agiert? Es ist schon seltsam, dass ausgerechnet die Kanzlerin, die so sehr von der Wiedervereinigung und dem Zusammenwachsen Europas profitiert hat, keine Worte dafür findet, was dieser Kontinent und seine Bürger – jenseits wirtschaftlicher Interessen – verbindet. (…)

    Was Europa stark macht ist doch, dass 27 selbstbewußte Nationalstaaten offen genug sind, um voneinander zu lernen. Dass es soziale Ausgleiche gibt und damit gesellschaftliche Stabilität. Und dass seine Bürger neugierig und tolerant sind und sich heute viel mehr als Europäer verstehen, als irgendwelche Populisten uns weismachen wollen. Was Europa aber schwächt: dass es immer nur ums Geld geht. (…)

    Dieser Kontinent mit seinen unterschiedlichen Sprachen und Traditionen mag ein furchtbar kompliziertes Gebilde sein. Aber furchtbarer ist die Sprachlosigkeit seiner Politiker – und zwar die der jüngeren. Denn heute ist das gemeinsame Europa ein Entwurf alter Männer. Helmut Schmidt, Jacques Delors oder Wolfgang Schäuble haben Krieg und Nachkriegszeit erlebt; der Zusammenschluß verfeindeter Länder ist ihr Friedensprojekt. Für alle Generationen danach aber klingt das banal, weil der Frieden längst selbstverständlich ist. Doch eine andere Begründung für die politische Union hat man nie gefunden.

    Und deswegen liegt die Lösung der politischen Krise jetzt nicht bei den Alten. Es braucht die Kraft – und die Sprache – einer neuen Politikergeneration in Europa. Womöglich ist das die größte Herausforderung.

    Dem habe ich nichts hinzuzufügen, Euer Heinz Pfeiffer