Anita Augspurg
Women's International League for Peace & Freedom (WILPF) Congress, Zürich 1919 - Augspurg, Anita; Despard, Charlotte; Genoni, Rosa; Hamilton, Alice; Heymann, Lida Gustava; Kulka, Leopoldina
„Frauen und Mütter Deutschlands, die ihr diesen Weltkrieg miterlebt
habt, müsst ihr nicht bereit sein, zu tun, was in euren Kräften steht, die
kommenden Geschlechter vor gleichen Katastrophen zu bewahren?“ (Schenk, Herrad. Stuttgart 1981.)
Warum halte ich die beiden Frauen für wichtig?
Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann gehörten zum radikalen Flügel der
frühen Frauenbewegung. Sie lehnten den Krieg ab und setzten sich für die Rechte
der Frauen ein. Sie lehnten die Diktatur Hitlers ab, weil sie darin eine Gefahr
für den Weltfrieden erkannten.
Aktiv in Gesellschaft und Politik
In 1896 in Hamburg richtete Lida Gustava für berufstätige Frauen einen
Mittagstisch ein und eröffnete einen koedukativen Kinderhort. Sie kaufte ein
Haus im Zentrum der Stadt, eröffnete ein Frauenzentrum, wo sie eine Bibliothek
einrichtete. Es entstanden eine Volksbadeanstalt und ein koedukatives
Reformgymnasium.
Anita engagierte sich ab 1891 in der Frauenbewegung. Während ihres Jurastudiums
in Zürich begegnete sie Rosa Luxemburg. Auf dem „Ersten Kongress für
Fraueninteressen“ wird neben dem Frauenstimmrecht eine Berufsausbildung für
Mädchen und die Berufstätigkeit von Frauen gefordert.
1897 nehmen Augspurg und Heymann am Kongress der „Abolitionistischen
Föderation“ teil. Diese bekämpfte die staatliche Reglementierung der
Prostitution und die sexuelle Ausbeutung der Frauen. Um 1902 sind beide Frauen
im Vorstand des Verbands „Fortschrittlicher Frauenvereine“.
Ab 1907 erscheint die „Zeitschrift für Frauenstimmrecht“, die ab 1919 in „Die
Frau im Staat“ umbenannt wird.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs reisen Anita und Lida Gustava nach Den Haag zum
„Internationalen Frauen Friedenskongress“. Im Organ des Bundes für
Frauenstimmrecht fordert Heymann die sofortige Beendigung des Kriegs.
1918 wird Augspurg Mitglied im provisorischen Parlament in Bayern, erlangt aber
bei den Wahlen kein Mandat. Bereits 1923 ersuchen Augspurg und Heymann beim
bayerischen Innenminister, den Österreicher Hitler auszuweisen, was der
Minister ablehnt.
Elternhaus und Jugend
Anitas Eltern kommen beide aus Akademikerfamilien. Der Vater ist Jurist. Sie
wird freiheitlich erzogen. Sie macht eine Ausbildung als Turnlehrerin und nimmt
nebenbei Schauspielunterricht. In München eröffnet sie mit einer Freundin ein
Fotostudio.
Sie beschäftigt sich mit der Rechtsstellung der Frau end entschließt sich, in
Zürich Jura zu studieren, das sie mit der Promotion zum Dr. jur. abschließt.
Lida Gustava stammt aus einem großbürgerlichen Haus. Sie wird von einem
Hauslehrer erzogen und besucht ab 1882 die Höhere Töchterschule in Hamburg.
Nach einem Jahr in Dresden kehrt sie in ihr Elternhaus zurück. Sie unterrichtet
an einer Armenschule und leitet eine Nähschule.
Nach dem Tod des Vaters 1896 ist sie finanziell unabhängig und engagiert sich
in verschiedenen sozialen Einrichtungen. Sie schließt sich der deutschen
Frauenbewegung an.
In Berlin besucht sie den Internationalen „Kongress für Frauenwerke“ und
begegnet Anita Augspurg.
Fortan leben und arbeiten beide Frauen zusammen. In Bayern erwerben sie einen
Bauernhof. Nach der Machtergreifung Hitlers kehren Anita und Lida nicht mehr
aus ihrem Urlaub in der Schweiz nach Deutschland zurück.
Bis zu ihrem Tod 1943 lebten sie verarmt, auf die Unterstützung vermögender
Freunde angewiesen, in Zürich. Die deutsche Regierung hatte beider Vermögen
konfisziert.
Zum Schluss
Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann haben bereits 1902 gefordert, dass auch
Frauen zu den Wahlen zugelassen werden. In der Weimarer Verfassung von 1918
wurde ihnen dieses Recht zugestanden. Bis zur Gleichberechtigung von Frauen und
Männern dauerte es noch einmal dreißig Jahre. Der Umsetzung dieses Rechts wurde
aber nur verzögert entsprochen. Dass es in Deutschland seit 2005 eine Frau als
Bundeskanzlerin gibt, ist ein Verdienst der frühen deutschen Frauenbewegung.
Bis heute ist es für eine Frau jedoch schwierig, an die Spitze eines Börsen
gestützten Unternehmens zu gelangen.
Hiltrud Schroeders Einschätzung beider Frauen schließe ich mich an:
„Ihren (Luxemburgs und Heymanns, EDB) Optimismus, dass gleiche politische
Rechte den Frauen auch eine gleichberechtigte Stellung einräumen würden, teilen
wir heute nicht mehr.“
Literatur und Links
- Grundgesetz
und Verfassungsreform G 1994. München 1996.
Himmelsbach, Christiane. Verlaß ist nur auf unsere eigene Kraft Oldenburg 1996
Schenk, Herrad. Anita Augspurg. In: Hans Jürgen Schultz (Hrsg.) Stuttgart 1981. - Biographie
Anita Augspurgs
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/AugspurgAnita/ 14.2..14 - Zu den
Frauenrechten
http://www.frauenmediaturm.de/themen-portraets/feministische-pionierinnen/anita-augspurg/ 14.2.14. - Lida und
Anita
http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lida-gustava-heymann/ 14.2.14.
Bildquelle
- Mit der Erlaubnis der Women's International League for Peace and Freedom Records, Swarthmore College Peace Collection, Swarthmore, U.S.A., www.swarthmore.edu/Library/peace
- und der freundlichen Unterstützung des FrauenMediaTurm, Köln, Deutschland, www.FrauenMediaTurm.de