Ich bin ein Baum mit vielen Ästen - Das Alter als Chance

von Rita Levi Montalcini
Buchtipp von Angelika Simon

files/Vile Netzwerk/img/lernen/buchempfehlungen/baum-montalcini.gifDie Autorin hatte sich die Aufgabe gestellt, die Funktionsweise des Gehirns zu beschreiben, des weiteren den schwierigen empirischen- und Erkenntnis-Prozess in den Neurowissenschaften im 19. und 20. Jahrhundert darzustellen...

... und die Biografien von 5 berühmten Persönlichkeiten, die alt geworden sind, vorzustellen: Michelangelo Buonarroti (1475 - 1564), Galileo Galilei (1564 - 1642), Bertrand Russell (1872 - 1970), David Ben Gurion (1886 - 1973) und Pablo Picasso (1881 - 1973). Darüber hinaus reflektiert sie die Gedanken von Schriftstellern und Philosophen zum Alter.

Ihr zentrales Anliegen ist, zum einen die jüngsten Erkenntnisse der Hirnforschung im Hinblick auf die geistige Leistungsfähigkeit im Alter zu reflektieren und zum anderen ein Verständnis der Strukturen des Gehirns und ihrer Funktionen zu vermitteln. Denn, so die Autorin: "An der Schwelle zum dritten Jahrtausend sollten sowohl Jugendliche als auch Erwachsene Zugang haben zu einer Reihe von Anleitungen für den angemessenen Gebrauch der kognitiven und emotionalen Leistungen, die das Gehirn erbringt. Grundlegend wichtig wird dieses Problem, wenn wir uns der letzten Phase unseres Lebens nähern, denn es ist ein Problem, mit dem sich in den kommenden Jahren eine immer größere Anzahl alter Menschen auseinandersetzen muß." (S. 20)

Spannend sind die Ausführungen zur neuronalen Plastizität (S. 57 ff) und zum Geist (S. 63ff).

Während man bis vor wenigen Jahrzehnten die Auffassung vertrat, die Nervenbahnen seien "festgelegt, abgeschlossen und nicht veränderbar - alles kann sterben, nichts kann regeneriert werden..." (Ramón y Cajal), wurde nun der Beweis erbracht, dass die Komponenten des peripheren und des zentralen Nervensystems nicht auf irreversible Art und Weise im genetischen Programm fixiert sind. "Vielmehr passen sie sich den Umweltreizen von beträchtlicher Tragweite an, und zwar nicht nur am Anfang ihrer Entwicklung, bei abgeschlossener Differenzierung, sondern auch - und das ist ein noch bemerkenswerteres Phänomen - in der Altersphase. (S. 58)

Die strukturellen Grundlagen unseres Geistes - so die Autorin - wurden über viele Jahrhunderte nicht analysiert, "da man seinen Ursprung immer dem Übernatürlichen zugeschrieben hat. Das vorrangige Ziel des heutigen Forschers... in der Neurobiologie ist, eine Erklärung der Beziehungen zu finden, die zwischen Gehirn und Geist bestehen." (S. 63)

Neben der Beschreibung der heutigen Möglichkeiten, Forschung zu gestalten und voranzutreiben, war hier für mich die Auseinandersetzung mit dem Begriff "Bewusstsein" von besonderem Interesse; dies schon deshalb, weil offensichtlich dieser Begriff , der einstmals unbestrittener Gegenstand der klassischen Psychologie war, von anderen wissenschaftlichen Disziplinen "okkupiert" worden ist. Dabei zitiert die Autorin im Besonderen G.M. Edelman, einen der bekanntesten Neurobiologen der letzten Jahrzehnte.

Das hier vorgestellte Buch hält jedoch für viele Leser etwas bereit: Für die einen vielleicht ein erstmaliges Studium des Gehirns und der Hirnstrukturen, für die anderen die Beschäftigung mit den Biografien außergewöhnlicher Menschen. Für den nächsten die Gedanken der Autorin zum Alter und Altern: Diesem ist besonders das Kapitel 8 des Buches: "Die Trumpfkarte" ans Herz zu legen. - Mehr soll hier nicht verraten werden.

Verlag: Piper
ISBN: 3492041213
Preis: Euro 12,50

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