Vielfalt in Tracht
                                     von Sibylle Sättler
Ihrem Wesen nach ist auch die Tracht eine Art Einheitskleidung. Trotzdem kann der Kenner an der Verarbeitung kostbarer und üppiger Stoffmengen oder etwa der größeren Anzahl aufwändiger Knöpfe soziale Unterschiede beim Vergleich erkennen.

Definition und Ursprung
Kleider machen Leute, seit Adam und Eva. Der Begriff "Tracht" leitet sich ab von althochdeutsch traht(a), mittelniederdeutsch dracht und bedeutet: das, was getragen wird. Tracht wird im Allgemeinen für traditionelle und historische Kleidung oder Teile davon gebraucht. Die Tracht ist die traditionelle Kleiderordnung einer bestimmten Region, eines Landes oder der Angehörigen einzelner Bevölkerungsgruppen, z.B. Volks- oder Berufsgruppen.

Berufs-, Zunfts- oder Amtstracht
Die Berufs-, Zunfts- oder Amtstracht, die die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe zum Ausdruck brachte und auch noch bringt, stammt aus dem handwerklichen und städtischen Umfeld.
Denken Sie an die Richter in ihren Talaren, an die Krankenschwestern, an deren Hauben man früher eine examinierte von einer Schwesternschülerin unterscheiden konnte. Dabei durfte die Brosche nicht fehlen. Oder den Arzt, ganz in weiß, aber mit Kittel, der angeblich streckt und optisch den Body-Mass-Index verringert, wie kürzlich der Chefarzt einer Düsseldorfer Klinik in seinem Vortrag vor Übergewichtigen betonte.

Handwerksburschen
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Screenshot aus chance-europe.de

In dem Zusammenhang fallen mir die Handwerksburschen ein, die im Mittelalter nach Ablegen der Gesellenprüfung, unverheiratet, kinderlos und schuldenfrei drei Jahre und einen Tag auf Wanderschaft gehen mussten, um Berufs- und Lebenserfahrung zu sammeln. Diesen Brauch gibt es auch heute noch. Die Rheinische Post berichtete  dieser Tage über zwei Handwerksgesellen, die in ihrer Kluft (ich zitiere): kragenloses weißes Hemd mit schwarzer Weste und Jackett mit sechs Knöpfen für sechs Arbeitstage und die Weste mit acht Knöpfen für acht Stunden sowie Schlaghose, Hut oder Zylinder in Düsseldorf gesichtet wurden. Wanderstock und geschnürtes Bündel vervollständigen das Erscheinungsbild.

Traditionelle Bekleidungen
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Quelle: rebel /www.pixelio.de

Traditionelle Kleidung wird heute fast nur noch als Festtagstracht getragen. Andererseits gibt es aber auch Länder, in denen die traditionellen Kleidungsstücke heute noch im Alltag getragen werden. Beispiel in Bayern und Österreich: Dirndl, Lederhosen in der Bayerischen Tracht oder der Kilt in Schottland.

Die Volkstracht
Die Volkstracht hat ihren Ursprung in ländlichen Gebieten und stellt eine regionaltypische Bekleidungsform dar. Erste bäuerliche Trachten entstanden Ende des 15. Jahrhunderts und fanden bis ins 20. Jahrhundert weite Verbreitung In allen deutschen Bundesländern gibt es regional unterschiedliche Trachtenmodelle, die auf den Ursprung der Bevölkerung hinweisen. Im Gegensatz zu traditioneller Kleidung sind Volkstrachten in vielen Fällen bezüglich Farbe, Schnitt, Stoffwahl und Art des Tragens genau definiert.
Volkstrachten gibt es als Werktags- und als Festtagstracht. Die Festtagstrachten sind meist prächtig und aufwändig hergestellt und werden in ländlichen Gegenden noch oft bei Festen oder traditionellen Anlässen getragen.

Norweger Tracht
Meine norwegische Freundin stammt aus der Provinz West-Telemark und trägt noch  heute ihre Festtagstracht zu Hochzeiten und anderen wichtigen Feierlichkeiten, wie z.B. auch zum Norwegischen Nationalfeiertag im Mai. Zu dieser Tracht gehören eine weiße Bluse mit handbesticktem Stehkragen und handbestickten weißen Spitzenmanschetten. (Es gibt auch bunt bestickte Kragen und Manschetten.) Die weiße Bluse  wird kombiniert mit einem schwarzen ärmellosen Oberteil mit angenähtem schwarzen taillierten Wollrock, der gerafft ist, mit handbesticktem Saum und bestickter schwarzer Schürze. Dazu trägt sie einen handgewebten Gürtel, der an der Schürze befestigt ist. Die Tracht ist aber erst vollständig mit dem entsprechenden Schmuck, d.h. vergoldeter Silberschmuck am Gürtel  und mindestens drei Broschen an der Bluse.  

Einheitskleidung - nein
Tracht vermittelt in einer Gruppe ein Zusammengehörigkeitsgefühl und eine Homogenität bei aller bestehenden individuellen Unterschiedlichkeit. Als Einheitskleidung kommt sie nicht in Betracht.

Links
http://www.marquise.de/de/ethno/bayern/tracht.shtml
http://www.harztrachten.de/berufstrachten.htm
http://openpr.de/news/103292/
Zimmerleute-auf-der-Walz-besuchen-Magdeburger-Mittelalterausstellung.html

http://www.chance-europe.de/de/links/walz_2.html
http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/volkskunde/tracht.htm

 
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