Von Culottes und Sansculotten
                                    von Lore Wagener
Im Rokoko kleideten sich die Herren am Pariser Hof prunkvoll und farbenfroh. Sie trugen kurze Hosen und präsentierten ihre (künstlich?) wohlgeformten Beine in edlen Seidenstrümpfen. Mit der französischen Revolution änderte sich das Bild abrupt. Jetzt waren schlichte lange Hosen angesagt.

Herrenmode im Rokoko

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Am Wiener Hof (Ausschnitt)
 
Der verschwenderische Pariser Hof war damals in der Herrenmode führend. In den übrigen  Metropolen - auch in Wien - ahmte  man  die Pariser Schnitte nach und folgte den Pariser Anweisungen aus dem 1769 erschienen  Traktat „I'Art de Tailleur",.
Die Culottes, die Kniebundhosen galten damals  als einzig anständige Beinkleidung für Herren. Sie waren in der Regel farblich passend zum Anzug und wurden mit meist weißen Seidenstrümpfen und Schnallenschuhen getragen. Mit Wadenpolstern verhalf man den Herrenbeinen zu der gewünschten idealen Silhouette.
Das Hemd hatte Manschetten und Jabots aus feinster Spitze, die Weste, das Gilet, bestand  aus kostbaren Stoffen. Das  Justeaucorps darüber war  eine in der Regel farbige lange kragenlose Jacke mit weiten Schößen und kostbaren Stickereien. Ihre  mehr oder weniger ausladenden Schöße konnten mit Rosshaar versteift sein. . 

Mode à l'anglais
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Minister de Calonne

Auf die 1780er Jahre zu verwischte sich das bisherige Klassenbild, weil immer mehr gebildete bürgerliche Menschen Zutritt zu den  „höheren Kreisen" erlangten. Nun  bildeten sich zwei Modeströmungen heraus. Einerseits entstand ein vom englischen Landadel geprägter einfacherer Stil „à l'anglais", während andererseits die üppige höfische Variante weiter gepflegt wurde.
Das Justeaucorps wandelte sich allmählich zum Fraque. Es bekam den hohen umgelegten Stehkragen, seine Schöße wurden nicht mehr übertrieben ausgestellt und die Vorderteile immer mehr abgerundet. Die Naht in der hinteren Mitte wurde von der Hüfte abwärts geöffnet, was das Reiten und das Tragen eines Degens - auch in Zivilkleidung - erleichterte. Man trug das Justeaucorps gern offen, teils um die kostbare Weste darunter zur Schau zu stellen, teils sicher auch, weil es eng geschnitten und ziemlich unbequem war. So schlüpfte man im Privaten auch gerne in die „Robe de Chambre", den Hausrock.

Die amerikanischen Revolutionäre
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Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung 1776,

Auch die amerikanischen Revolutionäre erschienen zu ihrem Kontinentalkongress in Kniehosen - und viele auch noch mit den gepuderten Perücken. Auf John Trumbulls Gemälde vom Kontinentalkongress 1776 sind die Röcke der Herren bereits frackähnlich geschnitten und von gedeckter Farbe. Viele der amerikanischen Revolutionäre waren ja Puritaner, für die ein bescheidener schwarzer Anzug mit weißem Kragen Ausdruck von Rechtschaffenheit und Genügsamkeit war.

Werther-Tracht in Deutschland
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Illustration zu Werthers Leiden (Ausschnitt)

In Deutschen Landen zeigten fortschrittliche Bürger etwa ab 1788 ihre Sympathie mit den Idealen der Aufklärung durch das Tragen der Werther-Tracht. Nach Erscheinen des Romans „Die Leiden des jungen Werthers" wurde die von Johann Wolfgang von Goethe darin beschriebene Kleidung zur Tracht freiheitlich gesinnter Bürger. Auch Goethe selbst hat sich in diesem Anzug, der aus einem dunkelblauen Frack mit Goldknöpfen, grauen Kniehosen aus Leder und gelber Weste bestand, gezeigt.
Goethe zitiert seinen Helden so: „Es hat schwer gehalten, bis ich mich entschloss, meinen blauen einfachen Frack, in dem ich mit Lotten zum erstenmale tanzte, abzulegen, er ward aber zuletzt gar unscheinbar. Auch habe ich mir einen machen lassen ganz wie den vorigen, Kragen und Aufschlag, und auch wieder so gelbe Weste und Beinkleider dazu."

Der schwarze Tuchrock als Ehrenkleid 
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J.L.David: Der Ballhausschwur 1789 (Ausschnitt)

Mit dem Ausbruch der Französischen Revolution 1789 fand die lebenslustige und aufwändige Mode des Rokoko in Paris ein jähes Ende, jedoch nicht allein der Umbruchstimmung wegen, sondern weil man wirklich Gefahr lief, den Kopf zu verlieren, wenn man sich in höfischer Aufmachung zeigte.
1789 hatte Louis XVI. bekanntlich die Generalstände nach Versailles einberufen. Zum Eröffnungszeremoniell erschienen die Vertreter der beiden ersten Stände in großer Festgarderobe, während den Abgeordneten des Dritten Standes ein einfacher schwarzer Anzug vorgeschrieben wurde. Diese Herabsetzung verstärkte den Unmut der ohnehin aufgebrachten Delegierten, und als sie sich zur Nationalversammlung erklärten, beförderten sie gleich ihren schwarzen Anzug zum „Ehrenkleid des Bürgers". Dieser bestand aus dem schwarzen Rock, der in seiner knappen Form bereits dem Frack ähnelte, einer schwarzen Weste und schwarzen Kniehosen.

Die Sansculotten
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Zeitgenössische Karikatur: Sansculotte und Tricoteuse (Ausschnitt)

Als Robespierre im Verlaufe der französischen Revolution Matrosen und Arbeiter aus Marseille zur Verstärkung nach Paris rief, erregten diese wegen ihrer langen unförmigen Beinkleider großes Aufsehen. Diese Arbeiterhosen fanden besonders bei den Kleinbürgern schnell Anklang und avancierten zum Symbol der revolutionären Gesinnung.
Die Sansculotten bildeten eine revolutionäre Gruppe, die bewusst einen verlotterten Stil pflegte. Sie trugen röhrenförmige lange Beinkleider sowie Holzschuhe (Sabots). Die Strümpfe waren aus grobem Leinen oder Wolle, die Jacken, Carmagnoles genannt. meist kurz und westenartig, die Haare „á la sauvage," - also „naturbelassen". Im revolutionären Frankreich war es eine Ehre, ein Sansculotte zu sein, in den Nachbarländern sah man das gemischter. Der verlotterte Aufzug konnte während des Terrors aber auch lebensrettend sein.
 
Revolutionsmode der Bürger
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M. de Robespierre im Jahr 179

Auch der normale französische Bürger wollte seine revolutionäre - aber auch seine nationale-  Gesinnung demonstrieren. Viele trugen daher die langen röhrenförmige Hosen, die Pantalons, die in engen Stiefeln steckten, dazu nach wie vor ein Gilet und den Frack oder den schwarzen Tuchrock. Der wurde zum wichtigsten Kleidungsstück der Bürger und mit Schärpen, Kokarden und Schleifen in den Nationalfarben rot-weiß-blau geschmückt. Das war auch die Tracht der Jakobiner, die dazu noch die phrygische Mütze aufsetzten. Diese Leute wirkten aber ordentlicher als die Sansculotten.
Andere revolutionäre Gruppen betonten ihre Gesinnung mit einem blauen Rock mit roten Aufschlägen über einer weißen Weste.

Mode im Directoire
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Incroyables und Merveilleuse

1794, nach dem Tod von Robespierre, ebbte der Terror ab und die Militärs übernahmen mit dem Directoire die Macht.
In den bürgerlichen Kreisen trug man weiterhin die Pantalons und den schlicht geschnittenen Frack. Der Kragen wurde höher und die Revers wurden breiter, wobei sich die Farbe Schwarz zunehmend durchsetzte.
Aber es gab - vielleicht als Gegenbewegung - auch Stutzer, die demonstrativ zur Geckenhaftigkeit neigten, man nannte sie Incroyables, die Unglaublichen. Sie übertrieben wirklich das Ideal des bürgerlichen Anzugs. Sie trugen ganz enge Pantalons, die bis zur Brust reichten und hohe Husarenstiefel. Ihr blauer Frack hatte einen hohen Kragen, ein extrem kurzes Oberteil und lange Schöße. Darunter wurden gleich mehrere Westen verschiedener Art getragen. Neu war eine übergroße Halsbinde, die oft das ganze Kinn bedeckte Die Haare trug der Incroyable „en oreilles de chien", wie zottelige Hundehaare. Sein Erscheinungsbild war eher grotesk.

Mode im Empire
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Minister de champagny

Als Nachfolger des Directoire setzte sich der General und spätere Kaiser Napoleon Bonaparte durch. Unter seiner Herrschaft begannen die neuen Oberschichten bald wieder, mit ihrem Outfit zu repräsentieren. Kaiser Napoleon selbst trug zwar Uniform, aber er liebte das prächtige Hofzeremoniell. So sah man am französischen Hof wieder Hoftrachten, die denen der vorrevolutionären Zeiten an Prunk nicht nachstanden. Die Diplomaten und Höflinge trugen wieder Kniebundhosen - meist aus hellem Satin - mit einem hohen Hosenbund, Seidenstrümpfe und Lackschuhe. Der „Frac habilé" aus Samt oder Satin hatte ein abgerundetes Vorderteil, knielange Schöße und einen hohen steifen Kragen. Dazu trug man eine kurze Weste, die ebenso wie der Frac reich mit Gold- oder Silberstickerei verziert war.

Der Dandy
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Beau Brummell

Während der Zeit des Empire und der Restauration existierten Culottes und Pantalons nebeneinander, aber letztendlich setzten sich die langen Hosen durch. Dies ist der ersten Generation der englischen Dandies zuzuschreiben, deren Urbild George Bryan "Beau" Brummell (1778-1840) war.
Der klassische Tagesanzug des Dandys war prunklos, bestach aber durch exquisite Stoffqualitäten und hervorragende Schneidertechnik. Er bestand aus einem blauen Schoßrock oder Frack mit knielangen Schößen und taillenkurzem oft zweireihig geknöpftem Oberteil. Dazu trug man gelbliche enge Hosen, die in hochglanzpolierten Stiefeln steckten, und eine dekorative Weste sowie ein weißes Hemd. Vervollständigt wurde das Outfit durch die kunstvoll gebundene Halsbinde.
Der Ur-Dandy lancierte im Grunde also den noch heute geltenden Stil der gepflegten Herrenkleidung mit Anzug, Hemd und Krawatte - (auch fiel es auf, dass er sich regelmäßig wusch, was damals noch nicht allgemein üblich war).

 Links
http://marquise.de/en/1700/menguide/18men0.shtml
http://www.historical-costumes.eu/html/empire.html
http://www.deutsches-strumpfmuseum.de/strumpfmuseum.htm
http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/hd/km/mode/index.htm
http://refuserefuse.blogspot.com/2005/05/zur-semiotik-der-mode.html
Alle Bilder: Quelle: Wikipedia gemeinfrei

 
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