50 - Wasser arrow 50 - Wasser arrow Ökosystem arrow Wassser-Fußabdruck
Amazonas, längster Fluss der Welt
                                    von Renate Wiese              
Lange Zeit galt der Nil (6.671 km) als längster Fluss der Welt, bis neuere Untersuchungen ein anderes Bild ergaben. Nach einer Veröffentlichung der Inter-American Development Bank (1994, 11) beträgt die Gesamtlänge des Amazonas-Hauptstroms 6.762 km.

Hauptstrom
Annähernd 1000 Zuflüsse und Seitenarme speisen den Hauptstrom. Das Einzugsgebiet des größten Flusssystems der Welt erstreckt sich auf gut 7,9 Mio. km². Zusammen bilden die Flüsse mit ihren Seitenarmen das größte und komplexeste hydrologische Abfluss- und Zirkulationssystem der Welt.
Illustration
Bewohner des Rio Negro

In der Sekunde fließen aus dem Amazonas im Durchschnitt 175.000 m³ Wasser in den Atlantik. Das Süßwasser, welches unaufhörlich vom Amazonas ins Meer geschoben wird, hebt sich noch 200 km von der Küste entfernt durch seine lehmigbraune Färbung vom Atlantikwasser deutlich ab. Hier können sogar Süßwasserfische leben. Der Amazonas allein führt daher über 1/6 bis 1/5 der Wassermassen aller Ströme der Erde in den Ozean ab. Er ist bei Iquitos noch 2 km breit und
hat sich bis zur Mündung auf 250 km erweitert.
Nur durch den Druck der nachfließenden Wassermassen bewegt sich der Fluss vorwärts. Ein bis zwei cm Gefälle pro km, aber die Strömung beträgt 0,5-2 m/sec.

Sommer und Winter

Das Amazonasgebiet liegt nördlich und südlich des Äquators und hat dadurch eine ganzjährige hohe Sonneneinstrahlung. Zweimal jährlich steht die Sonne über dem Äquator im Zenit.
Es existieren mehr oder weniger deutlich ausgeprägte Trocken- und Regenzeiten, die „Sommer“ bzw. „Winter“ genannt werden. Mal ist es im Gebiet der südlichen Zuflüsse Regenzeit, mal im Gebiet der nördlichen. Die jeweiligen Flüsse sorgen daher im Wechsel für großen Wasserzufluss.

Weiß-, Schwarz- oder Klarwasser
In Amazonien unterscheidet man drei Flusstypen hinsichtlich ihrer Farbe. Sie geben Aufschluss über die chemische Zusammensetzung, über die Sedimentfracht und über die Sichttiefe.
Weißwasserflüsse sind mineral- und nährstoffreich. Vor allem die westlichen Amazonaszuflüsse zählen dazu.
D
er Rio Negro als klassischer Schwarzwasserfluss hat eine Sichttiefe zwischen 1,5-2,5 m. Er gleicht schwarzem Kaffee. Die saure Zusammensetzung des Wassers ist für die meisten tierischen Organismen eher lebensfeindlich. Dadurch schützt er in diesen Gebieten vor den Malaria übertragenden Mückenschwärmen. Durch die schwarze Farbe absorbiert der Fluss einen größeren Anteil an Sonneneinstrahlung und erreicht eine Wassertemperatur von bis zu 35°C.
Klarwasserflüsse treten in Gebieten mit geringerer erosiver Kraft auf. Ihre Quellgebiete sind das Guayanamassiv und das Massiv Zentralbrasiliens. Die Sichttiefe kann extrem hoch sein.

Kurioses
Illustration
Zwei verschiedenfarbige Flüsse in einem Bett: Quelle: Fotosearch

Beim Zusammenfluss des Weißwasserflusses Solimões und des Schwarzwasserflusses Rio Negro bewirken die unterschiedlichen Zusammensetzungen die unterschiedliche Temperatur und weitere Eigenheiten, wie dass die beiden Flüsse über neun Kilometer fast unvermischt nebeneinander her fließen, trotz einer durchschnittlichen Wassertiefe von 95 m.

Zwei riesige Flüsse aus einer Quelle
Eine Besonderheit des Gewässersystems des Amazonas ist seine Verbindung zum Stromsystem des Rio Orinoco über die „Bifukation“ des Casipuiare. Bei Hochwasser verbindet diese flache Wasserscheide den Rio Negro, einen großen Nebenfluss des Amazonas und den Rio Orinoco, einen riesigen Strom, der nach Norden durch Venezuela fließt. Erforscht wurde dies vom Deutschen Alexander von Humboldt.
Der Wasserdonnerlärm:
Bei Voll- und Neumond um die Frühjahrssonnenwende rollt eine bis zu 5 m hohe Flutwelle mit einer Geschwindigkeit von über 65 Stundenkilometern landeinwärts. Hohe Wasserstände des Amazonas und die Springflut aus dem Meer treffen da zusammen .Das Donnern, welches man dann hören kann, heißt bei den Indígenas Pororocá (krachendes Wasser) oder in der Tupí-Sprache amaçunú (Wasserdonnerlärm), was dem Amazonas zu seinem Namen verholfen haben könnte.

Klimafolgen
Fast die Hälfte der Jahresniederschläge stammt aus dem Wasserdampfkreislauf, d.h. aus dem Recycling des Wasserdampfes, der von der Landoberfläche verdunstet und sofort wieder in Niederschlag umgesetzt wird, ohne den Umweg über den Abfluss zum Meer zu nehmen.
Die tropischen Tieflandregenwälder nennt man daher auch weitgehende „hygrische Selbstversorger“.
Die fortschreitende Abholzung des Regenwaldes unterbricht diesen direkten Wasserkreislauf. Die Temperatur steigt, ebenso wie der Wasserverlust durch verstärkten Abfluss. Durch die geringeren Niederschläge, die minimierte Vegetation und eine niedrigere relative Feuchte nimmt der direkte Wasserkreislauf ab und die Niederschlagsdifferenzen zwischen Trocken- und Regenzeit, sowie längere Trockenperioden können dann nicht mehr durch den kleinen Wasserdampfkreislauf ausgeglichen werden.

Quecksilber im Wasser
Nicht nur der wunderschöne Regenwald im Amazonasgebiet wird von den Menschen langsam zerstört, auch der Fluss selber wird schon lange vergiftet: Goldgräber haben in den vergangenen 10 Jahren mehr als 2000 t Quecksilber in den Amazonas geleitet. Quecksilber hat durch seine hohe Dichte die Eigenschaft, nur Gold in sich aufzunehmen; Schmutz und Schlamm bleiben außerhalb der Quecksilberkugel.

Wasserstraße
Der Amazonas ist auch heute noch Hauptverkehrsader des Amazonasgebiets, insbesondere für den Gütertransport. Die meisten Städte sind mit Linienflügen zu erreichen, diese sind jedoch für einen großen Teil der Bewohner des Amazonasgebietes nicht erschwinglich. Straßen sind während der Regenzeit meist unpassierbar.
Der Amazonas ist von der Atlantikküste bis Manaus mit Ozeanschiffen befahrbar. Selbst die Nebenflüsse, Rio Tapajos und Rio Negro, werden mit Kreuzfahrtschiffen befahren. In Manaus und inzwischen auch in einigen anderen Orten können diese großen Schiffe anlanden. Elf der dem Amazonas zufließenden Flüsse zählen selbst zu den zwanzig wasserreichsten Flüssen der Erde.

Literatur
Sioli, H. (1983): Amazonien: Grundlagen der Ökologie des größten tropischen Waldlandes.- Stuttgart.
 
Links
Amazonas
Seite von Bernd Kulow , Journalist

 
< zurück   weiter >