These 1: Wechselseitige Anerkennung

Ausgangspunkt des Workshops war die These, dass Grundlage eines Miteinanders zwischen Menschen immer deren wechselseitige Anerkennung beinhalten sollte. Gemeinsam haben die Teilnehmenden sich zunächst mit dem Begriff der wechselseitigen Anerkennung beschäftigt, um dann über Grenzen von Anerkennung zu diskutieren und Möglichkeiten zu deren Herstellung zu suchen.

Unter wechselseitiger Anerkennung verstanden die Teilnehmenden, …
… dass man die Menschen nimmt, wie sie sind;
… dass man sich auf Augenhöhe begegnet und
… dass man das Anderssein akzeptiert und als Wertschätzung empfindet.
Als weitere wichtige Aspekte werden die gegenseitige Achtung, Toleranz und Respekt genannt sowie der würdevolle Umgang miteinander (Würde des Menschen nach Grundgesetz, Art. 1). Wichtig war den Teilnehmenden auch die Wertschätzung in Familien, im Freundeskreis und das unabhängig von der Person, der Bildung, Geschlecht oder Ansichten Respekt entgegen gebracht wird. Anerkennung wird dabei letztlich als eine positive Rückmeldung und Stärkung der Identität verstanden. In der Gruppe wurde auch der Vergleich zur Förderung des Ehrenamts durch Anerkennung diskutiert.

In dem Workshop tauschten sich die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen im Zusammenhang mit Anerkennung aus, dabei wird deutlich, dass gerade die ältere Generation als Flüchtlingsgeneration nach dem 2. Weltkrieg selbst um Anerkennung kämpfen musste. Z. B. als Flüchtlinge oder Kriegsopfer aus dem Ruhrgebiet, die in ländliche Regionen zugewiesen wurde und sich dort integrieren und um Anerkennung kämpfen musste. Vergleichbar zu der Situation heute haben dabei die Menschen den Fremden aufgrund unterschiedlicher Ängste und Vorurteile Ablehnung entgegen gebracht. Ursache war meist eine tiefe Verunsicherung vor denen, die dort als Fremde hinkommen. Für wechselseitige Anerkennung müssen auf beiden Seiten Vorurteile durchbrochen und das Fremdsein überwunden werden; Anerkennung basiert dabei häufig auch auf „Leistung“.

Was dabei als Leistung empfunden wird, ist in unterschiedlichen gesellschaftlichen Situationen, je nach Wertvorstellungen verschieden. In diesem Zusammenhang diskutieren die Teilnehmenden des Werkshops die Frage, ob Anerkennung sich immer an der „Leistung im Sinne einer Leitkultur“ orientieren muss oder ob man hierbei nicht auch den Leistungsbegriff der Anderen, der Fremden, mit in den Blick nehmen müsste.

Grenzen von Anerkennung

Die Teilnehmenden formulieren ihre Grenzen von Anerkennung wie folgt:

  • das Fehlen von Gegenseitigkeit,
  • die Herabwürdigung des Anderen,
  • die negative Abgrenzung zu Anderen,
  • Gewalt-  und Hassdrohungen sowie
  • Nichteinhalten der Menschenwürde.

Dabei wird deutlich, dass gerade vor dem Hintergrund  unterschiedlicher Kulturkreise verschiedene  Maßstäbe eine Rolle spielen können und hier eindeutige Grenzen von wechselseitiger Anerkennung oft nur schwer zu formulieren sind.

In einer abschließenden Runde formulieren die Teilnehmenden noch einmal was ihnen im Bezug zur wechselseitigen Anerkennung besonders wichtig ist und was für sie für die Zukunft entsprechende Forderungen wären:
Genannt wurden die Bereitschaft zur Empathie bzw. sich auf die anderen einzulassen, Vorurteile zu durchbrechen, sich gegenseitig kennenzulernen und zu begegnen, sich gegen Herabwürdigung, Gewalt und Hass zu wehren und ein positives Menschenbild entgegenstellen.

Grundlage wechselseitiger Anerkennung, gerade auch entlang der Donau, ist das gegenseitige Kennenlernen und die Begegnung zwischen den Menschen. Hier müssen neue Erfahrungsräume entlang der Donau geschaffen werden.

Im Rahmen des Workshops hat sich aber auch gezeigt, dass der Referenzrahmen der Teilnehmenden sich häufig auf die Situation in Deutschland und Migranten bezieht und weniger auf eine gemeinsame wechselseitige Anerkennung im Donauraum. Hier müssen weitere Erfahrungen gesammelt und Begegnungen ermöglicht werden.

5 Antworten zu “These 1: Wechselseitige Anerkennung”

  1. Markus Marquard 21. April 2011 um 17:01 #

    Die Grundlage wechselseitiger Anerkennung ist das gegenseitige Kennenlernen und die Begegnung zwischen den Menschen. Was können wir dazu beitragen, dass sich die Menschen begegnen, mehr übereinander erfahren und sich besser verstehen lernen? Wo kann jede/r Einzelne ansetzen und was kann man selbst dazu beitragen?

    • Hanns Hanagarth 26. April 2011 um 23:23 #

      Große Worte: wechselseitige Anerkennung. Begeben wir uns doch einmal in die Niederungen des beruflichen Alltags. Wie sieht es denn da mit der “Wechselseitigkeit” zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern aus? Sind Lob und Anerkennung durch den Vorgesetzten wirklich gelebte Praxis?

    • Heinz Pfeiffer 27. April 2011 um 10:08 #

      Markus, auch für mich ist die Begegnung mit anderen Menschen aus anderen Ländern die Voraussetzung für ein besseres Verständnis ihrer Lebenssituation, ihres Denkens und Fühlens.
      Und ich meine, daß wir mit unseren Donauprojekten da auf dem richtigen Weg sind. Jetzt erarbeiten wir zunächst einmal die theoretischen Grundlagen für ein besseres Verständnis, indem wir die Problemen verbalisieren. Aber dann müßten auch intensive Kontakte folgen! Das ganze erfolgt zunächst im kleinen Kreis. Aber wir sollten den Schneeballeffekt nicht unterschätzen.
      Heinz

  2. Csilla Csapo 2. Mai 2011 um 23:09 #

    Ich bin der Meinung, dass die wechselseitige Anerkennung bei der Nationalität anfängt, aber durchaus mit vielen weiteren Faktoren zusammenhängt (Alter, Geschlecht,Bildung).
    Ich glaube, der erste erste Schritt, den jeder “in klein” tun soll, die Vorurteile in dem engen Umfeld abzubauen und den Menschen hinter der Nationalität, dem Alter, dem Geschlecht oder der Bildung zu sehen.

  3. Hanns Hanagarth 2. Juni 2011 um 22:53 #

    ich bin nicht der ansicht von csilla. anerkennung hat mit nationalität nichts zu tun und mit dem geschlecht auch nicht. eher im gegenteil: gerade weil der/die aus einem anderen land stammt, eine frau/ein mann ist hat er/sie einen “bonus”. und was ist mit der “bildung”? welche ist gemeint? wissen? intellekt? kultur? herzensbildung?