Erfahrungsberichte

Sprachliche Entlehnungen aus Nachbarländern

Allgemeines

Schon immer haben sich Sprachen wechselseitig beeinflusst. Sprachkontakte entstehen durch das Aufeinandertreffen verschiedener Sprachen, meistens durch geografische Nachbarschaft oder durch (friedliche) Besatzungen aufgrund vorangegangener Kriege.

Wörterwanderungen erweitern eine Sprache, machen sie lebendig und wandlungsfähig, erweitern den Wortschatz und können sich doch wieder verlieren. Während so manches fremde Wort unsere Sprache bereichert, können wir auch stolz darauf sein, dass andere Sprachen etliche Wörter von unserer Sprache entlehnen.

Ins Deutsche eingewanderte Wörter

Aus Frankreich sind besonders während der Napoleonischen Kriege eine Vielzahl von Redewendungen eingewandert, die noch meine Großmutter häufig benutzte, z. B.

Fisimatenten: „visitez ma tente!“ riefen die französischen Soldaten den Mädchen nach, während die Mütter warnten: „mach mir ja keine Fisimatenten!“

Muckefuck: mocca faux, d. h. falscher Kaffee

Kinkerlitzchen: von „quincailleries“ und vieles mehr, wie

Potpourri, Pommes frites, Puder, Trottoir, Varietee, au pair, Soße, Karamell, Arrangement.

Aus Italien haben wir viele Wörter aus der Musik, dem Bankwesen und der Esskultur  übernommen, z. B.

Musikalisch: andante, Ballett, Cello, Cembalo, Capriccio

Finanziell: Bank, bankrott, Fiasko, Giro, Konto, Porto

Kulinarisch: Bankett, Capuccino, Pasta, Pomeranze.

Aus den Niederlanden haben wir das Kontor (alte Bezeichnung für das nun  französische Büro) und die Auster übernommen, aus dem Tschechischen den Roboter, aus dem Russischen die Perestroika und aus dem Lateinischen die Kultur.

Wissenschaftliche Begriffe  entstammen entweder dem Griechischen oder dem Lateinischen. Die Technik bedient sich vielfach englischer Begriffe. Außerdem beherrschen „Anglizismen“ häufig den Wortschatz in der Finanzwelt, in der Wirtschaft, in der Mode und in den Neuen Medien.  Auch die Araber haben uns vieles hinterlassen, z. B. Algebra, Alkohol, Alkoven, Amber, Bakschisch, Balsam und vieles mehr.

Ausgewanderte Wörter

In den USA und in Russland gibt es lange deutsche Traditionen. So sind z. B. die Bratwurst und Sauerkraut sowie das Oktoberfest, ebenso wie der Poltergeist, in den USA feststehende Begriffe. Dort werden wir Deutsche auch als „Krauts“ bezeichnet. 

In Russland kennt man das „Butterbrot“, jedoch ohne Butter und den Kindergarten. Außerdem gibt es einen gemeinsamen Wortschatz: Kartoffel, Kino,  Maschinist, Motor, Park, Sekretär, Theater, Traktor.

Auch Hundekommandos werden erstaunlicherweise im Englischen und Russischen oft auf Deutsch gegeben: Hier! Platz! Hopp! Aus! Sitz! Pfui! Such!

Der Deutsche Sprachrat erweiterte die sprachliche Spurensuche in dem er in einer internationalen Ausschreibung dazu aufrief, deutsche Wörter zu nennen und dabei kurz zu beschreiben, welche Vorstellungen damit inhaltlich und emotional verbunden werden. Dazu hat der Deutsche Sprachrat mit über 6000 eingereichten „ausgewanderten Wörtern“ eine Fülle an Einsendungen, Erzählungen und Belegen aus aller Welt erhalten. So sind zusammengesetzte Wörter wie Fingerspitzengefühl, Gratwanderung, Zeitgeist, Leitmotiv typisch deutsche Wortschöpfungen, die wegen ihrer Aussagekraft von vielen Sprachen entliehen worden sind.

Fazit: Wörterwanderung ist eine weltweite Erscheinung und bereichert alle Sprachen!


Quellen:
Deutscher Duden, 21. Auflage
Deutsche Wörter in aller Welt, Gesellschaft für deutsche Sprache
„Ausgewanderte Wörter“, Rowohlt Verlag 2007


Wenn sie mit dem Autor/Autorin des Textes in Kontakt kommen möchten, wenden Sie sich bitte an leserbrief@europa-erleben.net



eingereicht von
Heidemarie Stephan
Kategorie
Sprache als Vehikel
Datum
26.11.2009


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