Grie Soß |
von Dr. Erna Subklew Natürlich ist die Soße unter diesem Namen nur in Frankfurt bekannt. Wo anders spricht man von Grüner Soße. Um sie herzustellen, braucht man traditionell nur sieben Kräuter. Aber schon in Frankfurt hat jede Familie so ihr eigenes Rezept. Grüne Soße aus Frankfurt Im März 1953 zogen wir nach Frankfurt. Wir übernahmen ein Schreibwarengeschäft und die Zweigstelle der Allgemeinen Ortskrankenkasse. Daher kamen wir sehr schnell mit vielen Frankfurtern, vor allem Frauen, in Kontakt. Damals waren die Frauen meist noch Hausfrauen. Man hatte zu dieser Zeit aber auch genug im Haushalt zu tun, denn man hatte ja noch nicht so viele elektrische Geräte, die die Arbeit erleichterten. Viele der Frauen hatten im Frühjahr, wenn sie zu uns in das Geschäft kamen, in ihren Netzen und Einkaufstaschen eigenartige längliche in Pergamentpapier gewickelte Päckchen, die mich neugierig machten. So fragte ich dann auch, was in diesem Papier drin sei. Die Antwort lautete: „Ei, wisse Sie denn nicht, da dadrin sind doch die Kräuter fir die grie Soß! Kenne Sie die nicht? Die hat doch schon die Mutter vom Geethe gemacht! Sie soll sie sogar erfunde habbe.“ Die Kräuter für die Soße So erfuhr ich denn, dass in dem Pergamentpapier sieben Kräuter für die Grüne Soße eingewickelt waren. Traditionell in Frankfurt sind das: Borretsch, Kerbel, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer, Kresse und Schnittlauch. Wenn das eine oder andere Kraut nicht so recht gediehen war, wurde es durch Spinat oder Löwenzahn ersetzt. Dass man Gänseblümchen zu dieser Zeit nahm, wie manche es sagen, glaube ich eher weniger. In Frankfurt bekam man diese Kräuter immer ganz frisch, denn im Stadtteil Oberrad gibt es viele Gärtnereien, die sich auf den Anbau dieser Kräuter spezialisiert haben. Ab Gründonnerstag rechnete man mit diesen Kräutern. Die Leute freuten sich darauf, dass es zum Gründonnerstag und das ganze Frühjahr Grüne Soße gab. War sie doch ein Zeichen dafür, dass das Jahr aufwärts ging, dass man, anstatt Kohl und Rüben, nun auch bald wieder frisches Gemüse zu essen bekam. Rezepte Wie schon gesagt, jede Familie hat so ihr eigenes Rezept, das sich ein bisschen nach dem Geldbeutel und der Gesundheit richtet. Heute mehr nach der Gesundheit, ehemals mehr nach dem Geldbeutel. Nach dem Waschen und Putzen werden die Kräuter fein gewiegt, auf keinen Fall im Mixer zerkleinert oder durch den Wolf gedreht. Dann braucht man saure Sahne, Salz, Pfeffer und Senf, verrührt alles mit einander, gibt auch noch gehackte Zwiebeln und Öl hinzu, wer will auch Buttermilch oder Quark und Knoblauch. Zum Schluss kommen noch klein gehackte Eier hinein. Dazu gibt es Quellkartoffeln, wie in Frankfurt die Pellkartoffeln heißen und hart gekochte Eier. Wenn man es noch feiner haben will, gibt es anstatt der Eier auch gekochte Ochsenbrust. Heute isst man die Soße auch mit Fisch. Ich glaube nicht, dass, als ich die Grüne Soße kennen lernte, jemand Fisch dazu aß. Aber zu dieser Zeit gab es die Grüne Soße auch nur bis zum Sommer, weil dann die Kräuter nicht mehr so zart waren und nicht wie heute das ganze Jahr. Die Oberräder Gärtner Die Frankfurter bekommen ihre Grüne Soße von den Oberräder Gärtnern. Die Kräuter, wie schon seit Jahrzehnten, werden auch heute noch schön sortiert in Pergamentpapier mit dem Aufdruck „Grüne Soße“ gerollt und beim Gemüsehändler, in der Kleinmarkthalle und den Supermärkten angeboten. Diese Gärtner haben, um den Namen „Grüne Soße“ schützen zu lassen, einen Verein gegründet und einen Antrag bei der EU gestellt, der leider noch nicht entschieden ist. Seit 2007 gibt es auch ein Denkmal für die Grüne Soße: Sieben kleine Gewächshäuser, die jeweils im Innern den Namen eines Krautes tragen. Die Geschichte der Grünen Soße Dass die Soße eine Erfindung der Frau Aja sein soll, glaubt man inzwischen nicht mehr, obwohl es überliefert ist, dass Goethe schon das Gericht gegessen hat. Von den Salsas erscheint mir ihre Herkunft auch unwahrscheinlich. Eher könnten die Hugenotten sie mitgebracht haben, weil sie in Hessen überall da besonders beliebt ist, wo es auch Ansiedlungen dieser Einwanderer gibt. Warum glauben wir nicht einfach, dass die Menschen das Bedürfnis hatten, nach dem langen Winter, etwas Frisches und Gesundes zu essen? Im Internet finden Sie viele Links für eine Grüne Soße, als Beispiel sei eine Rezeptesammlung mit zahlreichen Varianten genannt. Foto aus Wikimedia Commons, Lizenz CC by |
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