Pressebericht
SÜDWESTPRESSE Ulm vom 23. August 2004
Russische Besuchergruppe zu Gast in Ulm
Die Ulmer Uni hat ihre Zusammenarbeit in der Seniorenbildung jetzt auch auf Russland ausgeweitet. Erstmals weilt eine Besuchergruppe aus Kursk in der Stadt. Zehn Frauen und zwei Männer gewinnen eine gute Woche lang Einblicke ins deutsche Leben.
Von Jürgen Buchta
Die Reisegruppe aus Kurks beim Gang durchs Fischerviertel. (Foto: Oliver Schulz)
Kursk? Dieser Name ist bekannt geworden durch den Untergang des russischen Atom-U-Boots im Weißen Meer. Kursk, so heißt zunächst aber einmal eine Stadt. Diese Industriestadt zählt 450 000 Einwohner und liegt 530 Kilometer südlich von Moskau; zur ukrainischen Grenze ist es von dort ausgerechnet nicht mehr weit.
Dr. Galina Okorokowa und Natascha Anikina stammen aus Kursk. Galina Okorokowa ist die Rektorin der Kursker „Hochschule für Management, Wirtschaft und Business”. Natascha Anikina ist Dozentin für Deutsch. Gemeinsam mit acht weiteren Frauen und zwei Männern sind die beiden jetzt auf Einladung des Zentrums für Allgemeine wissenschaftliche Weiterbildung der Universität Ulm (Zawiw) an die Donau gekommen.
Das Motto dieses Besuchs lautet „Dialog der europäischen Kulturen” und basiert auf der Idee, durch persönliche Kontakte und gegenseitige Besuche Einblicke in andere Kulturen zu ermöglichen.
Wie kam es zu dem Kontakt zwischen Ulm und Kursk? „1998 waren Frau Anikina und ich zum 20. Internationalen Kongress der Universitäten des dritten Lebensalters in Schwäbisch Gmünd eingeladen”, berichtet Okorokowa. Dort lernten sie auch Carmen Stadelhofer vom Ulmer Zawiw kennen.
Zurück in ihrer Heimat griffen die beiden Russinnen Ideen auf, die in Schwäbisch Gmünd vermittelt wurden und riefen eine Seniorenhochschule ins Leben, an der derzeit etwa 300 Männer und Frauen in acht Fächern studieren: darunter Geschichte und Deutsch, Religion und Musik, angewandte Kunst und Gartenbau. Ein Projekt ist dem Ziel gewidmet, eine „europäische Bibliothek” auf die Beine zu stellen.
Kontakt nie abgerissen
Der Kontakt zu Carmen Stadelhofer war nie abgerissen. Ende Mai sind Ulmer Senioren-Studenten erstmals nach Kursk gefahren und waren überwältigt von der Gastfreundlichkeit, die ihnen überall begegnete. Derzeit findet der Gegenbesuch statt. „Ulm ist uns schon deshalb sympathisch, weil ein Spatz für diese Stadt steht”, erzählt Okorokowa. „Auch Kursk hat einen Vogel: die Nachtigal. Die Kursker Nachtigallen sind wegen ihres besonderen Gesangs berühmt.”
Die russische Gruppe ist am Sonntag in Deutschland angekommen. Was ist den Gästen bisher besonders aufgefallen? „Dass es in Deutschland ein unvergleichbar besseres Sozialsystem gibt als in unserer Heimat”, berichtet Anikina. Wer in Russland Rente bezieht, könne sich damit gerade noch so am Leben halten. In Deutschland aber lebten viele Menschen im überfluss.
„Es sollte doch möglich sein, dass alle Menschen überall auf der Welt in Anstand und Würde leben können.” Von diesem Ziel seien viele Menschen in Russland aber noch sehr weit entfernt.
Über das Zawiw haben die Ulmer schon seit Jahren die Chance, mit Menschen in einer ganzen Reihe europäischer Länder und in Kanada in Kontakt zu treten. Auch die neue Verbindung nach Russland werde ausgebaut, kündigte Stadelhofer an.
Ganz konkret seien Seminare zur Ausbildung von Senioren-Dozenten geplant, die von Bildungs-Einrichtungen im sachsen-anhaltinischen Merseburg, in Ulm, und in den beiden russischen Städten Kursk und Orel gemeinsam veranstaltet werden.
Info
Mitglieder dieser russischen Gruppe sind auch musikalisch aktiv. Zu ihrem ersten Konzert im Stadthaus hatten sich 250 Zuhörer eingefunden. Ein zweites Konzert steht am Sonntag auf dem Programm. Um 17 Uhr spielen sie in der evangelischen Andreaskirche in Ludwigsfeld.