Ausgabe Nr. 35                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Maß, Gewicht und Bauernregel

Unser Alltag: ein Spiegel des Mittelalters

                                                                        von Ralph Schneider

Mark und Pfennig


Kennen Sie dieses D der Kurrentschrift noch als Währungszeichen?
(Dieses Bild basiert auf dem Bild Symbol.Pfennig.png aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation.)

Vieles mit dem wir im Alltag selbstverständlich umgehen oder was uns zumindest vertraut ist, hat seine Wurzeln im Mittelalter. Diesen nachzugehen, ist sehr interessant, weil sich dadurch manches erklärt. Währungseinheiten zum Beispiel: Wussten Sie, dass die Mark ein Maß für Gold oder Silber war? Die Bezeichnung rührt von einer Markierung auf Metallbarren und ging dann als Begriff auf das Metallstück bzw. sein Gewicht über. Darüber ist auch das Pfund als Währungsbezeichnung entstanden. „One Pound Sterling“ kennen Sie alle als britische Geldeinheit, zurückgehend auf eine Silbermünze, die 1/240 eines Pfunds war. Das Zeichen £ rührt vom lateinischen Wort für Pfund: libra. Damit hängt zusammen, dass einige Leute noch die in deutscher Kurrentschrift geschriebene Abkürzung lb für 500 Gramm verwenden. Ebenfalls in Kurrent gebräuchlich gewesen: das D für Pfennig. Er hieß im Mittelalter Denar.



Weitere Währungen
Der Dinar ist heute noch in Serbien zu Hause. Erinnern Sie sich außerdem noch an die Abkürzung fl für den niederländischen Gulden? Auch dieses Kürzel kommt aus dem Mittelalter, sie bezeichnet den Florentiner Gulden (lat. florenus aureus). Wobei die Bezeichnung Gulden, Sie ahnen es sicher, eine Abwandlung des Worts Gold ist. Auch der mittelalterliche Taler findet sich heute noch: schauen Sie in den USA auf Ihre Geldscheine: der Dollar.


Der Schilling in Europa: oben 5 und 1 Schilling aus Österreich, unten links 2 Shillings aus Großbritannien (auch Florin genannt), rechts 1 Scilling aus Irland (Foto: Ralph Schneider)

Der Schilling wiederum war eine im süddeutschen Raum gebräuchliche Währungseinheit, bis vor kurzem noch in Österreich gebräuchlich und bis Anfang der 70er Jahre Untereinheit des britischen und irischen Pfunds. Sicher gehen noch weitere Währungsbezeichnungen auf das Mittelalter zurück: Suchen Sie im Internet, Sie werden sicher fündig.


Fläche und Strecke
Heute nicht mehr verwendet, aber durchaus noch bekannt: Das Flächenmaß Morgen. Diese Bezeichnung kommt tatsächlich von der Tageszeit. Es bezeichnet die Fläche, die an einem Morgen von einem Ochsen umgepflügt werden konnte. Es wurde also eine Beziehung zu einem aus der Natur bekannten Phänomen geschaffen. Auch wurden Beziehungen zu bekannten Maßen wie Körperteilen geschaffen. Zum Beispiel die Elle.


Ein öffentlich angebrachtes Maß
(Dieses Bild basiert auf dem Bild Braunschweig_Braunschweiger_Elle.jpg aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation.Der Urheber des Bildes ist Brunswyk)

Oftmals wurden die festgelegten Einheiten an öffentlicher Stelle angebracht, zum Beispiel am Rathaus, sodass alle Bewohner/-innen vom selben Maß sprechen konnten. Heute im britischen Raum noch gebräuchlich ist die Einheit Fuß. 1 foot = 30,48 cm. Allerdings ist die Maßeinheit Fuß schon vor dem Mittelalter verwendet worden. Im Mittelalter wurde sie aber in die Einheit Zoll unterteilt, ein Zoll ist dabei eine Daumenbreite. Als Inch auch heute noch verwendet.


Raummaß
Im elsässischen Pechelbronn wurde Erdöl gefunden, die Quelle ist seit 1498 belegt. Im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit wurde das Öl zunächst für medizinische Zwecke oder zum Schmieren von Wagenrädern verwendet. In Pechelbronn begann man auch, im Laufe der Jahre, das Öl in Fässer abzufüllen. Man verwendete ausgediente Heringsfässer, deren Böden zur Unterscheidung blau gestrichen wurde. Die Fässer hatten eine Größe von fast 160 Litern. Noch heute wird Erdöl in der Einheit Blue Barrel („bbl.“engl.: blaues Fass) gehandelt.
Aus dem Mittelhochdeutschen (ca. 1050 – 1350) stammt das Verb klafter im Sinne von eine Armvoll halten. Ein Klafter ist also ein Maß für das, was mit beiden Armen umfasst werden kann. Diese Einheit wird mit dem Messen von Holzstapeln in Verbindung gebracht, ein Klafter entspricht drei bis vier Raummetern Holz (regional unterschiedlich).


Bauernregeln
Im Mittelalter wurden viele Tage zu Ehren von Heiligen mit deren Namen belegt. Diese, aber auch Festtage wurden häufig mit Wetterregeln verknüpft. Denn Lesen und Schreiben konnten die Bauern im Mittelalter nicht, die Namenstage beherrschten sie aber. Wetterregeln waren für die Arbeit auf Feldern und Weinbergen natürlich schon damals von großer Bedeutung. Wetter- sowie Naturbeobachtungen liegen ihnen zugrunde. Und so sollten Mitte Mai zum Beispiel die Eisheiligen abgewartet werden bis frostempfindliche Pflanzen und Saatgut ins Freiland ausgebracht werden: „Ehe nicht Pankratius, Servatius und Bonifatius vorbei, ist nicht sicher vor Kälte der Mai.“ Bauernregeln sind auch heute noch bekannt. Doch sollte beachtet werden, dass ihr Wahrheitsgehalt regional unterschiedlich ist. Auch gibt es Verschiebungen: durch die gregorianische Kalenderreform ist der eigentlich entscheidende Tag, wie das Wetter in den kommenden Wochen wird, nicht der Siebenschläfertag 27. Juni, sondern der 7. Juli.


Spiegel
In unserem Alltag spiegelt sich das Mittelalter auch noch bei vielen anderen Gelegenheiten wider, nicht nur bei Maßen oder Wetterregeln. Zum Beispiel Ortsbezeichnungen: Der oben benannte Ort im Elsass hat seinen Namen vom dort gefundenen Erdöl. Pechelbronn ist der Brunnen des Erdpechs. Ebenso entstanden Wappen im Mittelalter. So künden noch viele von Städten und Gemeinden von ihrer Geschichte.
Auch die Pflanzenwelt hat sich im Mittelalter verändert. So brachten die Kreuzzüge verschiedene Pflanzen zu uns: Pfirsiche oder Krokusse seien genannt.
Beeinflusst wurde auch das Sozialwesen. Erste Hospize und Spitäler entstanden in dieser Zeit, eines davon ist das Hôtel Dieu in Beaune (Burgund). Auch das Stiftungswesen kam auf. Lesen Sie dazu auch den Beitrag „Ältere Menschen im Mittelalter“ von Hildegard Neufeld.
Welche Spuren finden Sie, die zurück ins Mittelalter führen?

Links
Gewichte und Maße im Mittelalter über den „verlorenen Haufen“:
http://www.der-verlorene-haufen.de/html_seiten/biblio_masse_gewichte.html

Zwei mögliche Ausgangspunkte für Recherchen über Maßeinheiten bei Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ma%C3%9Feinheit
http://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Ma%C3%9Fe_und_Gewichte

Planet Wissen: Bauernregeln – Wettervorhersagen des Volkes
http://www.planet-wissen.de/pw/
Artikel,,,,,,,EBACCCCA8D2F1319E0340003BA5E0905,,,,,,,,,,,,,,,.html

Das Wetter am Lostag:
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/21/0,1872,2039061,00.html

Heiligenlexikon mit Bauernregeln:
http://www.heiligenlexikon.de/Glossar/Bauernregeln.htm

Siehe auch den Beitrag „Die deutsche Handschrift“ in der LernCafe-Rubrik „Lernprojekte“