von Horst Glameyer
		Mauern 
		und Tore
		Wer als Tourist hier und dort noch die erhaltenen Reste einer 
		mittelalterlichen Stadtmauer oder eines Stadttores nachdenklich 
		betrachtet, wird sich vielleicht fragen, wie es sich wohl einst in ihrem 
		Schutz lebte. 
		
		
		Alte Ansicht Dinkelsbühls mit Stadttor und Stadtmauer (Quelle: 
		Wikipedia)
		
		Der bekannte Satz „Stadtluft macht frei!“ verlockte vor allem 
		Leibeigene, hier ein Leben in Freiheit zu beginnen, das jedoch kaum 
		unseren heutigen Lebensvorstellungen entsprach. Außerdem war es ein 
		Unterschied, ob die  Stadt im Frühen, Hohen oder Spätmittelalter unter 
		der Herrschaft eines weltlichen oder kirchlichen Herrn von Adel stand 
		oder als Freie Reichsstadt unter der Oberhoheit des Kaisers. Vermutlich 
		war man einfach froh, sich hinter dicken Mauern geborgen zu wissen.
		
		Äußere Gefahren
		Bauern mit ihren Familien und ihrem Gesinde waren marodierenden 
		Söldnerhorden oft schutzlos ausgeliefert, wenn sie sich nicht 
		rechtzeitig hinter die dicken Mauern einer Wehrkirche retten konnten. 
		Doch auch die Städter blickten bald mutig, bald angstvoll von ihrer 
		Stadtmauer hinab auf  herannahende Feinde. Nicht lange, und schwere 
		Rammböcke donnerten gegen die von innen verrammelten Tore.
		
		
		
		(Dieses Bild basiert auf dem Bild:
		
		Festung_Minden03.jpg aus der freien Enzyklopädie
		
		Wikipedia und steht unter der 
		
		GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Der Urheber des Bildes 
		ist Markus Schweiß.)
		
		Würden sie standhalten? Reichten die Wasser- und 
		Lebensmittelvorräte aus, um eine vielleicht monatelange Belagerung 
		durchzustehen? Handel und Handwerk hatten zu städtischem Wohlstand, ja 
		zu Reichtum geführt. Wer in Friedenszeiten tagsüber durch die Stadttore 
		ein- und ausging, konnte sich mit eigenen Augen davon überzeugen. Das 
		weckte Begehrlichkeiten bei jenen Rittern und Adligen, die unter 
		chronischem Geldmangel litten.
		
		Innere Gefahren
		Mit Einbruch der Dunkelheit wurden die Stadttore geschlossen. Fremde, 
		die zu spät kamen, mussten im Freien oder in zwielichtigen Herbergen 
		außerhalb der Mauern übernachten.
		Wahrscheinlich fällt es uns Lichtverwöhnten schwer, uns eine Stadt ohne 
		elektrische Beleuchtung vorzustellen. Immerhin konnte man des Nachts bei 
		wolkenlosem Himmel noch nicht lichtgetrübt die Sterne betrachten. Aber 
		wer im Haus oder auf der Straße etwas sehen wollte, musste einen 
		Kienspan, eine Kerze oder eine Fackel anzünden. Es war eine „feurige“ 
		Zeit, und viele Chroniken berichten von verheerenden Bränden durch 
		Blitzschlag oder unachtsamen Umgang mit offenem Feuer.
		Nicht zu vergessen: die Seuchengefahr! Mit Abwässern und Abfall nahm man 
		es nicht so genau. Die Stadtluft machte zwar frei, doch stank sie oft 
		zum Himmel.
		
		Recht und Ordnung
		Vieles war geregelt. So wurden an Markttagen vom Büttel die Gewichte 
		und Maße der Händler und Bauern geprüft, und es gab drastische Strafen 
		für Betrüger. Fahrendes Volk und Gaukler beobachtete die Obrigkeit 
		misstrauisch und sah beide ungern lange verweilen. Die Gesellschaft 
		gliederte sich in Stände. Ein jeder wusste, wo sein Platz und welche 
		Kleidung für ihn angemessen war. Man heiratete nicht einfach den Mann 
		oder die Frau, die man liebte, sondern achtete auf die standesgemäßen 
		Voraussetzungen für eine Familien- und Existenzgründung.
		
		Anstand und Moral
		Im Mittelpunkt allen Tun und Lassens  stand der christliche Glaube, 
		der sowohl Erlösung als auch ewige Verdammnis entsprechend dem 
		Lebenswandel des Einzelnen verhieß. So wurde schon zu Lebzeiten in 
		aller Öffentlichkeit an den Pranger gestellt, wer sich etwas zuschulden 
		kommen ließ, das nicht geduldet werden konnte. In Schande geriet auch 
		die Mutter mit ihrem unehelich geborenen Kind.
		
		Abgrenzungen
		Sie gab und gibt es noch heute. Die Chinesische Mauer, der römische 
		Limes, die vielen Stadtmauern im Altertum, denken wir nur an die 
		biblischen Mauern von Jericho, und im Mittelalter. Dann folgten im 20. 
		Jahrhundert die großen Grenzbefestigungen wie die französische 
		Maginot-Linie, der deutsche Westwall und die Berliner Mauer mit dem 
		sozialistischen Schutzwall der ehemaligen DDR. Nun entsteht in unserem 
		21. Jahrhundert die israelische Mauer zum Schutz vor den Palästinensern. 
		Große und kleine Gebiete wurden und werden noch immer ummauert, obwohl 
		die meisten Mauern längst verfallen oder geschleift sind.
		
		Link
		Alltag im Mittelalter
		
		http://www.wdr5.de/saeulendererde/reise/alltag/