Impressionen aus Hombroich
                                  von Lore Wagener
Das Gelände der früheren NATO-Raketenstation bei Neuss gehört heute der Kulturstiftung „Insel Hombroich“. Nun entsteht dort das Gegenteil einer Bedrohung - ein friedlicher Arbeits- und Lebensraum für Künstler, Dichter, Komponisten und Wissenschaftler - das „Raumortlabor“.

Kulturstiftung Insel Hombroich
Initiiert wurde dieses Projekt von dem ehemaligen Immobilienmakler Karl Heinrich Müller, der schon die benachbarte Museums-Insel Hombroich gestaltete. „Kunst parallel zur Natur" war Müllers Devise. 1982 hatte er die ersten Teile der Erft-Insel Hombroich erworben, dort einige Pavillons gebaut und sie mit seinen musealen Sammlerstücken gefüllt. 1995 kaufte Müller das Gelände der benachbarten NATO-Base hinzu, das zum heutigen Raumortlabor wurde. Hier können profilierte Architekten und Künstler ihre Ideen für neues Wohnen verwirklichen. Unter anderem gibt es dort ein Seminargebäude mit klosterähnlichen Übernachtungsmöglichkeiten. und passend dazu den „Klostergarten". 1996 brachte Karl Heinrich Müller seinen Besitz - also die Museumsinsel und das Raumortlabor samt Bauten und Sammlungen - in die Kulturstiftung „Insel Hombroich" ein. Mitstifter wurden der Kreis und die Stadt Neuss sowie das Land Nordrhein Westfalen.

Die Leitgedanken des Gründers
Karl Heinrich Müller wollte mit seinen Erwerbungen - im Verbund mit namhaften Künstlern - ein Gesamtkunstwerk schaffen, das Kunst, Natur und urbanes Leben miteinander verband. Er schrieb über sein erstes Projekt, die Museums-Insel:
„Die Insel duldet und wünscht neue Menschen, Frauen und Männer.
Sie lockt, verführt und nimmt ein, zwingt aber zum Dienen.
Sie huldigt dem Dürfen.
Sie vertraut dem, der ernsthaft ist.
Sie ist ein Weg, auf dem man durch unterschiedliche Versuche in unterschiedlichen Bereichen gemeinsame Erfahrungen und Ergebnisse sammelt.
Die Insel hat kaum Platz für Männlichkeit."
Der Kunst-Mäzen war ein Idealist, aber dennoch Geschäftsmann. Er sorgte dafür, dass die Stiftung heute überwiegend unabhängig ist und nur geringe Fremdmittel braucht. Müller verstand es zum Beispiel, Sponsoren zu interessieren sowie für die Instandhaltung der umfangreichen Parkanlagen eine Gruppe von Freiwilligen zu aktivieren, die immer wieder neue begeisterte Anhänger findet.

Interview mit einer freiwilligen Helferin

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Interviewpartnerin Angela

Zu den Helfern des Projekts gehört auch Angela. Sie hat sich gleich zu Beginn ihres Vorruhestandes für eine freiwillige Tätigkeit auf Hombroich entschieden und ist immer noch davon begeistert. Ich habe sie um ein Interview gebeten und sie zunächst gefragt, warum das so ist.
Angela sagte: „Ich liebe die Museumsinsel seit langem. Sie ist für mich ein wunderbares Stück Natur und Kultur, in das ich mich immer wieder gerne zurückgezogen habe, um neue Kraft für den beruflichen Alltag zu schöpfen. Jetzt nutze ich die Gelegenheit, etwas davon zurückzugeben. So behalte ich auch die „Erdhaftung". Kopflastige Arbeit hatte ich genug. Ich habe hier viele interessante Menschen getroffen und die gemeinsame Arbeit in und an der Natur macht mir Spaß, obwohl es manchmal anstrengend ist. Im Museumspark nehmen wir zum Beispiel den Kampf mit den üppig wuchernden Brenn-Nesseln auf, schneiden Bäume oder ernten Obst. Und eine kleine Gruppe betreut auch Besucher im Klostergarten."

LernCafe: Gab es vor der Raketenstation dort schon eine klösterliche Tradition?
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Klostergarten Hombroich

Angela: „Nein, aber die Entstehungsgeschichte des Gartens ist für Hombroich typisch. Der Plan, die Tradition alter Klostergärten mit der Kultur östlicher Meditationsgärten in einem offenen Versuch zu verbinden, existierte schon lange. Etwa 2004 legte der auf der Raketenstation arbeitende Künstler Katsuhito Nishikawa seinen Entwurf vor. Die Förderer der Stiftung stellten dann innerhalb von zwei Jahren die Finanzierung sicher und konnten so 2006 Karl Heinrich Müller zu seinem 70. Geburtstag mit dem spruchreifen Gartenmodell erfreuen. Bereits im Juni 2007 wurde dann zur Einweihung geladen.
Wegen der übergroßen Kaninchenplage auf der Raketenstation hatte man den Garten mit einer hohen und tief in die Erde eingelassenen Mauer aus poliertem Beton umgeben. Als Vorlage für die Anordnung der Beete wählte man das „Labyrinth der Weltliebe" (Labyrinthus Mundani amoris), das der Franziskaner Matteo Silvaggi 1542 in Venedig auf einem Holzschnitt dargestellt hatte."

LernCafe: Welche Bedeutung hat der Klostergarten für das Raumortlabor?
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Calendula

Angela: „Bei einem „Labor" denkt man unwillkürlich an Neonlicht, Retorten und blanke Fliesen. Von all dem hat der Garten nichts. Er gilt als „offener Versuch." Wir freiwilligen Helfer ermöglichen in den Sommermonaten seine Öffnung an zwei Tagen. Aber wir machen keine Führungen. Der Besucher soll innerhalb der Gartenmauern Ruhe finden und die Natur mit allen Sinnen erfahren. Er soll schauen, riechen, ertasten und schmecken, was der Garten ihm bietet. Deshalb gibt es hier - wie bereits auf der Museumsinsel - nirgendwo Hinweisschilder. Die wären nur störend und ablenkend. Fragen beantworten wir natürlich gern, aber ansonsten wollen wir die Besucher ungestört lassen.
Das 330 Quadratmeter große Gelände wird überwiegend von einem angestellten Gärtner der Stiftung und zwei Gehilfen betreut. Sie experimentieren mit Pflanzen aus aller Welt, die hier heimisch gemacht werden sollen. Vorwiegend sind es die alten Kulturpflanzen, wobei jegliche Giftspritze verpönt ist - auch bei kranken Pflanzen."

LernCafe: Was gibt es da zu sehen?
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australische Malve

Angela: „Der kleine Garten ist nicht als Massen-Attraktion geeignet. Hier muss ich den Gründer zitieren: „Das Inselgeschehen war nie voraussehbar. Es kam Vielfältiges unter ein Dach, von unsichtbarer Haut zusammengehalten, ein Netz von Menschen, Vorstellungen und Arbeit, ....Vielleicht ist die Insel nur zu erleben, nicht zu beschreiben." In diesem Sinne gestaltet sich auch das bunte Gemisch in unserem Garten. Neben verschiedenen Kräutern gedeihen hier Obst und Gemüse, aber auch seltene und exotische Pflanzen einträchtig nebeneinander. Die mediterranen Pflanzen stehen auf einem Granulat, das ihnen die nötige Wärme bietet, die übrigen auf normaler Gartenerde. Irgendwo gibt es immer etwas Blühendes oder etwas zur Ernte. Viele unserer Künstler bringen aus ihrer Heimat neue Samen mit. So gedeihen hier zum Beispiel der thailändische Pfefferstrauch oder der japanische Rettich Wasabi. Aber auch alte heimische Obstsorten, die nahezu verschwunden waren, werden hier gepflegt."

LernCafe: Uns interessieren besonders die Kräuter
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Echinacea

Angela: „Ja, da wachsen mehrere Sorten Tee, wie Minze und Salbei, auch der peruanische Salbei mit den pechschwarzen Blüten, ebenso die Verbenen oder der griechische Bergtee sowie Stevia, das Süßkraut aus Südamerika. Neben vielen üblichen Sorten sieht man auch Exemplare der in Mode gekommenen Heilkräuter Echinacea und von Umckaloabo, der Kapland-Pelargonie.
Ebenso kann man die Ranken der Yamswurzeln betrachten, von denen es über 600 unterschiedliche Arten gibt, die seit Jahrhunderten in Asien, Afrika und Amerika als Gemüse gegessen werden. Wir kennen sie nur in Yamswurzel-Kapseln, die den Hormonwechsel bei Frauen harmonisieren sollen. Auch den Mönchspfeffer haben wir, der früher der Sage nach in die Strohsäcke der Mönche kam. Küchenfans können viele verschiedene Tomatensorten bewundern, unter anderem die Ur-Tomate und die blau blühende sehr stachelige Litchi-Tomate, auch unterschiedlichste Sorten von Salaten, wie den Eisperlensalat oder den Portulak."

LernCafe: Nutzt man diese Gaben der Natur irgendwie?
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Arbeitsgalerie

Angela: „Eine kommerzielle Nutzung gibt es nicht. Einige Sachen gehen an die Restauration auf der Insel, andere werden verschenkt. In unserer freiwilligen Gartengruppe haben wir auch eine Apothekerin, die regelmäßig in den Garten kommt und uns zeigt, wie man die verschiedenen Kräuter trocknet oder alkoholische oder ölhaltige Auszüge davon macht. Hierfür nutzen wir die praktische Arbeitsgalerie, die sich an der Südseite der Mauer befindet. Es ist sehr interessant und ich habe schon viel gelernt. Die Ergebnisse unserer Arbeit werden dann ebenfalls verwendet. Weggeworfen wird nichts.
Ich muss sagen, der Klostergarten ist mir inzwischen sehr ans Herz gewachsen und ich werde ihn vermissen, wenn er im November geschlossen wird. Aber im nächsten Frühjahr ist er vermutlich wieder jeden Donnerstag und jeden Sonntag für Besucher geöffnet. Bis dahin gibt es für die freiwillige Gartengruppe auf der Insel noch genug zu tun."

LernCafe: Vielen Dank für das Gespräch. Hast du als gute Köchin vielleicht noch ein passendes Kräuter-Rezept für uns?
Angela: „Gerne verrate ich euch mein Rezept für 4 Portionen
Pesto Genovese
Zutaten:
2 Bund frisches Basilikum
75 g Pinienkerne
4 Knoblauchzehen
1 Messerspitze Salz
1/8 l bestes Olivenöl
je 65 g frisch geriebenen Parmesan und Pecorinokäse
Zubereitung:
Basilikum abspülen und gründlich trocken tupfen, die Blätter von den Stielen zupfen, in Streifen schneiden. Zusammen mit den Pinienkernen, den geschälten und grob gehackten Knoblauchzehen und dem Salz im Mörser zu einer feinen Paste zerstoßen oder im Mixer pürieren. In einer Schüssel tropfenweise Öl unterschlagen, so dass eine mayonnaiseähnliche Soße entsteht. Zum Schluss mit dem wirklich frisch geriebenen Käse mischen.
Die Soße passt besonders gut zu Tagliatelle oder Fettuccine, die ganz frisch gekocht und heiß sein müssen."

Links
Raumortlabor Hombroich - im Museum Ludwig Köln

Klostergarten Hombroich

Matthaeus Sylvagius oder Matteo Silvaggi

Alle Bilder: Angela


 
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