Aus dem Garten der Sprache
                                von Roswitha Ludwig
Beim Kochen verwendet man Lebensmittel, beim Sprechen Worte. Die Ergebnisse können von unterschiedlicher Qualität sein. Kochkünstler und Sprachkünstler schaffen kulinarische oder sprachliche Köstlichkeiten. Hier geht es um Sprachbilder.

In der Kürze liegt die Würze
Im „Garten der Sprache" lassen sich Bilder, Redewendungen, Vergleiche aufspüren, vielerlei wie im Kräutergarten. Dessen Pflanzen werden schon Tausende von Jahren genutzt von Menschen, die in verschiedenen Regionen leben und verschiedenen Religionen anhängen. Nicht nach Rezepten sondern nach dem Sprachgebrauch wird gefragt. Dabei soll ansatzweise Ursprung und Bedeutungswandel berücksichtigt werden. So erschließt sich die Lebendigkeit der Sprache in einer Dynamik, die nicht zum Stillstand kommt, solange die Sprachgemeinschaft kommuniziert.
Bildhafte Vergleiche fordern zur Übertragung auf. Was zum geflügelten Wort, zur Redewendung oder zum Sprichwort wird, signalisiert verbreitetes Einverständnis. „In der Kürze liegt die Würze", deshalb Schluss mit der Theorie.
Dieser Ausdruck hat seinen Ursprung nicht in der Küche sondern auf der Bühne. In Shakespeares Tragödie „Hamlet, Prinz von Dänemark", sagt der Prinz: „Weil Kürze denn des Witzes Seele ist, ...fass ich mich kurz."

Potpourri der Bildhaftigkeit
Wir blenden uns ein in das kommunale Herbstfest der Gemeinde XX. Wer am öffentlichen Leben interessiert ist und gerne die Mitbürger trifft, ist erschienen. Der Bürgermeister betritt den Rednerplatz für die kurze Ansprache. Er begrüßt die einzelnen Gruppen und lobt das aktive Vereinswesen. Alle Aktiven hier am Ort seien einfach das Salz in der Suppe. Besonders erwähnt er die Ehrenamtlichen. Seit dem letzten Neujahrsempfang tragen sie ein eigens gestiftetes Lorbeerblatt am Revers. Er lobt sie, zählt alle Betätigungsbereiche auf. Sie seien Stützen im Kindergarten, unverzichtbar bei Altenbesuchen, prägend für die Gemeinde. „Süßholz raspeln nenne ich das", flüstert ein Dekorierter einem andern zu. Sogleich lauschen sie weiter. Es gelte, noch mehr Senioren zu mobilisieren. Alle müssten sich einbringen, niemand dürfe sich auf seinen Lorbeeren ausruhen.

Da liegt der Hase im Pfeffer
Erwähnen müsse er noch die Laienbühne, diese würde sicherlich wieder ihr Weihnachtsstück aufführen. Doch dieses Mal ohne Zuschuss, ohne diesen Wermutstropfen gehe es im Krisenjahr nicht. Der anwesende Spielleiter erschrickt, fast erstarrt er zur Salzsäule. Der Auftrag für die teuren Kostüme ist doch schon vergeben.
Das Ende der Ansprache leitet zum angenehmeren Teil des Abends über. Der Amtsträger kündigt eine „Brotzeit" an. Weißwurst mit Senf, das sei ihm auch lieber, als wenn jeder zu den angekündigten Grausamkeiten seinen Senf dazugeben müsse.
Dann schreitet er zum Bierfass, bevor er ansticht, ruft er: „Hopfen und Malz, Gott erhalt`s!" Er trifft beim ersten Schlag, greift zum gefüllten Glas, kostet zufrieden und fügt an: „Und kommt Ihr, liebe Mitbürger/Innen, niemals auf die Idee, in XX sei Hopfen und Malz verloren. Die Bundespolitik darf uns nicht weiter knebeln. Mehrbelastungen werden vor allem in Berlin verfügt. Da liegt der Hase im Pfeffer. Doch wir sind wir. Prost auf unser Wohl!"

Petersilie mit Erotik
An die 5000 Jahre ist diese Gewürzpflanze nachzuweisen. Neben ihrer Würzeigenschaft wurde sie zum Sinnträger, wie andere auch. Mit der Sage, die Petersilie sei durch die Verschmelzung des Knaben Peter als Wurzel mit dem Mädchen Siele als grünes Kraut entstanden, deutet sich erotische Bedeutung an.
Ein Kinderreim lautet:
"Petersilie Suppenkraut wächst in unserm Garten.
Uns`re ... ist die Braut, kann nicht länger warten.
Hinter einem Holderbusch gab sie ihrem ... einen Kuss."
Mit den Namen lassen sich natürlich paarweise Personen zusammen bringen.
Doch es kommt schärfer, wenn man den Satz hinterfragt:
"Petersilie hilft dem Mann aufs Pferd, den Frauen unter die Erd`".
Dies verweist darauf, dass Männer durch das Verspeisen von Petersilie ihre sexuellen Gelüste anregten und Frauen das Kraut für Abtreibungen nutzten. Eine Petersielenstraße, die es z.B. in Lübeck gibt, wurde den „leichten Mädchen" zugeordnet, weil dort viel Petersilie gebraucht wurde.

Daphnes Lorbeeren
Was haben die mit Lorbeeren Geschmückten mit der griechischen Nymphe Daphne zu tun - Herrscher, militärische Befehlshaber, Dichterfürsten und weitere Verdienstvolle? Dieser Nymphe wurden in der griechischen Mythologie die für den Mittelmeerraum typischen Lorbeerbäume zugeordnet. Als Apoll sie sehnsuchtsvoll verfolgte - sozusagen hinter ihr her war - verwandelte sie sich in einen Lorbeerbaum. Seitdem trug er einen Lorbeerkranz und die ihm geweihten Orte wurden mit Lorbeeren bepflanzt. Der bekränzte Apoll, der Schöne, der Kämpfende, der Siegreiche, wurde zum Vorbild der Großen.

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Schillerdenkmal Stuttgart; Foto G. Stuber (privat)

Wer auf erreichten Höhen von seinem Eifer ablässt, ruht sich auf seinen Lorbeeren aus. Das sagte man schon von römischen Soldaten, die sich nur noch für die reifen Beeren als Gewürz für die Wurst interessierten.
Im frühen Christentum bettete man die Toten auf immergrüne Lorbeerblätter, ein Symbol für die Unvergänglichkeit. Von Laureus (lat.) leitet sich Baccalaureat und Bachelor ab, Stufen bei Universitätsabschlüssen.

Pfeffer und Salz
Salz ist das wichtigste Gewürz - unverzichtbar für die Ernährung. Jesus gebraucht für seine Anhänger das Bild: „Ihr seid das Salz der Erde", alles durchdringend sollten sie wirken. Etwas ist so wichtig wie das Salz in der Suppe. Und wem die Suppe gründlich versalzen wird, dem werden Erschwernisse aufgeladen. Der verliebte Koch dagegen versalzte einst die Suppe als Aphrodisiakum, doch vielleicht war er auch gedanklich abwesend. An das Einzugsgeschenk Brot und Salz wird der Wunsch geknüpft, es möge nie daran fehlen.
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Pfeffer und Salz Foto Bäckerei Flegel freigegeben

Das kostbare und begehrte Gewürz des Mittelalters war Pfeffer, das Gewürz schlechthin. Man liebte seine Schärfe.
Wer eine gepfeffert bekommt, wird von dieser Ohrfeige Spuren davontragen und die Höhe der gepfefferten Rechnung schmerzt auf andere Weise. Den Aussteller derselben wünscht man dahin, wo der Pfeffer wächst, in unendliche Ferne. Pfeffer im Hintern haben ganz unruhige und temperamentvolle Menschen. Der Hase im Pfeffer liegt zum Braten vorbereitet in der Marinade (Beize).

Ausdrücke - Schimpfwörter
Die reichen Kaufleute, ob in Hamburg oder Nürnberg, nannte man Pfeffersäcke. Sie wurden wegen ihres Reichtums bewundert und oft wegen der Wucherpreise verachtet.
Kümmelspalter sind pedantische und übergenaue Menschen. Sie verwenden unheimliche Anstrengungen auf die kleinsten und nebensächlichsten Dinge.
Die Zimtzicke als Bezeichnung ist durchaus gebräuchlich. Selbstbewusste Frauengruppen benutzen den ursprünglichen Schimpfnamen. Zicke, zickig führt zu Ziege. Aber was hat das gerne unkontrolliert herumhüpfende Tier mit Zimt zu tun? Nichts, denn das Wort Zimt wurde in einer zweiten Bedeutung gebraucht: Unsinn, Unfug.
Das verwerfliche Schimpfwort Kümmeltürke ist gar nicht so jung. Es hat seinen Ursprung bereits im 18. Jahrhundert in der Gegend von Halle, wo Kümmel angebaut wurde. Die Studenten aus der Nähe nannte man so. Die Bezeichnung Türkei gab man verschiedenen Gegenden, die man als nicht besonders attraktiv ansah.

Es gibt noch mancherlei Überraschendes zu entdecken.

Anmerkung:
Weil aufspürendes Lesen gewünscht wird, sind die angeführten Beispiele nicht mit Anführungszeichen gekennzeichnet.

Links und Literatur:
Wortschatz

Redensarten

Redensarten-Index


Hansjörg Küster: Kleine Kulturgeschichte der Gewürze; Ein Lexikon von Anis bis Zimt, München 1997


 
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