von Erna Subklew
Ob heute noch viele Schüler über die Herkunft
des Wortes Europa Bescheid wissen, kann ich nicht sagen. Dass es für meine
Generation ein Muss war, wenn wir in der fünften Klasse Geschichtsunterricht
erhielten, ist aber sicher.
Europa
Inzwischen weiß man, dass die alten Sagen und Mythen sehr viel historisches
Wissen, verpackt in Erzählungen, von längst vergangenen Zeiten Kunde geben.
So auch die Sage von Zeus und Europa und wie Europa zur Bezeichnung eines
ganzen Erdteils wurde.
Die Sage von der schönen Europa taucht das erste Mal in der Ilias auf, einige
Jahrhunderte vor der Zeitrechnung und ist immer wieder, auch bei anderen
Schriftstellern, mehr oder minder ausgeschmückt zu finden. Das Bild der schönen
Europa finden wir auf Vasen, Fresken und Mosaiken. Ihr Andenken dauerte auf
jeden Fall länger als das der heutigen Stars.
Europa war die wunderschöne Tochter des Königs von Phönizien (heute Libanon und
Syrien) Agenor. Sie war so schön, dass der Ruf ihrer Schönheit auch bis zu Zeus
drang.
Nun wissen wir, dass Zeus sich keine schöne Frau entgehen ließ und natürlich
wollte er auch Europa besitzen, musste es aber so anstellen, dass seine Frau
Hera nichts davon erfuhr.
Text 200 Jahre vor Christi Geburt
Europa und der Stier, Pompeii
Europa sprang nun empor und suchte die lieben Gefährten, Altersgenossinnen.
Hin zu den Wiesen gingen sie, wo zueinander gesammelt sie pflegten zu wandeln.
Aber sie sollten nicht lang' an Blumen das Herz sich erlaben,
und nicht der Jungfrau Gürtel, den unverletzten bewahren,
denn als ihrer gewahrte Kronion (Zeus), wie bebte das Herz ihm!
Europas Entführung
Die Entführung war gar nicht so einfach, denn Europa war meist von ihren Gespielinnen
umgeben, die sie abschirmten.
Eines Tages, als sie Rosen pflückte, sah sich Europa von einer Herde von
Stieren umgeben. Einer davon war ganz weiß und sein Fell so zart, dass die
Prinzessin überhaupt keine Angst vor ihm hatte und ihm ihre Blumen zu fressen
gab. Es war Zeus, der sich ihr in dieser Form näherte. Sie setzte sich auf den
Rücken des Stieres, der sich wie ein kleiner Hund vor ihr ins Gras gelegt
hatte. In diesem Augenblick erhob sich der weiße Stier, lief mit Europa zum
Wasser, warf sich hinein und schwamm mit ihr nach Kreta. Dort verwandelte er
sich in die Gestalt von Zeus zurück.
Auf Kreta wird Europa von Zeus geschwängert, gebiert ihm drei Söhne und
heiratet den König von Kreta, der auch ihre Söhne adoptiert. (Nach Ovid:
Metamorphosen)
Interpretation der Sage
Klaus Dieckmann interpretiert diese Sage so:
Europa als phönizische Prinzessin gehörte einem Volke an, das kulturell sehr
hochstehend war. Die Phönizier hatten überall in der damals bekannten Welt
Handelsniederlassungen gegründet, darunter auch in Kreta.
Sie verwendeten bereits eine Laut-Buchstabenschrift, als man in Ägypten noch
die Keilschrift gebrauchte. Dieckmann meint, dass die Griechen wesentlich
länger zum Aufbau ihrer Kultur gebraucht hätten, wenn sie nicht den Kontakt zu
den Phöniziern gehabt hätten. Griechische Gelehrte, sprich Philosophen,
übernahmen das Wissen der semitischen Völker und bauten es weiter aus. Auf
Kreta trafen Abendland und Morgenland aufeinander und bildeten eine fruchtbare
Symbiose.
Im Hebräischen bedeutet der Name Europa: Abend - Westen.
Links
Der Ursprung Europas
Europa im Überblick
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