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Das letzte Jahrtausend

Josef H. Reichholf
Professor für Zoologie an der Zoologischen Staatssammlung in München

Seite 11 - 59

Moderation: Maria Burkard

Dieser Vortrag ist kein Schnelldurchlauf durch die Geschichte, wie es der Titel eventuell nahe legen könnte. Reichholf geht von einer historisch-ökologischen Fragestellung aus. Er will einen "humanökologischen Rückblick" skizzieren und dabei untersuchen, inwieweit Witterungsverlauf und Klima das Leben der Menschen beeinflusst haben und hofft, so Aussagen über die zukünftige Entwicklung zu gewinnen.

"Natürlich ist die Gegenwart selbst nichts anderes als das momentane Zwischenprodukt von Prozessen, die in der Vergangenheit angefangen haben und seit mehr oder minder langen Zeiten schon im Laufen sind." (S. 13)

Reichholf ist Naturwissenschaftler, und so liegt es nahe, dass er seine Ausführungen durch zahlreiche Messdaten und Tabellen untermauert.
Seit etwa 1750 gibt es regelmäßige Temperaturmessungen und Wetteraufzeichnungen. Wo gesicherten Daten fehlen, greift er auf Berichte und die "Archive der Natur" (Pollenkörner, Pflanzen u.a.) zurück. Er unterstreicht an mehreren Stellen, dass Klimaveränderungen nicht ausschließlich Erscheinungen unserer Zeit sind.

"Zusammenfassend ergibt sich das Bild einer langzeitlichen starken Fluktuation des Klimas in den letzten zwei bis zweieinhalb Millionen Jahren, dessen Ausschläge als Kaltzeiten (Eiszeiten) und Warmzeiten (Zwischeneiszeiten) zu bezeichnen sind." (S 17)

Reichholf schildert die klimatischen Veränderungen und setzt sie in Bezug zu historischen Veränderungen. An mehreren Stellen wiederholt er seine Kernthesen:

Es gibt "klare Zusammenhänge zwischen den großen Veränderungen in Lebensweise und Kultur der Menschen und dem Klima". (S.17)
"Die Umweltveränderungen waren mitbestimmend für den Gang der Geschichte". (S.20)

So bestehe ein Zusammenhang zwischen der Übergangsphase von der Kalt - zur Warmzeit und dem Übergang vom altsteinzeitlichen Jäger - und Sammler - Dasein der Menschen zu seiner Sesshaftigkeit.

Je genauere Klimaaufzeichnungen vorhanden sind, desto detaillierter werden auch die Verweise auf die Besonderheiten der Humangeschichte. Römerzeit und Völkerwanderung werden auf einer halben Seite, das Mittelalter auf 8 Seiten und die Neuzeit auf 19 Seiten abgehandelt.

Reichholf räumt zwar ein, dass Kampf um Macht und Einfluss stets das "Kernstück" des als historisch bezeichneten Geschehens sind. Er sieht dahinter aber andere Gegebenheiten als äußerst wirksam an: vor allem die "Ressourcen" an Menschen, an produktivem Land und an Bodenschätzen. Der weitaus wichtigste Faktor ist das Bevölkerungswachstum, das von der Nahrungsversorgung und somit von den klimatischen Bedingungen abhängt.
An vielen Beispielen wird ein Zusammenhang zwischen historischen Ereignissen und der jeweiligen Klimasituation hergestellt. So werden z. B. die Wikingerzüge und auch Etablierung des Frankenreiches mit einer Zunahme der Bevölkerung erklärt.

Das Ende des Mittelalters und die Reformation erklärt er in engem Zusammenhang mit der Klimaverschlechterung und dem Ende der Wärmephase im 16. und 17 Jahrhundert. Ohne das Anwachsen der Bevölkerung und die Ressourcenverknappung wäre das Zeitalter der Entdeckungen nicht denkbar.
Der Autor untersucht nicht nur entscheidende Ereignisse, sondern erwähnt auch weniger Bekanntes: Nur durch die "kleine Eiszeit" (etwa 1550 - 18509) und der damit verbundenen Möglichkeit Eiskeller anzulegen, konnte in Mitteleuropa das Bier sich gegenüber dem Wein als übliches Getränk durchsetzen. Auch die Märchen von Kindern, die sich im kalten Wald verliefen und hungerten, lassen sich durch Klimaverschlechterungen erklären.
Die beiden heute für die Ernährung so wichtigen Nutzpflanzen Mais und Kartoffel, konnten erst dann in Europa heimisch werden, als sich die klimatischen Bedingungen entsprechend gebessert hatten.

Nach diesen und zahlreichen anderen Beispielen beschäftigt sich Reicholf mit der Globalisierung.Ihren Beginn setzt er an mit dem Ausgreifen Russlands nach Osten und Westen, also mit der Suche nach einem eisfreien Hafen einerseits und mit der Eroberung und Besiedlung Amerikas durch die Europäer andererseits.

"Die Gegenwart stellt kaum mehr als ein Nachspiel zu dieser Globalisierung dar, die schon seit 4 Jahrhunderten im Gang ist und ihren Höhepunkt, was die Natur betrifft, längst überschritten hat". (S.44)

So wie für Reichholf die Globalisierung keine Erscheinung unserer Zeit ist, so sieht er auch keine grundlegenden klimatischen Veränderungen in unserem Jahrhundert. Die Tabelle auf Seite 45 beweist, dass die Erwärmung des Klimas bereits im 18. Jahrhundert begonnen hat.

"Über die letzten 200 Jahre ergibt sich für den »Sommerdurchschnitt« keine Tendenz, wohl aber für die Winter". (S.46)

Der letzte Abschnitt des Textes trägt den Titel:
Die Gegenwart, die Naturkatastrophen und die Zukunft.
Reicholf weist darauf hin, dass neben dem Hauptfaktor der globalen Erwärmung, dem CO2 oft die Bedeutung des Methan übersehen wird. Es wird von den über 6 Milliarden Menschen und der erheblich größeren Zahl an Säugetieren in die Atmosphäre abgegeben. Ebenso dürfe nicht übersehen werden, dass ein Faktor, den wir nicht beeinflussen können, nämlich der Vulkanismus, schon häufig die Ursache von Naturkatastrophen war. Durch Daten und Tabellen beweist Reicholf, dass es heute nicht mehr Naturkatastrophen als in früheren Zeiten gibt. Das gilt sowohl für das Hochwasser als auch für die Stürme und Sturmfluten.
Daraus zieht er diese Schlussfolgerung:
" Das Klima war nie wirklich «stabil», die ökologischen Bedingungen haben sich über die Jahrhunderte und Jahrtausende verändert, und es lässt sich kein >&baquo;richtiger Zustand» ausmachen oder gar festlegen, in dem die Erde und ihr Klima &baquo;in Ordnung» waren" (S.55).
Er hält es dennoch für wichtig, dass die Menschen unserer Zeit sich entsprechend ihrer Erkenntnis von den Zusammenhängen ihres eigenen Wirkens und den Veränderungen in der Natur verantwortungsvoll verhalten.
"Der Pflicht, erkennbare Schäden zu beheben oder im Ansatz zu bekämpfen, enthebt uns dies alles nicht. Denn heute wissen wir mehr, viel mehr, als zu jeder anderen Zeit Das Wissen ist es, das zu Verantwortung verpflichtet." (S. 56)

Fragen:
  • Lassen sich durch die Rückblicke wirklich Aussagen über die zukünftige Entwicklung gewinnen?
  • Sind die Wirkmechanismen, die zwischen den klimatischen Veränderungen und den geschichtlichen Ereignissen gezogen werden, wirklich so nachvollziehen?
  • Werden hier nicht durch einen Naturwissenschaftler wesentliche Aspekte menschlichen Lebens vernachlässigt? Diese Frage lässt sich wahrscheinlich nur an einzelnen Ereignissen überprüfen.