Lily Braun (Amalie von Kretschman)

Autorin: Erdmute Dietmann-Beckert

Lily Braun
Quelle:

WikiMedia

Licence:

gemeinfrei,
Für den Autor, siehe [Public domain], via Wikimedia Commons

Heimat:
Deutschland

Geboren:
02.07.1865 in Halberstadt

Gestorben:
08. 08. 1916 in Berlin

Wirkungsbereiche:
Frauenrecht, Literatur, Politik
Gleiche Rechte für alle, Männer und Frauen; Freiheit der Überzeugung; Sicherung der Existenz; Frieden der Völker…
Aus: Memoiren einer Sozialistin. Lehrjahre. Berlin 1908, S. 434.

Warum halte ich die Frau für bedeutend?

Lily Braun ist eine bürgerliche Frauenrechtlerin. Als SPD-Mitglied wird sie, die Bürgerliche, nicht eigentlich anerkannt. Sie setzt sich für das Frauenwahlrecht ein. Sie sieht die Probleme der Arbeiterinnen, aber kennt sie nicht aus eigener Erfahrung. Dass sie sich für den Krieg begeistert, ist nur aus der allgemeinen politischen Stimmung der Menschen um die Jahrhundertwende zu verstehen. Die Ernüchterung der Bevölkerung hat sie durch ihren frühen Tod nicht mehr erlebt.

Biographie

Amalie von Kretschman, später Lily Braun, ist die Tochter eines preußischen Generals. Die formale Bildung erhält sie zu Hause. In ihrer bildungsbürgerlichen Familie lernt sie die Literatur kennen. Bis zu ihrem fünfundzwanzigsten Lebensjahr lebt sie ihren Vergnügungen, auch wenn ihr die soziale Ungerechtigkeit nicht verborgen bleibt und sie nicht unberührt lässt.

Als der Vater beim preußischen König in Ungnade fällt und entlassen wird, zieht die Familie nach Berlin. Lily will sich unabhängig von der Familie machen und heiratet 1893 Georg von Gizycki, Professor für Philosophie. Durch ihn kommt sie in sozialistische Kreise. Gizycki sympathisiert mit der SPD, ist aber kein Mitglied. Lily beteiligt sich mit Artikeln für die Zeitschrift Ethische Kultur und begegnet der bürgerlichen Frauenbewegung. Nach nur zwei Jahren stirbt ihr Mann.

Lily wird Mitarbeiterin bei Minna Cauer und schreibt für deren Zeitschrift Frauenwohl. Im Bunde deutscher progressiver Frauenvereine (BDF) kommt sie in den Vorstand. Sie heiratet den Journalisten Heinrich Braun und wird Mutter eines Sohnes. Sie wird Mitglied in der SPD. Nach Jahren der Mitarbeit in der Partei resigniert sie und zieht sich allmählich zurück. Sie widmet sich der Schriftstellerei. Von 1910 an kränkelt sie und stirbt, gerade einmal einundfünfzig Jahre alt.

Parteimitglied und Schriftstellerin

Lily Braun tritt 1896 in die Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD) ein. Die proletarischen Frauen begegnen ihr eher distanziert. Sie hat neben Clara Zetkin keine Chance, in den Vorstand gewählt zu werden.

Beim Internationalen Kongress für Frauenwerke und Frauenbestrebungen 1896 in Berlin wird eine Woche lang über den Stand der Frauenbewegung in den verschiedenen Ländern diskutiert. In einer Debatte kommt es zum Schlagabtausch. Es geht um die Kooperation zwischen bürgerlichen Frauen und Arbeiterinnen und die damit verbundene Problematik. Den ausländischen Teilnehmerinnen bleiben die Probleme unverständlich, denn in den nordischen Ländern gelingt die Zusammenarbeit.

Lily Braun vermittelt zwischen den deutschen Parteien und den Ausländerinnen und erklärt diesen die besondere Situation in Deutschland. Minna Cauer, die Leiterin der Versammlung, will ebenfalls die Wogen glätten und lobt die Berichte, die über den Kongress und die verhandelten Themen berichtet haben. Dazu schreibt Ute Gerhard: „Die Frauenbewegung ist mit dieser Auseinandersetzung „in der deutschen Öffentlichkeit angekommen“.

Lily Braun macht noch einmal einen Versuch, die bürgerliche mit der proletarischen Frauenbewegung zu verbinden. Sie ist eine mitreißende Rednerin, findet aber keine Unterstützung. Sie ist enttäuscht und zieht sich zurück.

Um das Einkommen zu verbessern, beginnt sie zu schreiben. Die Veröffentlichung ihres Buchs Die Frauenfrage findet großes Interesse, sie stellt eine Verbindung her zwischen der Frauenbewegung ihrer Zeit und der historischen; von Olympe de Gouges und Mary Wollstonecraft bis zu ihrer Gegenwart. Dazu zitiert und analysiert sie statistisches und empirisches Material. August Bebel empfiehlt das Buch, „weil es in der Literatur über die Frauenfrage einen der ersten Plätze einnehme“.

Später bringt Lily Braun ihre zweibändige Autobiographie Die Memoiren einer Sozialistin heraus. Die zeitgenössischen Leserinnen erkennen die darin enthaltene Kritik an Clara Zetkin. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs erscheint das Buch Die Frauen und der Krieg, ein euphorischer Aufruf an die Frauen, Mütter zukünftiger Söhne zu werden.

Bibliographie

  • Badia, Gilbert. Clara Zetkin. Eine neuen Biographie. Berlin 1994.
  • Braun, Lily. Memoiren einer Sozialistin. Lehrjahre. Ges. Werke Zweiter Band. Berlin 1908.
  • Gerhard Ute. Frauenbewegung und Feminismus. München 2009.
  • Stolten, J. Lily Braun. In: Schultz, H. J. (Hrsg.) Frauenporträts aus zwei Jahrhunderten. Stuttgart 1981.

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