Verlorene Orte - Wüstungen
von Anne Pöttgen
Die Website Harz-Saale
Fensterhöhlen; Quelle: Birk Ecke
Die Website Harz-Saale wird in privater Initiative betrieben. Sie
erhebt, wie ihr Verfasser schreibt, nicht den Anspruch, ein kompletter
Reiseführer oder eine wissenschaftliche Arbeit für die Region Ostharz
und Saale zu sein.Sie bietet aber ausführliche Informationen über das
Mansfelder Land, das mitten in Deutschland liegt und doch heute ein
wenig im Abseits.
Ich habe mir einen Teil dieser Website angesehen, nämlich die Seiten
über fast vergessene, „Verlorene Orte“. Schließlich heißt das
Thema dieser Ausgabe Erinnern und Vergessen.
Links finden Sie wie immer im letzten Abschnitt.
Wüstungen
Was versteht man unter Wüstungen? Es ist eine Bezeichnung für ganz
oder teilweise verlassene Siedlungen oder aufgegebene landwirtschaftlich
genutzte Gebiete. Es gibt sie überall und aus allen Zeiten.
Neben den Orts- gibt es die Flurwüstungen. Ortswüstungen entstanden zum
Teil dadurch, dass ihre Bewohner in Großdörfer umsiedelten.
Flurwüstungen sind aufgegebene Felder und Wiesen, deren Erträge
möglicherweise nicht mehr ausreichten. Die meisten Wüstungen in
Deutschland entstanden in der Zeit vom Ende des 14. bis zur Mitte des
15. Jahrhunderts. Dieser verhältnismäßig kurze Zeitraum legt ein
besonderes Ereignis als Grund nahe, man denke an Klimaänderungen, die so
genannte „Kleine Eiszeit“.
Auch in unserer Zeit entstehen Wüstungen. Etwa durch Grenzänderungen
infolge von Kriegen. Gerade wird aus Sachsen berichtet, dass viele
Dörfer ihre Bewohner verlieren.
Theorien
Es gibt unterschiedliche Theorien über die Entstehung von Wüstungen in
Deutschland. Häufig wird die Pest des späten Mittelalters als Grund
genannt, doch gibt es viele Wüstungen, die aus der Zeit vor der ersten
Pestwelle im vierzehnten Jahrhundert stammen. Sinkende Agrarpreise und
zu hohe Abgaben an die Feudalherren, so eine der Theorien, hatten die
landwirtschaftlichen Einkommen so verringert, dass die Bauern es
vorzogen, in die neu gegründeten Städte zu ziehen.
Auch dürfen die Klimaschwankungen im Mittelalter nicht außer Acht
gelassen werden. Für das Gebiet, über das hier berichtet wird, liegt auf
den Seiten über die Verlorenen Orte eine Statistik über Wetteranomalien
vor. In den günstigeren Zeiten hat man auch in Gegenden gerodet und
gesiedelt, deren Bewirtschaftung sich nach dem Ende der wärmeren Periode
nicht mehr lohnte.
Die Wüstung Lichthagen
Wüstung Lichthagen; Quelle: Birk Ecke
Oft weiß man heute nicht einmal den richtigen Namen eines Verlorenen
Ortes. Im Falle von Lichthagen im Mansfelder Land könnte der Name auch
Lichtenhain gewesen sein. Hagen und Hain haben ja – als Wald – die
gleiche Bedeutung. Lichthagen war zu seiner Zeit sogar ein Pfarrdorf, zu
dem insgesamt neun Dörfer gehörten. Bis auf eines sind alle ebenfalls
Wüstungen; Lichthagen gilt seit 1533 als wüst gefallen.
Einige wenige Relikte deuten auf die genaue Lage des Ortes hin: An die
Kirche erinnert ein kleiner Steinhaufen, ein größerer Sandstein könnte
der Taufstein oder ein Gerichtsstein sein, eine Vertiefung im Waldboden
der ehemalige Dorfteich.
Die Wüstung Volkmannrode
Gerichtshütte Volkmannrode; Quelle: Birk Ecke
Auch dieser Ort hatte mehrere Nebenorte, die heute wüst sind. Hier
wurden Orte aufgegeben, die Felder, Wiesen und Waldanteile dagegen von
einem anderen größeren Dorf aus weiter bewirtschaftet. Auch einer der
Gründe, warum Ortswüstungen entstanden.
Spärliche Turmreste haben den Namen „Wüste Kirche Volkmannrode“
erhalten. Daneben steht heute noch eine Gerichtshütte aus dem 16.
Jahrhundert, die die bäuerliche Gerichtsstätte „Rügegericht Volkmannrode“
beherbergte. Steuern und Abgaben der Bauern wurden hier festgelegt und
Nachbarschaftsstreitigkeiten verhandelt. Kirchenruine, Gerichtshütte und
Gerichtslinde stehen heute als Flächendenkmal unter Naturschutz. Eine
Erinnerung an eine fast vergessene Form der Gerichtsbarkeit. Das
Rügegericht lebt heute nur noch als Brauchtum weiter. Ein Link dazu im
letzten Abschnitt.
Schloss Eisleben und die
Kuppenburg
Das Schloss Eisleben, so
wird es heute im Volksmund genannt, wurde langsam zum Verlorenen Ort.
Bei einem großen Brand im Jahre 1601 wurde es schwer beschädigt und
danach nicht wieder aufgebaut. 1881 wurden die Ruinen abgetragen, es
blieb nur der Bergfried. 1969 wurde auch er abgerissen.
Als das Schloss Eisleben noch eine Burg war, gehörte es zum Besitz der
Grafen Salm-Luxemburg, später als Residenz dem Grafenhaus
Mansfeld-Vorderort-Eisleben.
Über die Große Kuppenburg gibt es eigentlich gar nichts Konkretes zu
sagen. Zu erkennen sind heute nur Wallreste und Bodenvertiefungen, es
gibt weder Mauerreste noch Bodenfunde.
Das eine – Schloss Eisleben – ist also gut dokumentiert aber völlig
verloren, das andere – die Große Kuppenburg – eine Sage, die durch das
Bodendenkmal belegt ist.
Andere verlorene Orte
Viele der Burgen im
Mansfelder Land leben nur noch als Einträge in alte Urkunden weiter.
Andere dienten den umliegenden Dörfern als Steinbrüche. Die Mamburg
oberhalb der Ortschaft Hettstedt dagegen musste dem
Kupferschieferbergbau weichen, der hier seit dem Mittelalter betrieben
wurde. Vielleicht hatte sie zunächst zum Schutz der wertvollen Bergwerke
gedient, ist aber irgendwann überflüssig geworden.
So geht es auch heute noch vielen Dörfern und kleinen Städten, die dem
Braunkohlenabbau im Wege sind. Beispiele finden sich im Westen im
Rheinischen Braunkohlengebiet sowie im Osten Deutschlands in der
Lausitz.
Links
http://www.harz-saale.de/Impressionen/Verlorene_Orte/verlorene_orte.html
Der Fasching hat das Rügegericht übernommen:
http://www.ausseerland.at/index.php?open=/kat/245kat.php
Klimaschwankungen der letzten tausend Jahre:
http://www.iac.ethz.ch/people/stefanbr/teaching/vorlesung1/
klimaschwankungen_41.pdf