Dr. theol. Eugen
Drewermann
Die
Neurologie und die Frage nach Gott
von Horst Glameyer
Zur Person
Der
bekannte katholische Theologe, Psychotherapeut und Schriftsteller Dr.
theol. Eugen Drewermann wurde am 20.6.1940 in Bergkamen geboren. Er
lehrte von 1979 bis 1991 als Dozent für Dogmatik an der Katholischen
Theologischen Fakultät Paderborn. Unter seinen zahlreichen
Veröffentlichungen erregte sein kritisches Buch „Kleriker, Psychogramm
eines Ideals“, das 1989 erschien, in der Amtskirche beträchtlichen
Anstoß, so dass ihm 1991 Lehrverbot und 1992 auch Predigtverbot erteilt
wurde. Es folgte die Suspendierung vom Priesteramt. An seinem 65.
Geburtstag im Jahr 2005 trat er aus der katholischen Kirche aus.
In seinen sorgfältig recherchierten und durchaus einfühlsam
geschriebenen Werken setzt er sich u.a. für den Weltfrieden und den
Tierschutz ein.
Auf der Suche
nach der menschlichen Seele
Schon in der Einleitung seines jüngsten, 2006 im Düsseldorfer
Patmos-Verlag erschienenen Buches „Atem des Lebens Die moderne
Neurologie und die Frage nach Gott – 1. Band: Das Gehirn. Grundlagen und
Erkenntnisse der Hirnforschung“ (weitere Bände sollen folgen) setzt sich
Eugen Drewermann mit den theologischen Lehren zur Entstehung und
Unsterblichkeit der menschlichen Seele auseinander. Er wendet sich dann
mit großer Ausführlichkeit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen der
Hirnforschung zu, in denen eine Seele im Sinne von Theologie und
Philosophie nicht zu entdecken ist, so bewundernswert die Entwicklung
des menschlichen Gehirns und Nervensystems im Laufe der
Evolutionsgeschichte auch sein mag. Drewermann verschweigt dabei auch
keineswegs die qualvollen Tierversuche, die er häufig als vermeidbar
kritisiert, mit denen viele dieser Erkenntnisse gewonnen wurden.
Neurologie contra Philosophie und Theologie
Die Erkenntnisse der modernen Neurologie sowie anderer
Naturwissenschaften und deren Umsetzung geraten nicht selten in
Widerspruch zu philosophischen Aussagen und religiösen Offenbarungen. So
schreibt Eugen Drewermann in „Atem des Lebens“ auf Seite 287:
‘... wenn wir vom „Geist“ (des Menschen oder gar Gottes) sprechen, so
begegnen wir den ersten Erscheinungen geistiger Tätigkeit in Form von
Lernen und Erinnern bereits in den Anfängen der Entwicklung der
Metazoen [vielzellige Tiere, die echte Gewebe bilden, d. V.], und
wir können das, was wir dort zu sehen bekommen, nicht von dem abtrennen,
was wir selbst sind.- Welche Folgerungen sich ethisch aus dieser
Einsicht für den Umgang mit eben den Lebewesen ergeben sollten, die uns
selber ermöglicht haben,
müsste eigentlich auf der Hand liegen, selbst wenn es im
Wissenschaftsbetrieb unserer Tage kaum Beachtung findet.‘
Wie aber ist es um die Seele bestellt?
Giovanni Guareschi schrieb 1948 in seinen Geschichten von „Don Camillo
und Peppone“, die seinerzeit mit Fernandel und Gino Cervi verfilmt
wurden, wie der Dorfarzt einem kommunistischen Handwerker vorschlägt,
ihm gegen entsprechende Bezahlung seine Seele zu verkaufen. Da der
Handwerker davon überzeugt sei, keine Seele zu besitzen, wäre es für ihn
doch ein gutes Geschäft. Er bekäme Geld für nichts und brauche dem
Käufer nur eine Quittung über die verkaufte Seele auszustellen. Der
eigentümliche Handel wird getätigt. Aber nach einiger Zeit lässt es dem
Handwerker keine Ruhe, und er verlangt gegen Rückgabe des Geldes die
Quittung und damit zugleich seine anscheinend oder scheinbar nicht
existierende Seele zurück.
Ist der Mensch nur eine Maschine?
Trotz der ausführlich beschriebenen biochemischen und
elektrophysikalischen Vorgänge im Gehirn des Menschen sieht Drewermann
im Menschen nicht, wie der französische Arzt und Philosoph Julien Offray
de La Mettrie (1709 – 1751) in seiner Schrift „L’homme machine“ („Der
Mensch als Maschine“) aus dem Jahre 1748 behauptete, nur eine sich
selbst steuernde Maschine, sondern ein lebendiges Wesen.
Verantwortung übernehmen
Auf Seite 298 seines Buches ist zu lesen: ‚Die Konsequenz des „reduktionistischen“
Erklärungsmodells der Neurologie führt durchaus nicht zu einer
unmittelbar „materialistischen“ Auffassung der persönlichen
Lebensgestaltung; im Gegenteil! Gerade wenn wir buchstäblich vor Augen
gestellt bekommen, wie Synapsen (Umschaltstelle zwischen
Nervenfortsätzen, an der nervöse Reize von einem Neuron auf ein anderes
weitergeleitet werden, d. V.) zahlreicher werden im Falle geistiger
Betätigung und wie sie zurückgeschnitten werden bei geistiger
Untätigkeit, ergibt sich daraus ein ganz neues ungeahntes Moment der
Verantwortung für den Zustand unseres Gehirns. (...) Wie, wenn uns
Menschen einzig der „Geist“ „artgerecht“ wäre?‘
Links
www.lfs.bsb-muenchen.de
http://home.rhein-zeitung.de/a>
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