Ökumene
von Hildegard Neufeld
Der Anfang
Das griechiche Wort „Oikoumene“
bezeichnet die von Menschen bewohnte Erde. Heute versteht man unter
Ökumene die ganze christliche Welt und die Bemühungen, die durch
Kirchenspaltungen getrennten Christen verschiedener Konfessionen
zusammenzuführen, um auf der Grundlage des gemeinsamen christlichen
Glaubens zusammenzuarbeiten.
Die ökumenische Bewegung nahm ihren Anfang in den reformatorischen
Kirchen und festigte sich vor allem im 20.Jh. Es kam zu
interkonfessionellen Zusammenschlüssen und weltweiten Arbeits- und
Aktionsgemeinschaften von Christen und Kirchen.
Weltkirchenrat
Im Jahre 1948 wurde in Amsterdam der „Ökumenische Rat der Kirchen“ (ÖRK),
der auch kurz als „Weltkirchenrat“ bezeichnet wird, gegründet. Der ÖRK
hat seinen Sitz in Genf und ist eine Art Dachverband verschiedener
Kirchen und Gemeinschaften. Oberstes Organ des ÖRK ist die
Vollversammlung, die alle sieben Jahre zusammentritt. Ihre Aufgabe
besteht vor allem darin, Anregungen zu geben, die Gemeinschaft der
Kirchen zu fördern und zu vertiefen, den christlichen Dienst der Kirchen
zu fördern und sich für Frieden und Gerechtigkeit sowie für die
Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.
Mitglieder im ÖRK
Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von mittlerweile 348 Kirchen in über
120 Ländern auf allen Kontinenten. Über 400 Millionen Christen sind im
ÖRK vereinigt. Zum ÖRK gehören die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen,
zahlreiche Kirchen aus den historischen Traditionen der protestantischen
Reformation wie Anglikaner, Baptisten, Lutheraner, Methodisten und
Reformierte, sowie viele vereinigte und unabhängige Kirchen.
Zu Gründungsbeginn waren es vor allem europäische und nordamerikanische
Kirchen, die eine Mitgliedschaft eingingen. Heute sind es hauptsächlich
Kirchen in Afrika, Asien, in der Karibik, in Lateinamerika, dem Nahen
und Mittleren Osten sowie dem pazifischen Raum.
Die römisch-katholische Kirche gehört dem ÖRK nicht an, arbeitet aber in
verschiedenen Arbeitsbereichen mit.
Charta Oecumenica
Die Charta Oecumenica enthält Leitlinien für die wachsende
Zusammenarbeit unter den Kirchen Europas. Sie wurde vom Rat der
Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) und von der Konferenz
Europäischer Kirchen (KEK) beschlossen und am 22.04.2001 in Straßburg
unterzeichnet. Inzwischen ist sie von Kirchen, Gemeinden und
ökumenischen Gruppen in vielen europäischen Ländern angenommen worden
und hat dort das ökumenische Zusammenleben gefördert.
Die Charta Oecumenica besteht aus 12 ökumenischen Leitlinien. Diese
befassen sich mit der Einheit der Kirchen, ihrer Zusammenarbeit und
ihrem gesellschaftlichen Auftrag in Europa und dem Verhältnis zu den
anderen Religionen. Ihre Besonderheit besteht in der Selbstverpflichtung
der europäischen Kirchen und ökumenischen Organisationen, die dafür
verantwortlich sind, dass die ökumenischen Leitlinien im Miteinander mit
Leben erfüllt werden.
Vereinbarungen
zu ökumenischen Partnerschaften zwischen Kirchen- und Pfarrgemeinden
berücksichtigen die Leitlinien der Charta Öcumenica in ihrem
verbindlichen Text.
Die Vereinbarung über eine ökumenische Partnerschaft zwischen
Evangelischen Kirchengemeinden, katholischen Pfarrgemeinden und der
Evangelischen Mennonitengemeinde hat z.B. folgenden Wortlaut:
Ökumenische Gemeindepartnerschaft
- will Selbstgenügsamkeit überwinden und ökumenische Gemeinschaft
verbindlich gestalten
- schafft Raum für Begegnungen, Dialog und Zusammenarbeit
- bedeutet, gemeinsam das Evangelium durch Wort und Tat zu verkündigen
- findet ihren Ausdruck im gemeinsamen Gottesdienst
- bedeutet karitativen und diakonischen Einsatz sowie soziale und
öffentliche Verantwortung
- unterstützt konfessionsverbindende Ehen und Familien
- entfaltet sich in hilfreichen Strukturen
- ist ein offener Prozess.
Gottesdienste
„Wir vereinbaren, in regelmäßigen Abständen im Verlauf des Kirchenjahres
miteinander ökumenische Gottesdienste zu feiern (z.B.
Wort-Gottes-Feiern, meditative Andachten, Taizé-Gebete,
Schulgottesdienste), und verpflichten uns, füreinander und miteinander
zu beten“, lautet die Ziff.4 der Rahmenvereinbarung der
Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen in Deutschland (ACK),
Region Südwest. Wie wirkt sich dies in der Praxis aus?
Es hat sich eine Vielfalt von Konzepten, Initiativen und Aktionen
herausgebildet, teils durch die unterschiedlichen Situationen bzw.
Gegebenheiten bedingt. Ein Beispiel:
Im Dom zu Wetzlar teilten sich seit der Reformation Katholiken und
Protestanten eine Kirche, getrennt durch den Lettner. Die einen beteten
vorn im Chor, die anderen hinten im Schiff. Im 2.Weltkrieg zerstörte ein
Bombenangriff den Lettner und beide Orgeln.
Es wurde nur eine Orgel gestiftet, aber sie führte – zumal nun auch
kein Lettner die Kirchenbesucher trennte -- beide Gemeinden zusammen.
Soziale Dienste
„Wir wollen uns gegenseitig in unserem karitativen und diakonischen
Dienst helfen. Wir verpflichten uns, in größtmöglicher Gemeinsamkeit
unsere soziale und öffentliche Verantwortung wahrzunehmen“, lautet Ziff.
5 der Rahmenvereinbarung der ACK Region Südwest.
In zahlreichen bundesweiten Gemeinden wird ökumenische Zusammenarbeit
bereits seit langem praktiziert. So berichtet beispielsweise die
Ökumenische Sozialstation Bendorf-Vallendar e.V.: „Die Gründung der
Ökumenischen Sozialstation im Jahre 1975 beruht auf einer Initiative der
katholischen und evangelischen Kirchengemeinden im Bereich Bendorf und
Vallendar.“
Neue Initiativen und Projekte werden in Städten und Orten weiterhin
entwickelt und im Geiste der Ökumene in gemeinsamer Partnerschaft der
Kirchengemeinden getragen.
Zusammenfassung
Ökumene realisiert sich in
vielen konkreten Handlungen und Initiativen. Ökumenische Gottesdienste
für Christen verschiedener Konfessionen, die gemeinsame Nutzung von
Kirchenräumen, die in der Vergangenheit nur Christen einer Konfession
vorbehalten waren, und soziales Engagement, das von verschiedenen
Kirchengemeinden unterschiedlicher Glaubensrichtungen gemeinsam getragen
wird, sind nur einige Beispiele und diese Beispiele nehmen zu.
Die ökumenische Bewegung verändert sich. Neue Formen ökumenischen
Engagements entwickeln sich ebenso wie die stetig zunehmenden
ökumenischen Einrichtungen, Initiativen und Aktionen. Ein
weltumspannendes ökumenisches Netzwerk ist entstanden, in dem ein
vielfältiger Austausch stattfindet, ein Austausch auf dem bereits
eingeschlagenen Weg mit dem Ziel: das Trennende zu überwinden und das
Verbindende zu unterstützen, zu fördern und zu bewahren.
Links:
http://www.ekd.de/oekumene/oekumene.html
http://www.katholisch.de
http://www.ack-suedwest.de
http://www.ekir.de/ack-sw/
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