Ausgabe Nr. 37                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Religion und Gesellschaft

                                                                    von Manfred Mätzke

Wegen der Fülle von Themen, die hier eine Rolle spielen, will ich nur einige subjektiv ausgewählte aktuelle Beispiele vorstellen. (So wie eine schwangere Frau plötzlich auf Schritt und Tritt andere Frauen mit Baby und Kinderwagen sieht, bin ich nämlich in den letzten Wochen sehr häufig über Aspekte zum Zusammenhang von Religion und Gesellschaft gestolpert.)

Beispiel „Kirchenblatt“

screenshot der Website

Ist Ihnen chrismon schon mal begegnet? „Das evangelische Magazin“, so der Untertitel,  erscheint monatlich und liegt überregional täglich und wöchentlich erscheinenden Zeitungen bei. Kostenfrei. Wenn Sie die Zeitschrift durchblättern – und ich empfehle es unabhängig von der religiösen Anschauung – treffen Sie auf interessante und nachdenkenswerte Artikel. Die sind natürlich zumeist der konfessionellen Herkunft des Blattes verpflichtet. Aber unaufdringlich und verständlich. Für mich ein Beispiel gezielter kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit.

Beispiel Politik
Professor Heinrich de Wall, Kirchenrechtler von der Universität Erlangen-Nürnberg anlässlich eines Adventsempfangs: „Das Thema „Religion in der Öffentlichkeit“ hat Konjunktur. Um dies zu belegen, brauche ich nur einige Stichworte der politischen Diskussion des vergangenen Jahres zu nennen: Kopftuchstreit, Mohammed Karikaturen, Islamkonferenz, Strafbarkeit der Gotteslästerung.“ All dies sind Themen, die das Verhältnis vom Staat zur Religion betreffen.“ Weiteres lässt sich ergänzen, etwa der Aufruhr nach der Regensburger Rede von Papst Benedikt bei einigen Vertretern des Islam ist noch in Erinnerung. Die Debatte um die Absage und spätere Zusage der Opern-Aufführung von Mozarts Idomeneo in Berlin. Die Diskussion um die Aufnahme des Gottesbezuges in die Präambel der Europäischen Verfassung.

Beispiel Öffentlichkeit
Alle genannten Themen werden natürlich von den Medien aufgegriffen und verhandelt. Damit wohl auch vervielfacht, vielleicht sogar verzerrt. M. a. W.: Aus allen Medienrohren schießen religionsbezogene Themen, der Konsument geht in Deckung und kann nur selektiv wahrnehmen. Denn weitere Rohre sind in Stellung, Gesundheitsreform, Koalitionsstreit, älter werdende Gesellschaft etc. ist ihre Munition. Dazu kommen noch Ereignisse, die von vornherein auf mediale Wirkung abzielen: Etwa Kirchentage, der Weltjugendtag 2005 in Köln oder als Höhepunkt der Papstbesuch. Was bedeutet das für uns Medienkonsumenten? Ich meine, die Vermittlung von Medienkompetenz ist erforderlich. An Kinder, aber auch an Erwachsene.


Beispiel Ethikrat

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Im Januar ging das Schicksal der in ihrem Wachstum künstlich gebremsten Ashley durch die Presse. Das geistig und körperlich schwer behinderte und unheilbare Mädchen wird dazu mit Hormonen behandelt. Das inzwischen neunjährige Mädchen wird so auf dem Entwicklungsstand einer Sechsjährigen gehalten, damit es angemessen gepflegt werden kann. Ein anderes Beispiel, das schwerwiegende ethische Fragen in die Öffentlichkeit brachte, war der Fall der Komapatientin Terri S. im letzten Jahr. Und schon lange beschäftigen uns die ethischen Fragen der Stammzellenforschung. Weiter Beispiele lassen sich finden. Diese Art Themen ist es, die 2001 zur Einrichtung eines Nationalen Ethikrates führte. „Er soll den interdisziplinären Diskurs von Naturwissenschaften, Medizin, Theologie und Philosophie, Sozial- und Rechtswissenschaften bündeln und Stellung nehmen zu ethischen Fragen neuer Entwicklungen auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften sowie zu deren Folgen für Individuum und Gesellschaft.“  Natürlich sind im Ethikrat auch theologische Belange repräsentiert.

Beispiel Wissenschaft
Mit den Fragen der Religion befasst sich die Religionswissenschaft. Sie untersucht eine Vielzahl von Religionen in ihrem jeweiligen historischen und kulturellen Umfeld verfolgt. Dabei wird aber nicht ein bestimmtes religiöses Programm wie etwa die Suche nach der einen Wahrheit in den Kulturen der Menschheit verfolgt. Religionswissenschaftler können im Journalismus oder in den Bereichen Verlagswesen, Kulturmanagement und Verbände tätig sein und in die Öffentlichkeit wirken. Natürlich melden sich auch Vertreter anderer Fachrichtungen zu Wort und erzeugen Turbulenzen in den Fachzeitschriften, aber auch in den Feuilletons:

Beispiele Jürgen Habermas und Jan Assmann
1. In seiner 2005 erschienenen Aufsatzsammlung „Zwischen Naturalismus und Religion“ empfiehlt Jürgen Habermas das Ende eines strikten Säkularismus. In dem Text „Religion in der Öffentlichkeit“ rät er dem säkularen Bürger, aus den Beiträgen ihrer religiösen Mitbürger zu lernen. Ausgerechnet Habermas, der Vertreter religionsfreier Aufklärung. Warum? Der liberale Staat habe ein Interesse "an der Freigabe religiöser Stimmen in der politischen Öffentlichkeit". Weil er nicht wissen könne, "ob sich die säkulare Gesellschaft sonst von wichtigen Ressourcen der Sinnstiftung" abschneide.
2.  In „Der Spiegel“ Nr. 52 von 2006 gibt der Heidelberger Orientalist Jan Assmann ein Interview, das den Titel trägt: „Eine neue Form der Gewalt (…) über die Intoleranz der monotheistischen Religionen.“ Außerdem wurden im Titelthema über Echnaton als Begründer des Monotheismus Aussagen von ihm verwendet. Das brachte ihm einen Antisemitismusvorwurf von Micha Brumlik ein.  In verschiedenen öffentlichen Äußerungen, konnte Assman darlegen, dass die von ihm behandelte Thematik des mit Religion verbundenen Gewaltproblems überaus komplex sei. Sich für eine populärwissenschaftliche Darstellung also nur bedingt eigne. Laut Assmann verrühre der Artikel seine These in einer ungenießbaren und antisemitischen Suppe.

Heidelberger Symposium

Screenshot der Website

Mit vielen aktuellen Themen zu Religion und Gesellschaft beschäftigt sich der „Heidelberger Club“ in seinem Symposium 2007. Angeregt von dem neuen Interesse an Religion, will es eine Fülle von Fragen behandeln, die sich daraus ergeben. Und sie in einen interdisziplinären Gesamtzusammenhang stellen.
Der „Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur e.V.“ ist eine unabhängige Studenteninitiative, die bereits beachtliche Aktivitäten entwickelt hat. Veranstaltungsort werden Räume der Universität und ein großes Zelt auf dem Universitätsplatz sein. Termin ist der 10. bis 12. Mai. Das Organisationsteam steht schon, Einzelheiten müssen noch mit den (vermutlich wieder) zahlreichen Referenten festgelegt werden.

Weiterführende Links
chrismon als Online-Magazin
http://www.chrismon.de/

Zu Öffentlichkeitsarbeit und Medienkompetenz
http://www.akademie-rs.de/ro.html
http://www.ekkw.de/einrichtungen/medien.html
http://www.heise.de/newsticker/meldung/72484
http://www.die-bonn.de/zeitschrift/22003/hugger03_01.htm

Vortrag von Heinrich de Wall  über die 6. Nachricht („Adventsempfang“) unter
http://www.ekkw.de/aktuell/archiv_2650.html

Zum Ethikrat
http://www.ethikrat.org/

Zwei Themen aus der Religionswissenschaft
http://www.uni-heidelberg.de/presse/ruca/ruca2_2001/ahn.html
 „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus.“
http://www.br-online.de/alpha/campus/vor0502/20050202.shtml

Zu Habermas und Assmann
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=8850&ausgabe=200512
http://www.wams.de/data/2005/12/18/819604.html?s=1
http://spiegelkritik.de/2007/01/05/offener-leserbrief-assmann-distanziert-sich/

Heidelberger Club
www.heidelberger-symposium.de

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