Ausgabe Nr. 37                         Online-Journal zur allgemeinen Weiterbildung älterer Erwachsener
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Interview zu Pilgerwegen
Bus/Fußwallfahrt Jakobsweg
                                                                    von Hildegard Keller

Vorbemerkung
Im zweimonatigen Rhythmus treffe ich mich mit einer Gruppe zur Bearbeitung eines Themas.
Bei einer dieser Gruppenabende wirkte Karins begeisterter Bericht über ihre Erlebnisse auf der Fußwallfahrt des Jakobsweges ansteckend. Ich fasste den Entschluss, ein Interview mit den Organisatoren der Pilgerwallfahrt für das Lerncafe in die Wege zu leiten. Der Kontakt mit den Herren Schneller und Dillmann war bald hergestellt.

Herr Schneller organisiert Buswallfahrten für den Jakobsweg,


Herr Dillmann Fußwallfahrten.


Bus-/Fußwallfahrt Jakobsweg
Die Buswallfahrten
Herr Schneller, was veranlasste Sie, Bus-Pilgerreisen zu organisieren?

Antwort
Seit 1968 bin ich in der weltweit bekannten und verbreiteten „Cursillo-Bewegung“ engagiert. Sie entstand auf Mallorca im Umfeld einer Pilgerschaft junger Christen nach Santiago de Compostela.
Mit meiner Frau beschloss ich, vor allem die spirituelle Dimension des Jakobsweges zu fördern. Bestärkt wurden wir dabei u. a. durch den Europarat in Straßburg, der den Jakobsweg 1987 zur „Kulturstraße Nummer Eins in Europaerklärte.
Wir wollten den Jakobsweg für Menschen erschließen, die aus körperlichen und zeitlichen Gründen eine Fußwallfahrt nicht bewältigen können. Wirkliche Pilgerschaft ist keinesfalls nur eine Sache der Füße. Es ist vor allem eine Sache des Herzens. Die Fußwallfahrt ist zwar eine Hochform der Wallfahrt; doch auch unsere Bus-Pilger erfahren die Mystik des Weges und des Unterwegsseins.

Vor der Santiago-Kirche in Sangüsea/Navarra

Die Fußwallfahrten
Herr Dillmann, was veranlasste Sie, Fußwallfahrten für den Jakobsweg zu organisieren?

Antwort
Wie Herr Schneller fand ich durch die Cursillo-Bewegung und das Cursillo-Haus St. Jakobus in Oberdischingen Gleichgesinnte, deren Anliegen es ist
den Glauben weitergeben, ganzheitliche Erfahrungen vermitteln und Mut zu neuem Aufbruch schenken.
Bei einer Festveranstaltung anlässlich des Patroziniums des hl. Jakobus (25. Juli) kam der Gedanke auf, mit 7 Gruppen eine Fußwallfahrt in Etappen von Ulm bis zum Bodensee (ca. 20 km) zu machen.
Jede Gruppe ging ihre Wegstrecke mit je einem Begleiter.
Aus dieser Erfahrung heraus fanden sich ehrenamtliche Betreuer, die in verschiedenen Angeboten sowohl Ein- als auch Mehrtages-Wallfahrten unternehmen.

Die Vorbereitung:
Innerer Weg - Realer Weg

Cursillohaus St. Jakobus Oberdischingen

Herr Sch. wie  verläuft die Vorbereitung auf eine Wallfahrt?

Antwort
Ich würde sagen, bei der Vorbereitung von Pilgerreisen gibt es die Vorbereitung des inneren Weges und des realen Weges.
In unserem Cursillo-Haus St. Jakobus gibt es u. a. auch Seminare für Pilger und Begleiter. Sie sind sehr gut besucht und beliebt als Motivationshilfen.
Unsere „Geistlichen Pilgerreisen“ nach Santiago de Compostela wurden vor allem durch Werbung von Mensch zu Mensch bald in ganz Deutschland bekannt, so dass die Reisetermine meist schon ein Jahr im Voraus ausgebucht waren bzw. sind.

Herr Dillmann, gilt das auch für die Fußwallfahrten?

Antwort.
Ja, die Vorbereitungen machen alle Pilger und Pilgerbegleiter gemeinsam im Cursillo-Haus. Wir haben ja alle das gleiche Anliegen!

Der innere Weg
Herr Sch. was bezeichnen Sie als „inneren Weg“?

Antwort
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Der Ablauf eines Pilgertages hat seine Regeln: Die Meditation am Morgen, Zeiten der Stille, die Feier des Gottesdienstes an bestimmten, markanten Orten, nicht zuletzt die Gemeinschaft im Bus. Vor allem sie bereitet den „inneren Pilgerweg des Vertrauens“ (nach Roger Schutz). Dieser Prozess ist manchmal so mühsam wie ein Fußmarsch durch Regen und schwieriges Gelände.
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Herr D. wie sehen Sie den „inneren Weg“ bei den Fußwallfahrten?

Antwort
Spezielle Tagesthemen ergeben sich aus der Natur, der uns umgebenden Schöpfung oder dem von Menschen Geschaffenen.
Hören, Lauschen, Riechen, Sehen, Schauen führen zu bewusstem Gehen. Ich finde dabei meinen eigenen Lebensrhythmus, entdecke auch wieder die Zeit. Der Weg wird zu einem Stück Leben, das ich in menschlicher Gemeinschaft mit dem Einen erlebe, der das Leben ist.
Besonderheiten auf den einzelnen Wegstrecken (markante Bäume, besondere Ausblicke, Kapellen und Kirchen) sollen in ihrem Wesen erkannt und in die einzelnen Lebenswege integriert werden.
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Der reale Buspilgerweg
Nun ist ja für jede Leserin/jeden Leser klar, dass eine Buspilgerreise anders abläuft als eine Fußwanderung. Aber dennoch die Frage Herr Sch. Wie planen Sie den äußeren Ablauf Ihrer Buspilgerreisen?

Antwort
Festgelegt werden muss zunächst der Termin der Pilgerreise, dann die Unterkünfte in Frankreich und Spanien, der Ausgangspunkt (bei uns in der Regel Oberdischingen bzw. Freiburg), die Gliederung der 14 Tagesetappen (Siehe dazu Rubrik Materialien Links/Literatur zu Pilgerreisen).
Jede Etappe hat ihre religiösen und kulturellen Höhepunkte. Kunsthistorische Führungen und der fast tägliche Gottesdienst in einer der schönen romanischen Kirchen an unserem Weg sind fester Bestandteil des Programms.
Picknicks unter freiem Himmel tragen zur fröhlichen Gemeinschaft, zu Begegnungen und zum Miteinander-Teilen bei. Wander- und Pilgerlieder begleiten uns durch die Tage.
In Santiago de Compostela bleiben wir drei volle Tage mit detailliertem Programm (Siehe Materialien)
Unsere Rückreise über die Nordküste vermittelt viele weitere neue Eindrücke (s. Materialien).

Der reale Fußpilgerweg
Herr D. worauf müssen Sie bei der Vorbereitung der Strecke achten?

Antwort
Mir ist immer bewusst - ich übernehme Verantwortung für andere Menschen. Das bedeutet neben der geistig-spirituellen die rein organisatorische Planung
Festgelegt werden müssen: Der Termin, die Dauer…, der Weg in seinen Teilstrecken (Verlauf, Länge, Schwierigkeiten), mögliche Gestaltungselemente (Pausen, Unterstellmöglichkeiten, Übernachtungsangebote).
Nach Klärung dieser Vorgaben erfolgt die Ausschreibung der Wallfahrt. (sehr wichtig ist darin die klare Formulierung der Erwartungen an die Teilnehmer).
Eine gewisse Kenntnis der menschlichen Psyche, Erfahrung in der Führung von Gruppen sowie eine gesunde persönliche Spiritualität sind Voraussetzungen für das Gelingen einer Fußwallfahrt.

Bleibende Eindrücke
Sicherlich haben Sie auf Ihren Pilgerreisen Erlebnisse, die sich einprägen. Können Sie unseren Leserinnen und Lesern von einigen erzählen?

Antwort
Buswallfahrt
Herr Sch.
Da lasse ich am besten einen Reiseteilnehmer stellvertretend für viele sprechen: „Wir haben eine beeindruckende Pilgerreise erlebt. Wir haben wunderschöne, erfüllte Tage mit Ihnen verbracht...Sie haben uns auf unserem gemeinsamen Pilgerweg geführt – von der Neugier zum Staunen, vom Wahrnehmen zum Erkennen…Wir konnten unsere innere Kammer füllen… Aus dem Reichtum des Erlebten und Erfahrenen können wir unseren Familien und Freunden viele Schätze mitbringen…“
In den Dankschreiben werden immer wieder die gute Organisation und das harmonische Zusammenspiel aller Komponenten betont.

Antwort
Fußwallfahrt
Herr D.
Bei den Wallfahrten, die ich mit meiner Frau und teilweise auch allein ging hat sich mein traditionelles Christsein zu einem entscheidenden Weg mit Christus gewandelt.
Nach meiner Pensionierung 2004 konnte ich endlich meinen großen Wunsch erfüllen: Die Fußwallfahrt der gesamten Strecke
Der Jakobsweg vermittelt jedem Pilger seine eigene Botschaft.

Einmal trafen wir einen Radpilger. Er schob das defekte Fahrrad neben sich her. Gemeinsam behoben wir den Schaden. Dabei erfuhren wir seine bewegende Lebensgeschichte, an deren Ende der Austritt aus der katholischen Kirche stand. Nach 7 km Fußwallfahrt bekannte der Radwallfahrer das Beten wieder gelernt zu haben. Sein Wunsch: Mit uns das „Vater Unser“ beten. Wir standen nebeneinander, die Hände auf die Schultern des anderen gelegt und beteten laut das „Vater Unser“.
Solch echte Begegnungen erleben wir immer wieder.

Ankunft Santiago

Worte auf den Weg
Sie stellen Ihre Pilgerreisen unter das Motto „Geistliche Pilgerreisen – Mit dem Herzen pilgern“. Was geben Sie unseren Lesern mit auf ihren Lebens-Pilgerweg?

Antworten
Herr Sch.
Ein Wort, das man sich seit Jahrhunderten auf dem Jakobsweg zur Ermutigung beim Weitergehen zuruft begleitet mich auf meinem Lebensweg:
 „Ultreia“ – Auf geht’s, vorwärts!“
Oder ein spanisches Wort, das übersetzt etwa heißt:
 Pilger, suche nicht den Weg, der Weg entsteht im Gehen
Herr D.:
Herr Schneller hat recht „Auf geht’s – Vorwärts“ ist ein Lebensmotto, das man nach der Bewältigung der Höhen und Tiefen des Jakobsweges bewusst in seinem Alltag lebt.
Ein Satz aus der Grundregel der Herberge in Logrono/Spanien hat für mich große Bedeutung: „Der Tourist fordert, der Pilger dankt!“

Abschluss
Diesen schönen Schlussworten braucht man eigentlich nichts hinzufügen!

Hinweis:
Zu diesem Interview finden Sie in der Rubrik Materialien dieser Ausgabe des Lerncafe Links/Literatur zu Pilgerreisen

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