Integration geht durch den Magen

Ein Interview mit Marianne Prebio (VHS Alsergrund/Wien) über ihre ehrenamtliche Tätigkeit bei dem Verein GRENZENLOS St. Andrä-Wördern

Du unterrichtest nun schon mehr als 20 Jahre lang an der Volkshochschule. Ich wusste gar nicht, dass du auch eine ehrenamtliche Tätigkeit ausübst.

Ja, das Unterrichten in Wien macht mir viel Spaß. Aber ich lebe eigentlich in Niederösterreich. Seit 2004 engagiere ich mich für die Anliegen des Vereins GRENZENLOS St.Andrä-Wördern, welcher sich um die Integration von neu zugezogenen Menschen kümmert. Ich bin Vorstandsmitglied des Vereins (www.grenzenloskochen.at) und in meiner Funktion als Grenzenlos Kochabend Verantwortliche betreue ich das Herzstück dieses multikulturellen Vereins.

Was genau können wir uns unter GRENZENLOS St.Andrä-Wördern vorstellen?

GRENZENLOS ist eine Plattform von Menschen, die Kontakte in der Gemeinde schließen wollen. Diese Plattform ist grenzenlos, weil sie sich über altersbedingte, soziale, ethnische und staatliche Grenzen hinweg ausbreitet. Nach der Produktion von zwei Kochbüchern, 2 Kalendern, einem Film und vielen neuen Projekten können wir sagen: Die Plattform GRENZENLOS funktioniert.

Was macht ihr eigentlich mit euren Einnahmen?

Die Antwort auf diese Frage ist für viele von uns schon vor der ersten Auflage des Buchs „Grenzenlos Kochen“ da gewesen: Wir organisieren einen Deutschkurs.

Seht interessant! Wie ist der Verein GRENZENLOS denn entstanden?

Am Beginn stand das Ergebnis der letzten Volkszählung. Es besagte, dass 59 verschiedene Nationalitäten in St. Andrä-Wördern lebten. Da entstand die Idee, Menschen beim Kochen und Essen zusammen zu bringen: Jung & Alt, Einheimische & Zugezogene. Bald wurde jeden Monat in der Alten Schule in Greifenstein gemeinsam gekocht. In- und ausländische MitbürgerInnen wurden eingeladen, ihre Lieblingsgerichte vorzustellen. Als sichtbares Ergebnis dieser Initiative entstand 2003 das erste Kochbuch. Was zunächst als Projekt von rein lokaler Bedeutung gedacht war, löste ein unerwartetes Medienecho aus. Es entstanden weitere Projekte wie GRENZENLOS Literatur, GRENZENLOS Spielen, GRENZENLOS Fußball, GRENZENLOS Singen, GRENZENLOS Deutschkurs, GRENZENLOS Integration sowie das GRENZENLOS Sommerfest. Mit einem Kochabend hat alles begonnen. In der Zwischenzeit ist GRENZENLOS St.Andrä-Wördern ein Vorzeigemodell für Integration in Österreich geworden.

Wie hast du zu GL gefunden?

Als frisch gebackene Alleinerzieherin nahm ich 2004 zum ersten mal an einem GRENZENLOS Kochabend teil. Ich fühlte mich sofort höchst willkommen & zu Hause. Meinen Söhnen, Lukas & Martin, machte es Spaß, beim Kinderkochen Pasta und Waffeln zu zaubern. Ich fabrizierte meine Lieblingsspeisen, um sie in der illustren Grenzenlosrunde mit meinen neu gewonnenen FreundInnen zu verkosten. In netter Gesellschaft schmeckt es eben am besten. Bald taten sich die Holländerin Mieke Lipphart-Visscher & ich zusammen, um im Duett die Kochabende zu betreuen, denn die Grenzenlosaktivitäten wuchsen: Wir spielten miteinander Kalahar, schauten unserer Fußballmannschaft & der kurdischen Puppenbühne zu, holten uns Tipps im interkulturellen Garten, ließen unsere alten Stühle vom Sesselprojekt hübsch bemalen und feierten ausgelassen beim Sommerfest.

Inzwischen ist GRENZENLOS Teil meines Lebens geworden. Auf jeder Zugfahrt und bei jedem Einkauf treffe ich Menschen, die Teil unserer Gemeinschaft sind. Auch mein Arbeitsbereich hat sich vermehrt nach St. Andrä-Wördern verlagert. Einerseits befindet sich ein Teil meiner Shiatsupraxis im Ort. Andererseits unterrichte ich an der hiesigen Volkshochschule.

Möchtest Du uns abschließend noch etwas zu GRENZENLOS sagen?

Ja, gerne. Ich habe viel Zeit im Ausland – hauptsächlich im asiatischen Kulturkreis – verbracht. Die herzliche Gastfreundschaft, die ich auf all meinen Asienreisen erfahren habe, finde ich bei GRENZENLOS wieder.

Manchmal liegt das Shangri-La ganz nah

 

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