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Küchenhelfer im Gewürzregal
                                         von Lore Wagener
„Es wird mit Recht ein guter Braten gerechnet zu den guten Taten,
und dass man ihn gehörig mache, ist weibliche Charaktersache.“
Das meinte einst Wilhelm Busch. Aber ob es auf den Charakter der Köchin ankam, ist fraglich, - wohl doch eher auf deren Würzkunst!


Küchenhelfer einst und jetzt

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Herd der Witwe Bolte

Der berühmte Humorist hat mit seinem Gedicht vielleicht anerkennen wollen, dass das Kochen und Braten zu seiner Zeit sehr mühsam war, man denke nur an die fehlende technische Ausstattung. Kochzutaten, die heute selbstverständlich sind, fehlten. Auch viele Gewürze waren noch selten und teuer. Heute, in unserem industrialisierten und globalisierten Zeitalter, gibt es dagegen perfekte Küchen, und die Regale in Feinkostläden und Supermärkten bieten eine solche Vielfalt, dass man kaum durchblickt. In den Gewürzregalen kann man unter Produkten wählen, die sich Gewürz, Gewürzmischung, Gewürzaromamischung, Gewürzzubereitung oder einfach Würze nennen. Kochbücher und Fernsehköche propagieren immer neue Geschmackserlebnisse, und die Werbung für alle möglichen vorgefertigten Produkte verspricht den Hausfrauen und -männern eine erfreuliche Arbeitserleichterung. Heute ist es also eher ein Problem, die richtige Auswahl zu treffen.

Das Deutsche Lebensmittelbuch
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Will man einen Überblick über die Vielfalt bekommen, so kann man zu einer amtlichen Lektüre greifen: Das „Deutsche Lebensmittelbuch“ ist zwar keineswegs spannend, dafür bietet es Leitsätze zu allen möglichen Lebensmitteln. Es wird seit 1958 vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) geführt und enthält eine Sammlung so genannter Leitsätze, „in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln beschrieben werden“. Es ist zwar kein Gesetz, wird aber bei juristischen Streitfragen sinngemäß herangezogen. Eine paritätisch besetzte „Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission“ mit zwölf Fachausschüssen legt die Leitsätze fest und revidiert sie unter wissenschaftlichen Aspekten. Den Vorsitz des Gremiums hat derzeit ein Mitglied der Stiftung Warentest.
 
Gewürze und andere würzende Zutaten
Nach dem Lebensmittelbuch sind Gewürze Zutaten, die wegen ihres natürlichen Gehaltes an Geschmacksstoffen den Speisen zugesetzt werden. Sie bestehen jeweils aus bestimmten Teilen von Gewürzpflanzen. Diese Definition schließt auch die Kräuter ein sowie Pilze, die nur wegen ihrer geschmacklichen Stoffe verwendet werden. Die Pflanzen oder Pflanzenteile können frisch, getrocknet oder in verschiedenen Bearbeitungsformen angeboten werden. Will man Gewürze und Kräuter unterscheiden, braucht man sich nur zu merken, dass man von Gewürzen kleine Prisen nimmt, während Kräuter meist frisch, aber auch getrocknet, in größeren Mengen verwendet werden.
Unter dem Oberbegriff „würzende Zutaten“ ordnet man alle anderen Stoffe ein, „die der Geschmacksverbesserung von Speisen dienen oder deren Bekömmlichkeit verbessern“.

Würzende Pflanzenteile
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Es ist erstaunlich, wo die Natur überall Gewürzstoffe ausbildet. Unsere deutsche Küche verwendet zum Beispiel:
Blätter von Lorbeergewächsen oder von Küchenkräutern;
Blüten oder Blütenteile, wie Safran, Kapern oder Gewürznelken,
Früchte oder Samen, wie Senfkörner, Pfeffer, Vanille, Kümmel oder Paprika,
Rinde, wie bei Zimt, der aus gemahlener Rinde von einigen Lorbeergewächsen besteht,
Rhizome; - das sind unter oder über der Bodenoberfläche auslaufende Sprossachsen von Sträuchern - wie beim Ingwer,
Wurzeln, wie die Petersilienwurzel,
Zwiebeln, wie Schalotten oder Knoblauch.
Von einigen Pflanzen sind auch mehrere Bestandteile würzend, zum Beispiel Muskatnuss und Muskatblüte.

Gewürzmischungen
Neben den Einzelgewürzen werden fertige Gewürz- oder Kräutermischungen angeboten, die zu 100 Prozent aus Gewürzen oder Kräutern bestehen. Das Wort „Mischung“ steht aber nicht unbedingt auf den Etiketten.
Eine beliebte Kräutermischung sind die „Kräuter der Provence“ aus der französischen Küche.
Viel verwendet wird Curry, eine Gewürzmischung aus der indischen Küche, die 12 bis 15 verschiedene Gewürze enthält, unter anderem Kurkuma, Ingwer, Pfeffer und Muskatblüte.
Über Backgewürze freut man sich zur Weihnachtszeit, denn es gibt verschiedene Mischungen für die Lebkuchen- und Honigkuchenbäckerei. Sie bestehen meist aus 6 bis 12 Einzelgewürzen und enthalten unter anderem Anis, Ingwer, Kardamom, Muskatnuss, Nelken und Zimt.
Es gibt zudem küchenfertige Gewürzmischungen für bestimmte Gerichte, zum Beispiel für fast alle Bratensorten. Salzen muss man bei diesen Mischungen noch extra.

Gewürzsalze und Gewürzzubereitungen
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Würzen

Gewürzsalze sind küchenfertige Mischungen von Speisesalz mit einem Gewürz oder einer Gewürzmischung. Nachsalzen muss man dann nicht mehr. Der Anteil an natürlichen Gewürzen beträgt hier bis zu etwa 15 Prozent. Beliebt sind zum Beispiel Knoblauch- oder Bärlauchsalz. Es gibt aber auch Salzmischungen mit Gewürzzubereitungen oder mit Würzen.
Bei den Gewürzzubereitungen und Gewürzpräparaten fängt dann so allmählich der Anteil von Stoffen aus der Retorte an.
Das Deutsche Lebensmittelbuch beschreibt sie als „Mischungen von Gewürzen mit anderen geschmackgebenden und/oder geschmackbeeinflussenden Zutaten, auch mit technologisch notwendigen Stoffen. Sie enthalten mindestens 60 Prozent Gewürze. Zusätzlich werden Gewürzaromen verwendet“. Solche Zubereitungen werden für alle möglichen Speisen angeboten, zum Beispiel für Brathähnchen. Heißen sie „Gewürzpräparate“, sind sie für Weiterverarbeiter bestimmt, also etwa für Wurstfabriken.

Aromazubereitungen und Aromastoffe
Bei Gewürzaromazubereitungen oder -salzen sind die natürlichen Gewürze teilweise oder ganz durch Aromastoffe ersetzt. Im Lebensmittelbuch heißt es etwas ungenau: „sie sind mit anderen Geschmackszutaten, auch mit anderen technologisch notwendigen Stoffen oder Aromen gemischt“. Sind Gewürzextrakte zugesetzt, benennt man diese mit dem schönen Wort „Gewürzextraktaromazubereitung“.
Für die Aromastoffe selbst stehen keine Leitsätze im Lebensmittelbuch. Sie gelten als Lebensmittelzusatzstoffe. 2763 Produkte sind im „Elektronischen Aromastoffregister der Europäischen Kommission“ verzeichnet. Man unterscheidet natürliche, naturidentische oder künstliche Aromen. Natürlich darf man sie nennen, wenn sie aus der Natur gewonnen wurden. Naturidentische Aromen sind keineswegs Natur. Ihre chemischen Bausteine müssen aber mit dem natürlichen Ausgangsstoff übereinstimmen. Die chemische Beschaffenheit künstlicher Aromen muss nicht identisch mit natürlichen Aromen sein.

Würzen, Würzmischungen, Würzsoßen
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Der Grundstoff für Würzen und ihre Spezialitäten wird über den chemischen Prozess der Hydrolyse aus eiweißreichen Pflanzen, wie Raps- und Sojaschrot oder Weizenkleber, gewonnen. Würzen sollen den Geschmack oder Geruch von Suppen oder Fleischbrühen beeinflussen. Im Handel heißen sie Speisewürze, Suppenwürze oder Sojasoße. Mit Salz ergänzt sind die Würzen Grundlage für Flüssigwürze, wie Maggi, oder für Brühwürfel und gekörnte Brühe. Bei Würzmischungen kommen Geschmacksverstärker, Speisesalz, verkehrsübliche Zuckerarten oder andere Trägerstoffe zum Einsatz. Sie können auch Hefe, Gemüse, Pilze, Gewürze, Kräuter sowie Extrakte davon enthalten. Sie werden als Streuwürzen angeboten.

Würzsoßen oder -pasten sind stark würzend und bestehen auch aus den oben genannten Grundzutaten. Im Lebensmittelbuch werden zum Beispiel die Sorten Ketchup-, Cumberland-, Worcester- oder Barbecuesoße, aber auch Chutney oder Relish genannt. Welche Zutaten sie enthalten, steht auf den Etiketten.

Geschmacksverstärker
Als Geschmacksverstärker bezeichnet man Lebensmittelzusatzstoffe, die den Eigengeschmack von Speisen verstärken. Sie sind in der Liste der „in der Europäischen Union zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe“ unter den sechshunderter Nummern zu finden. Unter E 621 steht zum Beispiel das
Natriumglutamat. Es wirkt bereits in geringen Mengen und wird oft bei der Herstellung der Fertigwürzmittel eingesetzt. Japanische Wissenschaftler haben Natriumglutamat in die Geschmacksrichtung „Umami“ (japanisch für „Wohlgeschmack“) eingestuft, die sie schon als fünfte Richtung zu den bekannten vier Geschmacksrichtungen (süß, sauer, salzig, bitter) hinzurechnen. Die regelmäßige Verwendung von Natriumglutamat ist aber in der Medizin umstritten.

Es ist also nicht alles gut für uns, was da im Gewürzregal steht. Ein sizilianisches Sprichwort sagt „Der Käufer braucht 100 Augen, der Verkäufer nur eins.“
(Cui accatta havi bisogna centu occhi, e cui vinni unu sulu.)


Links
Deutsches Lebensmittelbuch
Leitsätze für Gewürze und andere würzende Zutaten
Aromastoffregister der EU
Gewürze in der Lebensmittelindustrie
ABC der Gewürze
 
 
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