Im Radiostudio

Agathe Wende

Agathe WendeWas ist für mich Heimat? Einerseits meine nächste Umgebung, andererseits der Ort, an dem ich gelegentlich arbeite. Besonders, wenn ich die die wenigen Schritte zum Büchsenstadel gehe. Ich stehe dann vor einem der ältesten Häuser von Ulm. Im obersten Stockwerk befindet sich die Radiostation Free FM. Das Haus kann dem Radio vieles bieten. Parkplätze in unmittelbarer Nähe und eine weitläufige Wohnung, in der abends Musik gemacht werden kann, denn in den darunterliegenden Stockwerken sind Jugendeinrichtungen. Hinter der Eingangstür befinden sich mehrere Zimmer mit Aktenordnern, Telefonen, Schreibtischen und Computern. Die Einrichtung ist, abgesehen von Regalen voller CDs, bescheiden.

Bei Free FM, dem vom Land Baden-Württemberg und dem Mitgliedern finanzierten Bürgersender, gibt es keine Reklame. Hier tritt das Profitmotiv hinter dem idealistischen zurück, was sich auch im Aussehen der Mitarbeiter ausdrückt. Viele von ihnen suchen ihren eigenen Stil in Kleidung und Frisur. Wer hier arbeitet, verdient wenig oder arbeitet ehrenamtlich ,doch wollen die wenigsten ihre Arbeit mit einer anderen vertauschen. Im Radio reden zu können ist jede Anstrengung Wert. Das Experiment Radio Free Fm hat Fortschritte gemacht. Es wird jetzt 24 Stunden lang Programm ausgestrahlt. Im mit schwarzem Styropor gepolsterten Studio darf weder geraucht, gegessen oder getrunken werden. Wir senden live, d.h. es wird gesendet, während wir sprechen. Vor uns das hohe Sendepult mit dem Mikrofon, hinter dem der Techniker sitzt. Telefone stehen vor uns, denn es kann während der Sendung angerufen werden.

Mit einer Kollegin zusammen mache ich seit 10 Jahren eine Frauensendung. Mit Vorliebe machen wir Interviews, die uns mit immer neuen Frauen zusammen bringen. Wir interviewen allerdings selten Berüluntheiten und haben unterschiedlichen Erfolg bei unserer Arbeit. Das hängt vor allem von den Gesprächspartnerinnen ab. Bei manchen kommen die Sätze so flüssig wie Zahnpasta aus der Tube, andere äußern sich nur, wenn man ihnen jedes Wort aus der Nase zieht. Das Gute ist, wir lernen immer wieder etwas Neues dazu oder hören etwas, von dem wir vergessen haben, dass wir es jeweils wußten.

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