Ach du lieber Euro! … Eine kleine europäische Geschichte

Wie schön, dass man fast durch ganz Europa reisen, wandern, radeln, fliegen oder laufen kann und überall mit dem gleichen Geld bezahlt. Zwar haben die Münzen unterschiedliche Rückseiten, aber die Vorderseite hat in allen EU-Ländern den gleichen Wert… ob in Paris oder Wien, ob in Madrid oder Amsterdam.

 

Als wir den Euro noch nicht hatten und auch die D-Mark noch nicht, da hatten wir die Mark der DDR. Und das ist erst 10 bzw. 20 Jahre her, eigentlich eine kurze Zeit in unserem Leben…

Von Europa, so wie wir es uns heute erbauen, haben wir vielleicht geträumt, aber es nicht so richtig geglaubt, dass es einmal so werden könnte. Man glaubte es wirklich nicht auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges! Es gab als zaghafte Anfänge diesseits den RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe mit Sitz in Warschau), in dem alle sozialistischen Länder Mitglied waren, und jenseits die EG (Europäische Gemeinschaft) und später die EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft mit Sitz in Brüssel).

Gereist sind die Menschen schon immer. Schon immer gern. Je weiter sich die Zivilisation entwickelt, umso komfortabler wurde das Reisen. Ramses nahm die Nilbarke, Alexander der Große sattelte das Pferd, Goethe benutzte die Postkutsche, jetzt fliegt man oder reist im klimatisierten Bus.  Wie es noch in den 60-er und 70-er Jahren für viele Menschen in den osteuropäischen Ländern war, davon will ich Kunde tun:

 

Seit 52 Jahren bin ich mit einem Bulgaren verheiratet. Wir haben uns in einem internationalen Studentencamp kennen gelernt. Mein Mann kam in die DDR, studierte hier und hat auch hier Wurzeln geschlagen. Seine Währung war der Lew, meine die Mark der DDR. Die Kaufkraft meiner Währung war etwas höher, das Angebot in den Geschäften auch. Das Angebot in den Geschäften seiner Heimat war für mich viel exotischer und eben ganz anders. Hätte man vor 50 Jahren schon Taschenrechner gehabt, hätte man die Preise immer dem Kurs nach umrechnen müssen. So war aber Kopfrechnen gefragt…

Wir wurden eine Familie, fuhren mit dem PKW zu den Eltern nach Sofia durch die Tschechoslowakei, Ungarn und Rumänien. Zuerst mit dem Trabant, dann mit dem Skoda, dann mit dem Lada und später mit einem Golf. Und für jedes Land brauchten wir die Währung des Landes. Wir mussten tanken, übernachten, Essen kaufen. Hier hatten wir das Geld bei der Staatsbank der DDR einzutauschen. Und es war reglementiert, wie viel man durfte… Am geringsten war der Umtauschsatz für Ungarn.

Es kam dann so, dass wir für jedes Land eine eigene, gesonderte Geldbörse hatten. Haben wir ein Land passiert, wurden die Börsen gewechselt. Oft waren wir versucht, das Restgeld im entsprechenden Land zu lassen und wir kauften Dinge, die eigentlich niemand brauchte. Manchmal aber reichte das eingetauschte Geld nicht, wollte man besondere Schallplatten z.B, in der CSSR kaufen (die Beatels, Ella Fitzgerald…die auf den Covernals Fitzgeraldova ausgeschrieben war) oder besondere Medikamente in Ungarn. Man kam sich ziemlich dusselich vor, wenn man in der Apotheke die Münzen vorzählte oder auf dem Tisch ausschüttete …

Und wenn wir dann zu Hause gelandet waren, wurde Kassensturz gemacht. Großes und kleines Geld kam in Börsen und/oder Tütchen und alles zusammen kam in einen Schuhkarton. Und der wurde als gewisser Schatz in einer Kammer ganz oben aufbewahrt… Und aufbewahrt…

 

Es ergab sich, dass wir lange nach der Währungsunion die Wohnung wechselten. Und da fanden wir den einen und den anderen Schuhkarton… Wäre man Numismatiker, könnte man eine Zeitreise machen. Geblieben sind die Erinnerungen an eine Zeit, wo wir der Landessprache unkundig sind, Benzin für den Zweitakter tankten und heute immer noch nicht wissen, ob wir über den Tisch gezogen wurden, oder vielleicht nicht.

Und ob wir mit dem Euro auf der anderen Seite des Tisches landeten, auch das wissen wir nicht so richtig. Schnell machte der Slogan die Runde „Euro = Teuro“. In unserem Land wurde der Euro 1 : 2 eingeführt. Ein Euro für 2 Mark. Das gesamte Ersparte wurde halbiert. Aber viele Preise sind eigentlich 1 : 1 geblieben.

Andererseits ist es gut, dass es den Euro gibt. Vieles ist einfacher geworden. Nur, dass unsere Verwandten in Bulgarien eine Rente, umgerechnet in Euro bekommen, die ein Hungergeld sind, das finde ich nicht gut.

 

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