Ein Amt der Ehre oder – Ehre, ein Amt zu haben?

Margrit Pawloff, Berlin

 

Gemeinhin versteht man unter Ehrenamt eine Tätigkeit, die jemand ohne Bezahlung für andere macht. Eine Arbeit, mit der man anderen Menschen oder Gruppen von Menschen behilflich ist, seine Erfahrungen und Kenntnisse anderen zur Verfügung stellt, ohne dafür eine Vergütung zu erhalten…

Möglicherweise hat diese Art der Tätigkeit religiöse Ursprünge, wirkten doch die verschiedenen Mönchsorden in diese Richtung. Johanniter, Benediktiner u.a.

Ich war und bin in meinem Leben umfangreich ehrenamtlich tätig. Als junge Leute fuhren wir aufs Land, um den Bauern beim Rübenstechen oder Kartoffelroden zu helfen, als junge Mutter war ich außerhalb meiner Berufstätigkeit für meine beiden Kinder in der Schule tätig, wirkte im Elternaktiv, begleitete die Kinder ins Theater oder zu Ausflügen oder organisierte Bildungsveranstaltungen. Als ich etwas älter wurde, war ich über Jahre als ehrenamtlicher Schöffe am Gericht tätig.

Jetzt bin ich nicht mehr berufstätig und habe ein Feld ehrenamtlicher/freiwilliger Arbeit gefunden, das mich interessiert, mir Spaß macht und wo ich nützlich sein kann. Ich bin seit Jahren Vorsitzende eines Vereins, der seit 15 Jahren eine Literaturzeitschrift herausgibt. Ich habe eine tiefe Befriedigung darin, anderen Menschen eine Stimme zu geben, ihre Lebenserinnerungen zu erfahren und zu veröffentlichen. Autoren und Abonnenten sind dankbare Leser und Diskutanten zum Zeitgeschehen. Das Redaktionskollegium arbeitet seit Jahren kreativ zusammen und alle schreiben selbst gute Beiträge und sie haben Freude am Schreiben. Das aber ist es aber nicht allein. Jede in unserem Team wendet für diese Arbeit viel Zeit auf, bei manchen kommt es fast einer Vollbeschäftigung nahe. Seit Jahren treffen wir uns regelmäßig zweimal im Monat, tauschen uns auch übers Internet aus, lesen jeden uns zugeschickten Beitrag, und entscheiden gemeinsam welchen wir und warum veröffentlichen wollen. Dazu sind wir alle in einer Schreibwerkstatt involviert, wo wir unter kundiger Anleitung immer besser schreiben und urteilen lernen. So ist im Laufe der Jahre ein Gremium entstanden, das freundschaftlich verbunden ist, die Arbeitsergebnisse auf der Berliner Seniorenwoche vorstellt, Lesungen in Altenheimen organisiert und immer wieder andere animiert, selbst zu schreiben, denn was nicht aufgeschrieben ist, das ist schon vergessen. Zu meinem Kreis gehören Ärztinnen, MTA, Behördenangestellte, Historiker, Lehrerin und Hochschullehrer.

 

Wir sammelten Erinnerungen an die verfluchten Kriege, Erlebnisse in den beiden deutschen Staaten, dann Erlebnisse aus der Wendezeit, später Arbeiten zum Thema Mütter, die Bedeutung von Sport und darüber, welche Rolle z.B. Briefe in unserem Leben spielten. Wir haben einen Fundus an Zeitgeschichte zusammen getragen und veröffentlicht und meinen, damit selbst einen Beitrag zur Geschichtsschreibung zu leisten. Und einen weiteren Aspekt pflegen wir besonders: Wer sich geistig betätigt, altert langsamer. Wir selbst und unsere Autoren und Leser sind älteren Semesters. Das Fazit des gelebten Lebens zu bewahren ist unser Anliegen. Mit der Öffnung nach Europa kommt ein weiterer Gesichtspunkt hinzu. Wir suchen und finden Kontakte zu anderen europäischen Vereinen und Einrichtungen, um unsere Arbeit einem größeren Kreis vorzustellen und europaweite Anregungen in unsere Arbeit zu übernehmen. Und so begrüßen wir es auch sehr, dass die EU-Kommission das Jahr 2011 als Jahr des Ehrenamtes erklärt hat und es ein Projekt gibt, in dem man über sein Ehrenamt erzählen kann. Wir reihen uns mit Freude ein in die Reihen der ehrenamtlich Tätigen, ohne die die Gesellschaften unserer Länder wirklich ärmer wären. Und gern werden wir darüber erzählen.

 

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