Karin Bolenius: Ich bin der Libero

 

Based on an interview conducted by Christa Grawert-Wagner, ViLE e.V., Germany

 

„Ohne die freiwilligen Helfer geht gar nichts mehr.“ Das sagte eine Besucherin am 23. Oktober 2010. Es war der Eröffnungstag des neuen Gebäudes des  Rautenstrauch-Jost-Museums (RJM) am Neumarkt, im Zentrum der Stadt Köln. Bis zu neun Freiwillige, meist Frauen, waren an dem Eröffnungswochenende im Vier-Stunden-Takt  eingeteilt. Das Interese der Menschen am RJM, dem früheren Völkerkundemuseum, übertraf alle Erwartungen der Museumsplaner: Rund 10.000 Besucher waren gkommen. Das neue Museumskonzept heißt: Im Mittelpunkt steht der interkulturelle Dialog.

„Ohne die freiwilligen Helfer geht gar nichts mehr.“ Seit der Eröffnung sind die freiwilligen Helferinnen und Helfer im ständigen Einsatz als Museumsführer, als Verkaufskraft im Museumsshop und vor allem am Infostand. Dort ist die zentrale Anlaufstelle bei Fragen der Besucher zu Inhalten, speziellen Ausstellungsgegenständen und -themen, aber auch zu Audiogiude,  Museumsangeboten für Kinder oder, wenn es schlicht um Fragen nach Garderobe oder Toilette geht. Eine Besonderheit des Standortest am Kölner Neumarkt: Für das auch räumlich eng verbundene Schnütgen-Museum liegt ebenfalls Info-Material aus. Und auch Fragen zu den mittelalterlichen Angeboten, speziell zu Kölner Kunstwerken dieses Museums müssen beantwortet werden.

Museum des interkultureller Dialogs

Dies sind Anforderungen, wie sie in der Planungsphase  nicht in diesem Umfang vorhersehbar waren. Sicher, sind Infostände, Shops oder Führungen in anderen Museen ähnlich, doch alles muss auf die spezifischen Eigenheiten der Museen eingerichtet sein. Mitarbeiter, selbstverständlich auch die freien Unbezahlten, müssen das Museumskonzept  kennen und auch davon überzeugt sein. Sie müssen überzeugt sein von der  ambitionierten Ausrichtung des  RJM: Das Kennenlernen der Anderen.

Ohne Karin Bolenius hätte der Service am zentralen Infostand kaum so perfekt organisiert werden können. Zusammen mit Oliver Lueb, gleichzeitig tätig für den  Förderverein des Museums und Mitlgied der Geschäftsführung, sowie mit anderen kundigen Helfern aus der Kölner Museumswelt hatte sie sich der Aufgabe gestellt. Sie plant, organisiert und koordiniert den Freiwilligendienst für den RJM-Infostand. Keine leichte Aufgabe, denn, wie sie sagt, „manche können nicht miteinander auskommen“. Wenige Monate seit der Eröffnung, so bedauert sie, seien einige Helferinnen und Helfer bereits ausgeschieden.

 

Vertraut mit Kölner Museen

Einen großen  Pluspunkt brachte die 73-Jährige für diese selbst gewählte und frewillige Aufgabe mit. Von 1972 an bis zu ihrer Pensionierung 2002 war sie für die Öffentlichkeitsarbeit der Kölner Museen zuständig. Bolenius kennt also die Kölner Verhältnisse – immens wichtig in einer Stadt wie Köln. Während ihrer beruflichen Zeit habe sie immer schon eine persönliche Verbindung mit dem RJM gepflegt, wie sie erzählt. Schon seinerzeit, in den überaus engen Räumen des Museums am Kölner Ubierring, hatte sie angefangen, ehrenamtlich Tätige in die Museumsbelange einzubeziehen. So war es ihr zum Beispiel gelungen, dort die „knappen Öffnungszeiten“ mittels zwei neuer  Aufsichtsdiensten sonntags bis 18 Uhr auszuweiten.

„Zur Vorbereitung auf das neue RJM wurden erst einmal alle Mitglieder des Fördervereins unseres Museums angeschrieben“, erzählt sie. Außerdem wurde die Suche nach Ehrenamtlichen bei der Freiwilligen Agentur in Köln angemeldet. Ein Hit war aber ein Aufruf in der Tageszeitung Kölner Stadt-Anzeiger. Zum ersten Treffen im Jahr 2009 kamen etwa 130 interessierte Bürger. Obwohl sich die Eröffnung aus technischen und rechtlichen Gründen bis zum Herbst 2010 verzögerte, bliebe doch das Großteil der potentiellen Museumsmitarbieter dem RJM-Gedanken treu.

Damals fing die Arbeit für Karin Bolenius erst richtig an – unter Mithilfe von „gestandenen“ Organisatoren musealer Freiwilligenarbeit. Sie musste Info-Material nicht nur zum Museum zusammenstellen – auch Fahrpläne über Busse und Bahnen gehören in den Fragenkatalog, mit denen die Mitarbeiter des Infostandes täglich konfrontiert werden, oder auch, was sonst noch in der Stadt so los ist. Knifflig war die Aufstellung der Einsatzpläne für den Infostand. Wer möchte oder kann nur vormittags, wer ist bereit am Wochenende seine Zeit einzusetzten? Wünschenswert ist der Einsatz der Feiwillligen von zweimal je vier Stunden im Monat. Damit sei Kontinuität und sachkundige Beratung geährleistet. Sie selbst, sagt sie, habe nicht so viele festgeschriebene Einsätze am Infostand. Sie sei alleinstehend und sei deshalb frei für ihre Organisationsarbeit und ihren Einsatz.  Sie springt ein bei Krankheit, unvorhergesehenen Aus- und Notfällen: „Ich bin der Libero.“

Sorge um Neubesetzungen für den Infostand hat Bolenius nicht. „Das spricht sich rum“, sagt sie zu ihrer Aufgabe, bei Bedarfsfall  neue Freiwillige zu rekrutieren. Auch enttäuscht ist  die 73-Jährige nach neun Jahren ihrer Rentner-Beschäftigung nicht. „Alle sind dankbar, dass man so etwas macht.“

 

Christa Grawert-Wagner

8. Mai 2011

 

 

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