Mit dem Rad nach Jerusalem und zurück. Eine Friedensfahrt.

Interview mit Heinz Kubicka. Fragen von Magdalena Braumüller.           

Magdalena: Heinz, neben diversen ehrenamtlichen Tätigkeiten in deiner Pfarrgemeinde hast du vor zwei Jahren eine ziemlich spektakuläre große Aktion gemacht. 

Heinz: Durch einen Schulfreund bin ich zu einer Friedensaktivistengruppe gekommen. Unsere Idee war, eine Friedensradfahrt nach Jerusalem mit christlichen, jüdischen und muslimischen Teilnehmern zu veranstalten. Nach langen und sorgfältigen Vorbereitungen machte sich schließlich eine Gruppe von 17 Männern und 3 Frauen im Alter zwischen 48 und 70 Jahren im April 2010 auf den Weg.

Magdalena: Wie ist die Fahrt verlaufen?

Heinz: Wir waren 37 Tage einschließlich 5 Ruhetagen unterwegs. Dabei sind wir durch 9 Länder gefahren. Der Start war am Rathausplatz in Wien, dann führte die

Route über Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, die Türkei, Syrien, und Jordanien nach Israel. Unterwegs besuchten wir Pfarrgemeinden in Kroatien und Bulgarien, in Istanbul besuchten wir die Synagoge und hatten einen  Empfang beim ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I.; wir besuchten den katholischen Bischof in Iskenderun und den Großmufti in Damaskus.

Damit man uns als Gruppe und unsere Motivation erkennt, haben wir T-Shirts mit der Aufschrift FRIEDEN in acht Sprachen getragen.

Bis auf kleinere Zwischenfälle wie Reifenpannen, harmlose Stürze oder auch einmal in die Irre gefahren, verlief unsere Fahrt weitgehend problemlos. Wir haben alle Wettersituationen kennengelernt, starke Regenfälle, heftigen Wind, große Hitze. Durch Syrien wurden wir von einem TV-Team und von (vermutlich) Geheimdienstagenten begleitet. 

Magdalena: Was wolltet ihr erreichen? 

Heinz: Die Informationen über Palästina sind häufig einseitig, unvollständig und oft von Radikalismen geprägt. Wir haben ganz gezielt Termine mit Personen und Organisationen in Palästina und Israel gesucht und gefunden, wir wollten direkt vor Ort die Situation kennenlernen, wollten wissen, wie geholfen werden kann und wir wollten unser Wissen zu Hause weitertragen und verbreiten.

 Magdalena: Was für Personen und Organisationen habt ihr besucht? 

Wir haben ein Geburtshilfe- und Frühgeburten-Spital mit 85 Betten in Bethlehem besucht. Hier wird ohne Nachfrage nach Konfession oder Bezahlung behandelt (auch Israelis), allerdings gibt es keine chirurgische Abteilung, da ist man von israelischem Wohlwollen abhängig. Wir hatten ein langes Gespräch mit dem Spitalsdirektor und es wurde von der Radlergruppe beschlossen, dass eine Spendensammlung für dieses Spital organisiert werden soll.

Weiters hatten wir ein Gespräch mit  Jerry Milgrom von „Rabbis for Human Rights“ und mit zwei NGO Friedensorganisationen in Bethlehem.

Magdalena: Was hast du selbst beobachten können im Verhältnis Palästinenser/Israelis? 

Heinz: Es herrschen allergrößtes Misstrauen und höchste Wachsamkeit, Schikanen gehören zum Alltag. Genauso gibt es aber auch Menschen, die im Interesse des Friedens und der Versöhnung kooperieren.                                                               

 Magdalena: Wie habt ihr das Erlebte zu Hause dann bekanntgemacht und weitergegeben? Und woher kommen eure Spenden? 

Heinz: Wir haben einen Film produziert, der bei Vorträgen in Pfarren, Clubs, Vereinen, bei Bekannten und Verwandten gezeigt wird. Außerdem ist im Mai 2011 unser Reisebericht als Buch erschienen, das bei solchen und anderen Gelegenheiten zum Verkauf angeboten wird. Ich selbst habe ca. € 3.000 gesammelt, weiters gibt es ein Spendenkonto in Österreich.

Magdalena: Was war deine persönliche Motivation für diese Fahrt? 

Heinz: Es gibt Dinge, die muss man tun. Ich bin 72 Jahre und bei guter Gesundheit und es war mir wichtig, als Teil dieser Gruppe ein Friedenszeichen zu setzen. Am Anfang war mir nicht ganz klar, was erreicht werden kann, das wurde erst in Bethlehem klar.

Magdalena: Hat diese Fahrt etwas für dich persönlich verändert? Was ist dein persönlicher Gewinn? 

Heinz: Vor allem hat die Fahrt mir unmittelbare Kenntnis und Verständnis für die Situation der Palästinenser vermittelt sowie die Möglichkeit, diese Kenntnisse weiterzugeben. Ich bekomme viel positives Feedback. Die auf der ganzen Strecke erfahrene Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft durch die unterschiedlichsten Menschen und Organisationen haben mir die Bestätigung gegeben, das Richtige zu tun und sie motivieren mich weiterzumachen.

Magdalena: Planst du weitere ähnliche Aktionen?

Heinz: Wir planen eine 22-tägige Friedensfahrt nach Bosnien-Herzegowina im September 2011, der Erlös soll einem Projekt für Roma in Sarajewo zugute kommen.

Magdalena: Danke und viel Erfolg beim nächsten Projekt!

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